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Waylander der Graue

Waylander der Graue

Titel: Waylander der Graue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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Schatten und beobachtete die Fischer, die in der Bucht ihre Netze auswarfen. »Kündige Vanis das Darlehen«, sagte er. »Das ist das dritte Mal innerhalb eines Jahres, dass er eine Entschuldigung für ausstehende Zahlungen anführt. Seine Schulden haben ihn nicht davon abgehalten, drei Rennpferde zu kaufen und sein Gut im Osten zu vergrößern. Erhöhe die Mittel für Mendyr Syn und sag ihm, er hätte schon viel früher um Hilfe bitten sollen. Und schick eine Nachricht an die Dame Lalitia, dass ich mich freue, an ihrer Feier teilzunehmen. Kauf einen Diamantanhänger bei Calicar und lasse ihn ihr an diesem Tage zustellen.«
    »Ja, Herr. Darf ich auf zwei Dinge aufmerksam machen? Erstens: Vanis hat viele Freunde im Hause Kilraith. Sein Darlehen zu kündigen wird ihn Bankrott machen und als Affront gegen das Haus Kilraith gedeutet werden.«
    »Wenn er so viele Freunde hat«, sagte Waylander, »dann sollen sie doch seine Schulden bezahlen. Und zweitens?«
    »Wenn mein Gedächtnis mich nicht täuscht, ist es nicht der dritte Geburtstag, den die Dame Lalitia in den letzten fünfzehn Monaten feiert?«
    Waylander lachte. »Ja, allerdings. Nimm einen kleinen Diamantanhänger.«
    »Jawohl, Herr. Übrigens, die Junge Frau, die du mitgebracht hast, ist Nordas Arbeitsgruppe zugeteilt worden. Möchtest du, dass sie besonders behandelt wird?«
    »Sei erst einmal eine Weile etwas nachsichtig mit ihr, sie hat viel durchgemacht. Sie ist ein kräftiges Mädchen, aber sie musste die Ermordung ihrer Familie mit ansehen, wurde brutal geschlagen und mit dem Tode bedroht. Es wäre bemerkenswert, wenn das keine Nachwirkungen haben sollte. Beobachte sie genau und gib ihr ein wenig Hilfestellung. Wenn sie sich nicht als gute Arbeitskraft erweist, entlasse sie.«
    »Sehr schön, Herr. Und welche Antwort soll ich der Kiatze-Dame schicken?«
    »Gar keine, Omri. Ich werde sie gleich aufsuchen.«
    »Jawohl, Herr. Wäre es unhöflich zu fragen, wie lange sie und ihre Gefolgsleute zu bleiben gedenken?«
    »Mich interessiert mehr, warum sie herkamen und wie«, sagte Waylander.
    »Wie, Herr?«
    »Eine Priesterin in einem Gewand aus bestickter Seide taucht mit drei Gefolgsleuten vor unserem Tor auf. Wo war die Kutsche? Wo waren die Pferde? Woher kamen sie? Sie haben nicht in Carlis übernachtet.«
    »Offensichtlich sind sie von woanders zu Fuß gekommen«, sagte Omri.
    »Und trotzdem hatten sie kaum Staub an den Kleidern und machten keineswegs einen müden Eindruck.«
    Omri schlug das Zeichen des Schützenden Horns. »Unabhängig davon, ob es höflich ist oder nicht, Herr, ich würde sehr gern wissen, wann sie wieder abreisen wollen.«
    »Ich glaube nicht, dass es einen Grund gibt, sie zu fürchten, Omri. Ich spüre nichts Böses in ihr.«
    »Gut zu hören, Herr. Aber manche können sich nicht aussuchen, was sie fürchten. Ich war immer schon ängstlich. Ich weiß auch nicht, warum.«
    Waylander legte dem alten Mann die Hand auf die Schulter. »Du bist eine sanfte Seele und ein guter Mann«, sagte er. »Du sorgst dich um Menschen und ihr Glück. Das ist selten.«
    Omri sah verlegen aus. »Ich wäre gern etwas … sagen wir … männlicher gewesen. Ich war eine furchtbare Enttäuschung für meinen Vater.«
    »Das sind die meisten von uns«, sagte Waylander. »Hätte mein Vater sehen können, was ich mit meinem Leben gemacht habe, er wäre vor Scham vergangen. Aber das gehört nicht hierher. Wir leben im Jetzt, Omri. Und jetzt bist du Haushofmeister, geschätzt und geachtet, sogar geliebt von denen, die unter dir dienen. Das sollte genügen.«
    »Vielleicht«, sagte Omri, »aber du wirst auch geliebt und geachtet von denen, die dir dienen. Genügt es dir?«
    Waylander lächelte reumütig, antwortete jedoch nicht. Er ging davon und stieg die Stufen zum Nordturm empor.
    Wenige Minuten später erreichte er das obere Ende der Wendeltreppe zum größten Bibliothekssaal. Ursprünglich war er als großer Empfangssaal entworfen worden, doch da seine Sammlung antiker Schriftrollen und Bücher weiter wuchs, brauchte er mehr Platz dafür. Jetzt gab es fünf kleinere Bibliotheken im Palast und das große Museum im Südturm. Er stieß die Tür auf, trat ein und verbeugte sich vor der schlanken Frau, die an dem langen ovalen Tisch saß, umgeben von ausgebreiteten Schriftrollen. Wieder einmal bewunderte er ihre Schönheit, das blasse Gold ihrer makellosen Haut und ihre schön geformten Züge. Selbst der rasierte Schädel unterstrich nur ihr außergewöhnlich gutes

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