Way Out
Himbeerfondant von der Größe eines Golfballs, nahm einen kleinen Bissen davon und nickte anerkennend. Dann folgte sie Reacher durch die Küche, den kurzen gefliesten Flur entlang und durch die Hintertür auf die Gasse hinaus.
Die Rückfront des verlassenen Gebäudes hatte sich nicht im Geringsten verändert, seit Reacher zuletzt hier gewesen war. Die mattrote Tür, die schwarz korrodierte Klinke, das von Schmutz blinde Fenster im Erdgeschoss. Er drückte die Klinke herunter, versuchte die Tür zu öffnen und stellte fest, dass sie wie erwartet abgesperrt war. Er bückte sich und löste die Schnürsenkel seines linken Schuhs. Dann zog er ihn aus und benutzte ihn als fast zwei Pfund schweren Hammer. Verwendete ihn dazu, die Fensterscheibe in der unteren linken Ecke, ganz in der Nähe des Türschlosses, einzuschlagen.
Er schlug noch ein paar Splitter heraus, vergrößerte die Öffnung und zog den Schuh wieder an. Steckte einen Arm bis zur Schulter in das Loch in der Scheibe und tastete mit der Hand die Wand ab, bis er auf den Türrahmen und die Klinke stieß. Er entriegelte das Schloss und zog dann seinen Arm vorsichtig heraus.
»Okay«, sagte er.
Er stieß die Tür auf und trat zur Seite, um Pauling nicht den Blick zu verstellen.
»Genau wie du’s mir erzählt hast«, sagte Pauling. »Unbewohnbar. Keine Fußböden.«
»Traust du dich, die Leiter runterzusteigen?«
»Wieso ich?«
»Weil ich vielleicht aufgebe und für immer unten bleibe, wenn ich mich geirrt habe.«
Pauling streckte den Kopf zur Tür hinein und begutachtete die Leiter. Sie stand wie zuvor rechts neben der Tür, war steil angelehnt und stützte sich auf das schmale Wandstück zwischen Tür und Fenster.
»In Quantico haben wir Schlimmeres bewältigt«, meinte sie. »Aber das ist natürlich lange her.«
Reacher sagte: »Wenn du fällst, sind’s nur drei Meter.«
»Danke.« Sie drehte sich um und trat rückwärts an den Abgrund. Reacher nahm ihre rechte Hand, während sie sich nach links schob, den linken Fuß auf die Leiter stellte und sie mit der linken Hand umfasste. Sie stabilisierte sich, ließ Reachers Hand los und zögerte einen Augenblick, bevor sie in die Dunkelheit hinunterstieg. Die Leiter ruckte und klapperte ein wenig, dann hörte er den Müll rascheln, als sie unten ankam.
»Ganz schöner Dreck hier unten!«, rief sie.
»Sorry«, sagte er.
»Hier könnte es Ratten geben.«
»Schalt die Stablampe ein.«
»Vertreibt sie das?«
»Nein, aber du siehst sie.«
»Vielen Dank.«
Er beugte sich über die Grube und sah den Lichtstrahl ihrer Stablampe das Dunkel zerteilen. Sie fragte: »Wohin muss ich?«
»Zur Vorderfront des Gebäudes. Direkt unter die Haustür.«
Der Lichtstrahl fand seine Richtung und ruckelte dann vorwärts. Die einst weiß gestrichenen Kellerwände reflektierten noch etwas Licht. Reacher konnte überall eine ungefähr knietiefe Müllschicht erkennen: Papier, Kartons, Flaschen, Plastiktüten und undefinierbare andere Abfälle.
Pauling erreichte die vordere Kellerwand. Der Lichtstrahl stach nach oben, und sie ortete die Tür über sich. Sie bewegte sich etwas weiter nach links, bis sie direkt darunterstand.
»Sieh jetzt nach unten«, rief Reacher. »Was siehst du?«
Der Lichtstrahl schwenkte nach unten. Kurze Entfernung, große Helligkeit.
»Ich sehe Müll«, antwortete Pauling.
Reacher rief: »Sieh genauer hin. Sie können ein bisschen abgeprallt sein.«
»Was soll abgeprallt sein?«
»Grab ein bisschen, dann siehst du’s. Hoffentlich.«
Der Lichtstrahl beschrieb langsam einen zufälligen kleinen Kreis, dann einen etwas größeren. Dann hielt er an und bewegte sich nicht weiter.
»Okay«, rief Pauling. »Ich sehe, was du meinst! Aber woher zum Teufel hast du das gewusst?«
Reacher sagte nichts. Pauling blieb noch eine Sekunde so stehen, dann bückte sie sich. Richtete sich mit hochgereckten Armen auf. In ihrer rechten Hand hielt sie die kleine Stablampe. In der linken Hand hatte sie zwei Autoschlüssel, einen für einen Mercedes, einen für einen BMW.
50
Pauling watete durch den Müll zur Leiter zurück und warf die Schlüssel zu Reacher hinauf. Er fing sie einhändig, erst links, dann rechts. Beide an verchromten Schlüsselringen mit einem Lederanhänger, der das emaillierte Markenzeichen des Herstellers trug. Den dreizackigen Mercedesstern, den weiß-blauen BMW-Propeller. In beiden Fällen gehörte zu dem großen Zündschlüssel eine Fernbedienung. Er blies Staub und Schmutz von ihnen ab
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