Weber David - Schwerter des Zorns - 2
erfreute.
Er genoss den klaren, milden Geschmack des Bieres, während er
die Wärme in sich aufsog. Seine Bank stand in einem Winkel der
Mauer, die das Übungsfeld des befestigten Anwesens umgab, das
Prinz Bahnak dem noch jungen Hurgrumer Kapitel vom Orden des
Tomanâk als Schenkung vermacht hatte. Die Mauer schützte Bran
dark vor dem immer noch kalten, unangenehmen Wind, während er
sich in der Sonne aalte und die ersten, zögernden Frühlingsblumen
betrachtete, die ihre Köpfe durch das schlammige Gras steckten. Der
Kopf seiner Balalaika lag neben ihm und hielt die Blätter fest, auf
denen er neue Verse festgehalten hatte.
Er nahm einen weiteren tiefen Zug Bier. Die kühle Luft bildete
einen angenehmen Gegensatz zur Wärme der Sonne und machte sie
noch willkommener – und er gab sich ganz diesem sinnlichen Ver
gnügen hin. Doch seine Freude war ein wenig getrübt, denn die
Sonne hatte auch den größten Teil des Schnees auf den Straßen ge
schmolzen. Die kurze Jahreszeit im Norden, in der die Feldzüge ge
führt werden konnten, rückte näher und es würde Krieg geben, so
bald der Schlamm ein bisschen getrocknet war und der Frühling
Fuß gefasst hatte. Das Ticken seiner Taschenuhr tat kund, wie die
Zeit verrann, während Brandark die Mitglieder des Ordenskapitels
bei ihrer Ausbildung beobachtete.
Es waren mehr geworden. Seit den dramatischen Ereignissen in
Prinz Bahnaks Halle strömten ihnen stetig neue Rekruten zu, meis
tens Pferdediebe, unter die sich hier und da eine gereizte, verunsi
cherte Blutklinge mischte. Die Nachricht, dass Tomanâk Höchst
selbst erschienen war, hatte sich wie ein Steppenbrand in den Län
dern der Hradani verbreitet und eine erstaunliche Reaktion gezei
tigt. Eigentlich hätte man erwarten können, dass ihr jahrhunderteal
tes Misstrauen gegen alles, was nach Gott roch, eine ebensolche Re
aktion ausgelöst hätte wie bei dem jungen Chavâk, nämlich Miss
trauen und Zweifel. Vermutlich empfanden auch viele genauso.
Doch eine beträchtliche Anzahl reagierte anders, und selbst Chur
nazh sah sich gezwungen, der Gründung dieses neuen Ordens sei
nen Segen zu geben, auch wenn ihm das gar nicht passte. Die mürri
sche Formulierung seiner Proklamation hatte das mehr als deutlich
gemacht! Doch ihm war keine andere Wahl geblieben als die, jedem
seiner Krieger, der in den Orden eintreten wollte, die Erlaubnis zu
gewähren. Schließlich hatte der Orden als erste Tat Churnazhs eige
nes Reich vor den Machenschaften der Dunklen Götter gerettet.
Doch das überzeugendste Argument war Tomanâks Enthüllung
über die Blutrunst, die Bahzell verkündet hatte.
Jetzt tummelten sich mehr als achtzig Krieger auf dem Exerzier
platz und stampften in dem braunen, nassen Schlamm herum, wäh
rend sie sich gegenseitig fröhlich und schmerzhaft mit den hölzer
nen Übungswaffen bearbeiteten. Selbst von seiner weit entfernten
Bank aus konnte Brandark das schmerzerfüllte Stöhnen hören, wenn
ein Hieb auf die Übungsrüstungen traf. Vaijon hatte drei jüngere
Angehörige des Ordens beiseite genommen und zeigte ihnen einen
Schlag, den sie noch nie gesehen hatten. Trotz seiner Sorge über den
unmittelbar bevorstehenden Feldzug lächelte Brandark in sein Bier,
als er sah, wie aufmerksam die Jünglinge Vaijon lauschten. Es war
schon verblüffend, wie die Erhebung eines Mannes zum Paladin
durch den Kriegsgott persönlich seine Anhänger vermehren konnte.
Jemand bog um die Ecke seiner geschützten Nische und Brandark
drehte sich herum. Als er Marglyth erkannte, erhob er sich, lächelte
und schwenkte grüßend sein Bier.
»Guten Morgen, Milady«, sagte er.
»Auch Euch einen guten Morgen, Lord Brandark.« Sie lächelte
und erwiderte seine Verbeugung mit einem angedeuteten Hof
knicks. »Jetzt setzt Euch wieder, bevor ich Euch irgendwohin trete,
wo es Euch wehtun könnte«, schlug sie vor, was Brandark mit ei
nem lauten Lachen quittierte.
»Ach, Ihr Pferdediebe seid so erfrischend … unkompliziert«, sagte
er und winkte sie auf den Platz neben sich. Diesmal lachte sie.
»Das sind wir wohl«, stimmte sie ihm zu. Doch ihre Fröhlichkeit
verschwand, als sie ihren Blick auf das Übungsfeld richtete. Ihre
Schwester Sharkah übte mit Kaeritha, und Marglyths Stirn umwölk
te sich vor Sorge, als sie die beiden Frauen beobachtete. Kaeritha
lehrte Sharkah nicht ihren eigenen Kampfstil. Im Gegensatz zu
Marglyth, die für eine Pferdedieb-Frau klein war, ähnelte Sharkah
mehr ihrem Vater und ihren Brüdern. Sie maß fast zwei Meter
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