Weber David - Schwerter des Zorns - 2
Stimme klang wie aus Stahl, als sie Bahzells
Stiefbruder auf seine unausgesprochene Frage antwortete. »Ich habe
ihre Opfer gesehen. Sie schätzen besonders diese ganz langen Kü
chenmesser und verstehen auch, damit umzugehen. Sie können ihre
Opfer während der Rituale, bei denen sie ihren Dämon beschwören,
stundenlang am Leben halten, sogar tagelang, und bei ihren so ge
nannten ›Heiligen Tagen‹ spielt auch Kannibalismus eine entschei
dende Rolle. Sie mögen das Fleisch am liebsten roh, am besten, wäh
rend die ›Mahlzeit‹ noch lebt, wobei Sharnâ selbst die Seele der Un
glückseligen verzehrt.« Sie fletschte die Zähne zu einem Grinsen,
das dem eines Totenschädels glich. »Sie nennen es das ›Mahl des
Teilens‹.«
Bahzell hörte, wie hinter ihm jemand würgte, und selbst Gharnal
wurde blass. Trotz ihrer Jugend hatten seine Freiwilligen allesamt
die Qualen und das Gemetzel des Krieges miterlebt. Doch was Kae
ritha beschrieb, überstieg die Grausamkeiten einer Schlacht bei wei
tem. Keiner von ihnen zog jedoch ihre Worte in Zweifel. Merkwür
digerweise war Kaeritha von Bahzells Gefährten am schnellsten an
erkannt worden, vor allem, nachdem sie den weiblichen Paladin bei
ihren morgendlichen Waffenübungen beobachtet hatten. Die Kriegs
bräute der Sothôii trugen keine Rüstungen, und auch Kaerithas
beidhändige Schwerttechnik unterschied sich von der der Kriegs
bräute, war ihr jedoch dennoch so ähnlich, dass die Kämpfer der
Pferdediebe, die schon gegen diese Kriegsbräute gefochten hatten,
zusammenzuckten. Diese Kampferfahrungen hatten den Pferdedie
ben ebenfalls genügt, um die Vorbehalte auszuräumen, die gegen
eine Ausbildung von Frauen zu Kriegerinnen bestanden hatten.
Kaerithas unbekümmerte Bereitschaft, es mit jedem dieser Krieger
auf dem Übungsfeld aufzunehmen, hatte ein Übriges getan. Wie sie
bei den Übungen mit Bahzell festgestellt hatte, versagte ihr ihre klei
nere Statur, es mit einem Hradani, vor allem mit einem Pferdedieb,
in einem ausgeglichenen Kampf aufnehmen zu können, trotz ihrer –
für eine Menschenfrau – beträchtlichen Größe und Kraft. Wie jedoch
Bahzell bei denselben Trainingseinheiten herausgefunden hatte,
fand sich jeder Pferdedieb, der sich ihr nicht mit äußerstem Respekt
und Wachsamkeit näherte, nach kurzer Zeit am Boden und mit einer
Schwertspitze an der Gurgel wieder. Abgesehen von Hurthang hatte
sie keiner der Freiwilligen bei seinem ersten Übungskampf mit ihr
besiegen können, und das, obwohl sie alle mit angesehen hatten,
wie sie seine Gefährten vor ihm besiegt hatte. Das änderte sich erst,
als sich die Pferdediebe allmählich auf ihren Kampfstil einstellten.
Doch Kaeritha gab sich auch dann noch mit bemerkenswerter
Furchtlosigkeit den Prellungen hin, den Schürfungen und der Ge
fahr von Knochenbrüchen als Folge eines Übungskampfes gegen
Krieger, die mehr als ein Fünftel größer waren als sie. Und teilte
trotz ihrer geringeren Größe fast ebenso viel aus, wie sie einsteckte.
Die Tatsache, dass sie bis auf ihre viel zu kurzen Ohren sehr gut aus
sah, war ebenfalls nicht gerade hinderlich, wie Bahzell vermutete.
Obwohl es keiner der Männer in ihrer Anwesenheit zugegeben hät
te. Ihr angeborener Respekt Frauen gegenüber war zweifellos ein
weiterer bedeutender Faktor.
Brandark litt unter dem Makel, dass er eine Blutklinge war. Aber
wenigstens war er ein Hradani. Die Pferdediebe wussten sehr gut,
wer er war und kannten auch seine Motive, selbst die, die Blutklin
gen so hassten wie Gharnal. Das machte Vaijon zum einzigen wirkli
chen Außenseiter. Der junge Ritterproband war weder Fisch noch
Fleisch. Er war ein Fremdling, weder Hradani noch weiblich, be
herrschte zudem bisher nur einen sehr geringen Wortschatz Hrada
ni. Und sein Akzent und Benehmen wirkte auf die meisten seiner
Gastgeber … affektiert. Seine Hingabe zu Bahzell sprach allerdings
für ihn, und Bahzell war heilfroh, dass seine Clanbrüder nie den al
ten Herrn Vaijon von Almerhas kennen gelernt hatten. Dennoch be
trachteten sie ihn mit Misstrauen und, so vermutete Bahzell, auch
mit unterschwelliger Verachtung. So groß und kräftig Vaijon für
einen Menschen war, neben den Pferdedieben sah er wie ein unrei
fer Frischling aus. Der direkte Vergleich betonte nur noch seine Ju
gend, und die Tatasche, dass eine Frau sie besiegen konnte – wes
halb sie Kaeritha anerkannten – traf in Vaijons Fall nicht zu.
Glücklicherweise verarbeitete er diese Situation gut, besser sogar
als Brandark. Der
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