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Weber, David - Honor Harrington - Sturm der Schatten

Weber, David - Honor Harrington - Sturm der Schatten

Titel: Weber, David - Honor Harrington - Sturm der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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wollte, meinte er das todernst. Er betrachtete ihre Beseitigung als simplen Akt der Gerechtigkeit. Doch im Augenblick hatte sie ihn völlig in der Hand. Sie wussten fast mit Sicherheit, wer für die Vernichtung von Giselle verantwortlich war, und dennoch konnten sie Anisimovna nicht für den Massenmord anklagen, ohne dass es desaströse militärische und sowohl innen- als auch außenpolitische Folgen nach sich zöge.
    »Mir gefällt das nicht«, sagte Dusserre schließlich fast beiläufig. Es war seine Kapitulation, und Vezien lachte bellend.
    »Es gefällt Ihnen nicht? Was glauben Sie denn, was ich davon halte? Wie Sie sich vielleicht erinnern, waren Nicholas und ich Anisimovnas stärkste Befürworter im Kabinett, als sie mit ihrer Idee zu uns kam. Ich wette mit Ihnen, dass sie von Anfang eingeplant hatte, so etwas zu tun, falls es ihr ratsam erschien, und ich habe es nie bemerkt. Glauben Sie mir, ich wünschte mir nichts mehr, als dem Miststück selbst einen Bolzen durch den Kopf zu jagen oder sie in einem unserer Umerziehungslager im Norden verschwinden zu lassen, damit sie dort zehn oder meinetwegen auch dreißig Jahre lang schmort. Aber das können wir nicht. Im Augenblick hat sie uns am Wickel, und wir können gar nichts unternehmen, ohne alles noch viel schlimmer zu machen.«

17
    Mit geschlossenen Augen ruhte Aldona Anisimovna auf einem bequemen Sessel, während gespenstische Streicherklänge die kleine, luxuriös eingerichtete Kabine füllten. Sie hörte die Musik nicht nur, sie sog sie auf, als wäre die Haut an ihrem ganzen Körper ein gewaltiger Rezeptor.
    Eigentlich merkwürdig, dachte sie verträumt. Von allen Komponisten in der gesamten Milchstraße war ihr ausgerechnet ein Manticoraner der liebste. Ein Sphinxianer, um genau zu sein. Sie hatte nie wirklich begriffen, weshalb gerade Hammerwells Melodiengeflecht sie so stark ansprach, doch es war so, und manchmal musste sie ihn einfach hören. Dann musste sie sich auf der Musik treiben lassen, um sich von allen Gedanken zu leeren, von allen Intrigen und Plänen.
    Von Schuld.
    Sei nicht albern, schalt sie der Teil ihres Verstands, der nicht von Holzbläsern und dem kunstvollen Wechselspiel von Blechbläsern und Streichern bezaubert war, schon wieder. Du bist hier als Teil einer Strategie, mit der ein Krieg provoziert werden soll, bei dem Millionen Menschen umkommen werden – möglicherweise sogar Milliarden –, und jetzt zerbrichst du dir den Kopf über vierzigtausend Tote? Das fällt dir aber ein bisschen spät ein, oder, Aldona? Während der Planung schien es dich nämlich nicht besonders zu stören.
    Nein, das hatte es nicht. Damals hatte sie den Tod der Stationsbesatzung als abstraktes strategisches Element betrachtet, als sorgfältig geschmiedetes Bauteil einer überragenden Manipulation, des großen Planes nämlich, durch den das größte, mächtigste politische Gebilde in der Geschichte der Menschheit nach der Pfeife des Mesanischen Alignments tanzen sollte. Aus dieser Perspektive war es … erhebend gewesen. Fesselnd. Der Rausch, das Große Spiel auf solch stratosphärischem Niveau und um derart unvorstellbare Einsätze zu spielen, erinnerte an die Wirkung einer starken Droge. Ein Drang steckte dahinter, das Gefühl, beinahe gottgleiche Hände auszustrecken, das Universum bei der Kehle zu packen und es zu zwingen, ihr ihren Willen zu tun.
    Kein Wunder, dass Albrecht die alten Mythologien so faszinieren, dachte sie. Ich weiß, er behauptet, sie sollen ihn nur daran erinnern, wie viele Fehler diese ganzen antiken Götter gemacht haben, weil sie von ihrer eigenen Macht so sehr überzeugt und so eifersüchtig waren auf ihre Vorrechte. So kleinlich und kapriziös. So unwillens zusammenzuarbeiten. In Anbetracht dessen, was wir zu erreichen versuchen, hat er wohl recht: Wir müssen uns immer die Gefahren vor Augen halten, die es mit sich brächte, wenn wir uns für Götter hielten. Ich bin mir sicher, dass das stimmt … aber ihm geht es vor allem um Prometheus. Über das Wagnis, das verbotene Feuer zu stehlen, seine Hand – unsere Hand – gegen die gesamte etablierte Macht in der Galaxis zu erheben und alles zu verändern.
    Auf dieser Skala betrachtet, waren die Männer, Frauen und Kinder, die an Bord von Giselle ihr Leben verloren hatten, im wahrsten Sinne des Wortes unbedeutend. Eine solch geringe Opferzahl verschwand beim Abrunden, wenn die Statistiker erst zusammenrechneten, was die herrliche Vision des Alignments gekostet hatte.
    Das aber

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