Weasels: Donnereiche (Weasels 1) (German Edition)
schmutzig um die Pfoten und den Mund herum. Sein flusiger Schwanz war eher wie Watte und Kleinsttiere wimmelten in dem Fell um seine Ohren herum. Sylber wusste genau, wer dieses Kaninchen war, und hoffte, seine Aufmerksamkeit zu erringen.
»Pscht! Grind! Hierher!«
Das Kaninchen hielt im Knabbern inne – zögernd, wie es schien – und blickte auf.
Wenn Kaninchen sich einer Gefahr gegenüber sehen, dann tun sie genau – wie Wiesel – eines von zwei Dingen: Entweder flüchten sie in großen Sätzen oder sie erstarren. Zum Glück für Sylber erstarrte Grind. Seine Augen traten hervor, wobei er so aussah, als wäre er im Begriff, jeden Augenblick davonzurennen, und Sylber musste das Geschöpf mit ein paar Worten beruhigen. »Lauf nicht weg, ich bin es bloß, Sylber. Hör zu, ich weiß, dass du nicht mit mir reden kannst, aber du kannst mit den anderen reden. Ich möchte dir etwas sagen. Erzähl ihnen, dass ich weggegangen bin, um Hilfe zu holen, aber ich habe sie nicht im Stich gelassen. Wenn die Hexe kommt und euch sucht, versteckt euch mitten unter den anderen Kaninchen. Hast du das verstanden?«
Grind gab keine Antwort. Er saß einfach nur da, den Mund halb im Kauen offen, die Augen ausdruckslos.
»Ich muss gehen«, fuhr Sylber fort, »denn ihr seid alle in ernster Gefahr, in eurer gegenwärtigen Gestalt in einem Eintopf der Hermeline zu enden. Ich bin sicher, Maghatsch hat nicht die Absicht, uns jemals freiwillig von hier gehen zu lassen.«
Grind zitterte vom Stummelschwanz bis zu den Ohrenspitzen.
»Du solltest jetzt besser gehen, Grind«, flüsterte Sylber. »Vergiss nicht, was ich dir gesagt habe…«
Grind schoss mit einem Satz davon.
Sylber war sich nicht sicher, ob die Botschaft angekommen war oder nicht. Er hatte keinerlei Erfahrung mit Kaninchen, die im Allgemeinen als recht dumme Geschöpfe angesehen wurden. Ob seine alten Gesetzlosen zu einem gewissen Teil ihren ursprünglichen Wieselverstand beibehalten hatten oder nicht, wusste er nicht. Sylber konnte nur hoffen, dass der Sinn seiner Worte zum Teil auf fruchtbaren Boden gefallen war.
Nachdem dies vollbracht war, machte sich Sylber auf die Wanderschaft. Er wollte einen alten Freund seines Vaters besuchen, um diesen um Hilfe zu ersuchen. Sylbers Vater war ein gesetzestreues Wiesel gewesen, das Lord Hohkinn gedient hatte, bis die Soldaten von Prinz Punktum ihn verschleppt und einem ungewissen Schicksal zugeführt hatten, und zwar wegen einer bedeutungslosen Unbotmäßigkeit, über die Lord Hohkinn nicht zu streiten vermochte. Sylber hatte seinen Vater nach jenem taubedeckten Morgen im Juni nie wieder gesehen. Seine Mutter war im darauf folgenden Frühling an gebrochenem Herzen gestorben.
Sylber wanderte nach Osten, wohl wissend, dass er bald sowohl von der Hexe als auch vom Sheriff vermisst werden würde. Trugkopp würde ihm mit Sicherheit folgen, auch wenn Maghatsch vielleicht in ihrer grünen Kapelle bleiben würde. Er wanderte über Wiesen und durch Wälder, überquerte Flüsse, kroch unter Wurzeln hindurch, umrundete Hügel und durchlief Täler. Schließlich gelangte er zu einer Sandbank mit einer großen Anzahl von Löchern. Hier lebten die Dachse von Gath. Indem er seinen Mut in beide Pfoten nahm, betrat Sylber den nächst gelegenen Tunnel und stieg in die darunterliegenden Kammern hinab.
Es war dunkel unter der Erde, aber Sylber konnte, wie die meisten Geschöpfe, in der Dunkelheit »sehen«, indem er sein Gefühl sowie seinen Tast- und Geruchssinn einsetzte und sich im Vorangehen ein Bild von seiner Umgebung schuf.
Als er noch keine zehn Meter zurückgelegt hatte, trat ihm ein Dachsweibchen in den Weg. »Ein Wiesel!«, rief sie in der seltsam klackenden alten Sprache, die Sylbers Vater ihm beigebracht hatte. »Was willst du, Wiesel?«
»Ich möchte einen Dachs namens Kalthas aufsuchen«, klackte Sylber in derselben alten Sprache. »Er kannte meinen Vater.«
Die Dachsin, die nach Sylbers Schätzung riesengroß war, grunzte argwöhnisch. »Woher soll ich wissen, ob du die Wahrheit sprichst, Wiesel? Wiesel lügen nur zu gern. Ich würde einem Wiesel nicht einmal so weit trauen, wie ich einen Bären werfen könnte.«
»Sieh mal«, sagte Sylber, an ihre Vernunft appellierend, »würde ich mich in die Behausung eines Dachses begeben, wenn ich nicht in offiziellen Geschäften unterwegs wäre? Wir beide wissen, dass ich mich hier unten einer großen Gefahr aussetze. Ich habe wirklich einen triftigen Grund, warum ich Kalthas sehen möchte.
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