Weber David - Schwerter des Zorns - 2
Barodahn. Bahnak sah ihn an und
nickte.
»Aye, er ist einer von ihnen«, stimmte der Prinz zu und deutete
mit einem Zucken seiner Ohren auf das Ende der Tafel.
»Er hat um Farmahs Hand angehalten, obwohl sie eigentlich noch
ein wenig jung dafür ist, aber sie hat eingewilligt«, erklärte er Bah
zell. »Da du es so eilig hattest, dir Harnaks Kopf zu holen, bevor
sich Hurthang seines Gemächtes mit einer stumpfen Klinge anneh
men konnte, wird er zweifellos von dir erwarten, dass du ihm die
Möglichkeit gibst, sich dafür an dem anderen Abschaum von Sharnâ
schadlos zu halten. Ich denke, Gharnal wird ebenfalls mitmischen
wollen, allein schon deshalb, weil er auf diese Weise ein paar Blut
klingen erledigen kann. Aber sie werden nicht allein bleiben, und
ich werde mich hüten, sie davon abzuhalten.« Er grinste. »Vielleicht
stachele ich sie ja sogar ein bisschen auf. Es könnte mir bei deinem
Freund Kilthan nicht schaden, wenn er davon erführe, stimmt's?
Ehrlich gesagt, was ich auch von den so genannten ›lichten Göttern‹
halte, ich bin nicht so schwachsinnig, mich freiwillig mit einem Fins
terling wie Sharnâ anzulegen.«
»Ich habe gehofft, dass du es so sehen würdest, Da«, erwiderte
Bahzell, »aber es erleichtert mich, dass du es sagst. Ich bin dir sehr
dankbar.«
»Ah, bedanke dich nicht bei mir!« Bahnak machte eine wegwerfen
de Handbewegung. »Ich habe durchaus hinterhältige, höchst egois
tische Motive. Außerdem ist das genauso wie damals am Fluss. Was
ich auch sage, du wirst deinen Kopf durchsetzen, denn das hast du
schon immer getan. Jetzt habe ich nicht mehr das Recht, dir etwas zu
verbieten, denn du bist ein erwachsener Mann, und du hast dein
Schwertgelübde einem anderen geleistet.«
Ein schmerzlicher Ausdruck zuckte über Bahzells Gesicht, doch
sein Vater schüttelte rasch den Kopf.
»Nein, Junge.« Er streckte die Hand aus und drückte sanft Bah
zells Schulter. »Ich wollte mich nicht beschweren, und ich weiß, dass
dein Herz immer hier bei uns sein wird. Aber du hast eine Mannes
pflicht übernommen. Auch wenn ich mich nicht so entschieden hät
te. Doch ich war schließlich nicht da, du aber wohl. Du wirst immer
mein Sohn bleiben, ich werde dich immer lieben und mein Schwert
wird immer da sein und dir helfen und dich schützen, sollte das er
forderlich sein. Über deine Klinge jedoch bestimmt jetzt Tomanâk,
nicht ich.«
»Danke, Vater, dass du das verstehst«, erwiderte Bahzell sehr lei
se. »Ich danke dir sehr dafür.«
»Pah.« Bahnak schnaubte, lehnte sich zurück und grinste seine
Söhne an, während er den Krug zu einem Toast auf seinen jüngsten
Sohn hob. »Ich war auch mal jung, Jungchen! Oder glaubst du, ein
Mann, der als Jugendlicher nicht weichherzig, dumm, verrückt oder
vielleicht sogar ein bisschen von allem drei war, wäre schwachsin
nig genug, sich an das Unterfangen zu wagen, ausgerechnet die
Stämme der Hradani zu vereinen?«
21
Dichte Wolken aus Pfeifenrauch waberten um die Dachbalken, wäh
rend sich Bahzell, Kaeritha und Vaijon über die Landkarte von Na
vahk beugten. Sie war zwar nicht so genau wie die Karten, die Prinz
Bahnak von seinem eigenen Land und denen seiner Verbündeten
hatte anfertigen lassen, da Prinz Churnazh die Anwesenheit von
Landvermessern der Pferdediebe wohl eher ungnädig aufgenom
men hätte. Aber sie war dennoch weit besser als die meisten Land
karten, über die die Navahkaner selbst verfügten, und Brandark lä
chelte erfreut, als er sie sah. Jetzt saß er gegenüber von Bahzell und
Kaeritha, flankiert von Gharnal und Hurthang, den hochrangigsten
der jungen Krieger, die sich freiwillig gemeldet hatten, um Bahzell
zu helfen, Sharnâs Gift aus Navahk auszumerzen. Mehr als fünfzig
weitere Pferdediebe drängten sich um den Tisch, spähten einander
über die Schulter und nuckelten an geschnitzten Pfeifen und schäu
menden Bierhumpen.
Nur eine Hradani-Frau befand sich unter ihnen, Bahzells Schwes
ter Marglyth. Sie saß neben Kaeritha. Marglyth war etwa zwanzig
Zentimeter kleiner als Bahzell und ähnelte mit ihrer schlanken, gra
ziösen Gestalt sehr stark ihrer Mutter. Obwohl sie sogar noch ein
Jahr jünger war als Barodahn, hatte sie bereits einen Ehemann und
Zwillingssöhne. Den Jüngeren hatte sie nach seinem Onkel Bahzell
benannt. Doch ihre familiären Verpflichtungen hinderten sie nicht
daran, Prinz Bahnak als Oberste Richterin zu dienen.
Es hatte Vaijon überrascht, dass Hurgrums höchster Richter eine
Frau war. Das lag vor allem wohl daran, dass er
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