Weasels: Donnereiche (Weasels 1) (German Edition)
Bitte!«
Das Dachsweibchen schnaubte durch die gummiartigen Nüstern und blies Sylber Staub ins Gesicht. Das war jedoch keine Ungezogenheit, sondern lediglich etwas, das Dachse andauernd machten. Dann wandte sie sich um und bat: »Folge mir!« Sie führte ihn durch ein verwirrendes Labyrinth von Gängen, das die Siedlung der Dachse bildete.
Schließlich kamen sie zu einer Kammer, die stark nach gebrauchtem Heu und Dachsfell roch. Im Inneren der Kammer lag eine große Gestalt, deren Brust sich im Schlaf langsam hob und senkte. Das Weibchen blieb einen Augenblick lang außen stehen und forderte dann Sylber mit einem Handzeichen auf einzutreten. »Du kannst ihn aufwecken«, sagte sie, »nachdem ich weg bin. Wenn er aufgeweckt wird, ist er wie ein Bär mit Zahnschmerzen. Es würde mich nicht überraschen, wenn er dich mit seinen Klauen flach zu Boden walzen würde. Aber es liegt an dir, nicht wahr? Ich persönlich würde lieber die Fliege machen und davonlaufen.«
»Danke«, murmelte Sylber. »Überaus liebenswürdig.«
Er betrat die Kammer und blieb neben dem Berg aus warmem Fell stehen, der sich hob und senkte. Ihm blieb keine andere Wahl, er musste den Dachs aufwecken. Das war nun gewiss etwas, worauf er sich nicht freute.
Sylber stupste die schlafende Gestalt sanft an. »Kalthas?«, sagte er.
Nichts. Keine Regung.
»Kalthas?«, sagte er etwas lauter und versetzte dem Fellklops einen Stoß mit den Vorderpfoten.
Immer noch nichts, nur das gleichmäßige schwere Atmen, unterbrochen von einem gelegentlichen Grunzen und Schnarchen.
»Kalthas!«, brüllte Sylber und trat mit dem Fuß gegen den Rumpf des Dachses.
Der Dachs regte sich immer noch nicht, doch seine Augen öffneten sich ruckartig. Sie waren rot geädert und sahen Furcht erregend aus. Sylber wich unter dem Blick dieser Augen langsam zurück. Dann hob sich der gewaltige Kopf ein wenig und der Dachs musterte das Wiesel, das es gewagt hatte, seinen hochgeschätzten Schlaf zu stören.
»Waaaas’n looos?«, brummte Kalthas. »Waaaas? Wie, wie? Waaaaaaas?«
»Tut mir Leid, wenn ich dich aufgeweckt habe«, sagte Sylber beschwichtigend, »aber es ist ziemlich wichtig.«
Der Dachs reckte sich und gähnte, wobei er Angst einflößende Zähne und Klauen entblößte.
Dann starrte er Sylber wieder an. »Was? Ein Wiesel hat mich aufgeweckt? Soll ich dich am Stück runterschlucken oder mir ein paar Bissen für später aufheben? He? Sag was!«
»Ähm – hör dir mal an, was ich zu sagen habe, dann bist du vielleicht sehr überrascht, welches Wohlbehagen ich dir bereiten kann.«
»Das bezweifle ich«, murrte der Dachs. »Das bezweifle ich ganz entschieden. Ich glaube, es wird darauf hinauslaufen, dass ich dich töte. Am liebsten möchte ich dich jetzt gleich töten. Ich glaube, dich zu töten wäre das Einzige, was mir Wohlbehagen bereiten könnte.«
»Erinnerst du dich an meinen Vater?«, beeilte sich Sylber zu fragen. »Blackie, das war mein Vater. Und ich bin sein Sohn, Sylber.«
»Das klingt irgendwie logisch – wenn er tatsächlich dein Vater ist, dann musst du sein Sohn sein. Also? Und wenn schon? Schnell, ich bin ungeduldig, ich will jemanden töten, und ich könnte mir denken, dass es dich treffen wird. Im Augenblick ist sonst niemand in der Nähe.«
»Nun, mein Vater hat mir immer gesagt, wenn ich jemals in Schwierigkeiten sein sollte und eben das im Gebiet von Kalthas dem Dachs, dann würde Kalthas mir helfen.«
Die Augen des Dachses verengten sich zu Schlitzen. »Ich möchte wissen, warum er das gesagt hat.«
»Ich hatte den Eindruck, dass er und du gute Freunde wart«, antwortete Sylber, der nun zum erstenmal in seinem Leben an den Worten seines Vaters zweifelte. »Er hat mir mal erzählt, er habe dir das Leben gerettet. Er hat gesagt, du seist im Grunde deines Herzens ein freundlicher Kerl, der lediglich um der Wirkung willen den Fürchterlichen spielt.«
»Das zeigt nur mal wieder, wie sich Wiesel täuschen können, nicht wahr?«, entgegnete der Dachs mürrisch. »Und wenn schon, falls er mir wirklich das Leben gerettet hat, was hat das zu bedeuten? Was schert mich ein Wiesel?« Es entstand eine Pause, während derer der Dachs Sylbers Aussehen abschätzte. Dann fragte er in beinahe freundlichem Ton: »Wie geht’s dem alten Narren eigentlich?«
»Mein Vater ist tot. Wir glauben jedenfalls, dass er tot ist. Prinz Punktum hat ihn einsperren und in sein Verlies werfen lassen. Seither hat niemand ihn je wieder gesehen.«
»Ich verstehe«,
Weitere Kostenlose Bücher