Weber David - Schwerter des Zorns - 2
bekom
men.
Im Gegensatz zur Stadt Bergherz war die Silberne Kaverne aus
schließlich von Zwergen und nur für Zwerge erbaut worden. Bis auf
etwa tausend Menschen – wie Rianthus und seine Männer, die sozu
sagen von einem der großen Clans adoptiert worden waren – lebten
nur Zwerge in den Silbernen Kavernen. Infolgedessen gab es auf der
Erde keine sichtbaren Häuser wie in Bergherz.
Die Silbernen Kavernen waren außerdem mehr als fünfhundert
Jahre älter als Bergherz und viel größer. Die ursprünglichen Silber
minen, von denen die Stadt ihren Namen bekommen hatte, waren in
etwa zwei Jahrhunderten nach ihrer Gründung restlos ausgebeutet
worden, doch es lagerten noch andere Erze unter dem Ostwandmas
siv. Wichtiger aber waren vielleicht noch die zwei unterirdischen,
mächtigen Ströme, deren Wasserkraft die Zwerge der Silbernen Ka
vernen geschickt zu nutzen verstanden.
Das Stadtgebiet reichte über ein halbes Dutzend Hauptebenen in
die Tiefe, und von jeder einzelnen führte ein ganzer Haufen unter
geordneter und nachgeordneter weiterer Ebenen ab. Bahzell vermu
tete, dass niemand genau wusste, wo alle diese Tunnel, Gänge und
Kammern hinführten. Bei einer der Grabungen war man auf eine
Reihe von ungeheuren, natürlichen Höhlen gestoßen. Dieses gigan
tische Höhlensystem erstreckte sich über Dutzende von Meilen, und
selbst jetzt, vierzig Jahre nach seiner Entdeckung, war es immer
noch nicht zur Gänze erforscht. Die breiten Avenuen und Plätze auf
den ersten drei Ebenen der Silbernen Kavernen säumten große, un
terirdische Villen und Paläste der Adelsschicht und der Reichen. In
den Ebenen darunter befanden sich die Wohnhäuser. Ihre niedrigere
Lage kennzeichnete nicht nur den Standort, sondern auch die Quali
tät. Von den Behausungen der Mittelklasse und der fähigen Hand
werker gelangte man hinab bis hin zu den Hütten der ärmsten Ar
beiter.
Die jedoch eigenartigerweise den Reichen ihren Wohlstand weni
ger neideten als in vielen anderen Menschenstädten, durch die Bah
zell gereist war, seit er Hurgrum verlassen hatte. Nicht dass Zwerge
nicht ehrgeizig wären, im Gegenteil. Nur wenige Menschen waren
weniger ehrgeizig. Zweifellos steckte eine Menge offenkundiger
Neid in dem Vorurteil über den raffgierigen, gerissenen Zwerg, das
die meisten anderen Menschenrassen hätschelten. Wie fast alle Vor
urteile beruhte auch dieses in vielerlei Hinsicht auf einer ungeheu
ren Übertreibung, selbst wenn man zugeben musste, dass ein ver
blüffend großer Teil des Reichtums der Welt in Zwergenhänden
hängen blieb. An den Maßstäben der Bauern in Navahk oder dem
Land der Roten Lords gemessen, war selbst der Ärmste der Minen
arbeiter in den Silbernen Kavernen unglaublich reich, aber sie ver
glichen sich nicht mit Ausländern. Sie maßen sich nur an ihrem eige
nen Wohlstand, und jeder Einzelne von ihnen trachtete danach, so
viel Vermögen aufzuhäufen, dass er in die Hohen Viertel aufsteigen
konnte.
Vermutlich stand das auch als eigentlicher Beweggrund hinter ih
rer angeblichen Raffgier. Sie wollten Wohlstand anhäufen und die
Dinge besitzen, die dieser Reichtum mit sich brachte, und glaubten,
dass sie ihr Ziel erreichen konnten, wenn sie wie die Ameisen schuf
teten. Dazu waren sie bereit. Wer behauptete, Zwerge würden stän
dig überlegen, wie sie noch einen Kormak aus jemandem heraus
pressen konnten, hatte vollkommen Recht. Natürlich gab es auch
hier wie immer Ausnahmen, aber der durchschnittliche Zwerg ar
beitete unaufhörlich, dachte ständig an seinen Vorteil und suchte
nach Gelegenheiten, gute Geschäfte zu machen. Doch dabei saßen
sie nicht mürrisch herum und beneideten andere, sondern machten
sich daran, ihr eigenes Schicksal zu verbessern, wenigstens jedoch
das ihrer Kinder. Dazu verfügten sie über eine Lebensspanne von
zwei- bis dreihundert Jahren, in denen sie dieses Ziel erreichen
konnten.
Deshalb war es nicht weiter verwunderlich, dass selbst mitten im
Winter in den Silbernen Kavernen rege Betriebsamkeit herrschte.
Außerdem gab es hier genug Raum, um nach oben zu kommen, so
wohl gesellschaftlich als auch räumlich.
Die einzelnen Ebenen der unterirdischen Stadt wurden durch spi
ralförmige Rampen und Wendeltreppen verbunden, und einige ge
schäftigere Abschnitte rühmten sich sogar beweglicher Käfige, die
Kilthan »Aufzüge« nannte, mit denen man Menschen leichter trans
portieren konnte. Der Zwerg führte Bahzell und Rianthus jedoch zu
einer der eher abseits liegenden Treppen, die sich tiefer und
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