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Waylander der Graue

Waylander der Graue

Titel: Waylander der Graue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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drehte sich im Wasser und betrachtete den weißen Marmorpalast. Er hatte ihn vor sechs Jahren nach einer müßigen Unterhaltung mit einem jungen Architekten in Auftrag gegeben, der leidenschaftlich über die überwältigenden und erfreulichen Probleme des Bauens sprach und von seinem Traum, etwas ganz Besonderes zu schaffen. »Warum sollten wir unbedingt flaches Gelände suchen?«, fragte der junge Mann. »Was ist daran so großartig? Große Gebäude sollten einen Betrachter die Luft anhalten lassen.«
    Nach drei Jahren Bauzeit war der Weiße Palast in der Tat ein Wunder, obwohl der junge Architekt seine Fertigstellung nicht mehr erlebte. Als Edelmann aus dem Hause Kilraith war er eines Nachts von Attentätern eines rivalisierenden Hauses erstochen worden. So war das Leben unter den Adligen von Kydor.
    Waylander schwamm zum Strand und stieg aus dem Wasser. Sein Haushofmeister Omri verließ seinen Stuhl unter dem Olivenbaum und kam ihm entgegen, ein langes Leinenhandtuch zusammengefaltet über dem Arm. »Hat das Schwimmen gut getan, Herr?«, fragte er und legte Waylander das Handtuch um die Schultern.
    »Es war erfrischend«, antwortete Waylander. »Und jetzt bin ich bereit für die dringenden Angelegenheiten des Tages.«
    »Die Dame bittet um eine Audienz mit dir, Herr«, sagte Omri, »wenn du Zeit hast.«
    Waylander betrachtete den alten Mann genauer. »Macht dir irgendetwas Sorgen, Omri?«
    »Wusstest du, dass sie eine Mystikerin ist?«
    »Nein, aber es überrascht mich nicht. Ich habe viele Priester mit dem Talent kennen gelernt.«
    »Ich finde es beunruhigend«, gestand Omri. »Ich habe fast das Gefühl, sie könne meine Gedanken lesen.«
    »Sind deine Gedanken denn so schrecklich?«, fragte Waylander lächelnd.
    »Gelegentlich, Herr«, gab Omri mit ausdrucksloser Miene zu. »Aber das ist nicht der Punkt. Es sind meine Gedanken.«
    »Allerdings. Was erfordert noch meine Aufmerksamkeit?«
    »Wir haben eine Nachricht von Graf Aric erhalten, dass er uns in zehn Tagen auf seinem Weg zum Winterpalast besuchen wird.«
    »Er braucht mehr Geld«, sagte Waylander.
    »Ich fürchte, ja, Herr.«
    Abgetrocknet ging Waylander in den Schatten des Olivenbaums und zog ein schwarzes Seidenhemd und weiche Lederhosen an. Er zog die Stiefel an, setzte sich und blickte wieder über die Bucht. »Hat die Dame gesagt, warum sie mich sehen möchte?«
    »Nein, Herr. Aber sie erzählte mir von deinem Kampf mit den Räubern.«
    Waylander hörte den leicht kritischen Ton aus der Stimme des alten Mannes heraus. »Es ist ein zu schöner Tag, um getadelt zu werden, Omri«, sagte er.
    »Ihr geht große Wagnisse ein, Herr. Weitgehend unnötige Risiken. Wir haben dreißig Wachen hier und ein Dutzend zäher Waldläufer. Man hätte sie hinter den Räubern herschicken können.«
    »Das stimmt. Aber ich war gerade in der Nähe.«
    »Und du langweiltest dich«, sagte der alte Mann. »Du reitest immer in die Wildnis, wenn du dich langweilst. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es dir keinen Spaß macht, reich zu sein. Ich muss sagen, das ist schwer zu verstehen.«
    »Langeweile ist schrecklich«, sagte Waylander. »Über die Jahre ist mir klar geworden, dass Reichtum und Müßiggang großartige Gefährten sind. Wenn man reich ist gibt es nichts, nach dem zu streben sich lohnt. Jedes Vergnügen, das ich wünsche, steht mir zur Verfügung.«
    »Offenbar nicht jedes, Herr. Sonst wärest du nicht gelangweilt.«
    Waylander lachte. »Das ist wahr. Aber genug der Seelenerforschung, mein Freund. Was gibt es noch Neues?«
    »Zwei Gefolgsmänner des Hauses Bakard wurden vor zwei Tagen in Carlis ermordet, angeblich durch vom Hause Kilraith gedungene Mörder. Die Stadt steht unter großer Anspannung. Der Kaufmann Vanis hat um eine Erhöhung seines Darlehens gebeten. Er behauptet, zwei Schiffe in einem Unwetter verloren zu haben und seine Schulden nicht abzahlen zu können. Außerdem …« Omri zog ein Stück Pergament aus der Tasche seines grauen Gewandes und warf einen Blick darauf. » … der Arzt Mendyr Syn hat angefragt, ob du bereit wärest, drei weitere Studenten für sechs Silberstücke im Monat anzustellen, die ihm helfen sollen. In der Krankenstation gibt es keine freien Betten mehr, und Mendyr arbeitet fünfzehn Stunden täglich, um die Kranken zu betreuen.« Omri faltete das Pergament zusammen und steckte es wieder in die Tasche. »Ach ja, und die … äh … Dame Lalitia hat dich in drei Tagen zu ihrer Geburtstagsfeier eingeladen.«
    Waylander saß im

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