Weber David - Schwerter des Zorns - 2
einzuweihen«, fuhr er
dann fort, »aber offensichtlich hat er seine Äußerungen mir gegen
über weit zurückhaltender formuliert als seine flammenden Reden
vor den anderen Landjunkern. Ich weiß, dass er die Hradani hasst,
und ich weiß auch, dass er in ihrem Volk Spione unterhält. Ich
wusste sogar, dass er irgendeine Aktion plante, hatte jedoch keine
Ahnung, dass seine Pläne bereits so weit gediehen waren. So etwas
wie das hier hätte ich niemals erwartet. Als er schließlich handelte,
hielt ich es für das Beste, mich ›überzeugen‹ zu lassen, mit ihm zu
gehen, damit ich erfahren konnte, wie seine Pläne aussahen. Er hat
mich zwar immer noch nicht so weit ins Vertrauen gezogen wie Ha
ladhan und einige andere, aber wenigstens weiß ich, dass er vorhat,
Tellian erst über diesen Feldzug in Kenntnis zu setzen, nachdem er
uns in einen offenen Krieg gegen die Hradani hineingezogen hat.«
»Das ist Hochverrat!«
»Nicht ganz«, widersprach Kelthys trocken. »Wie er richtig sagte,
verfügt er als Lordhüter über das Recht, die Ritter und Bewaffneten
von Kleinharrow zu den Waffen zu rufen, wenn er einen Notfall für
eingetreten sieht. Was die Verzögerung der Nachrichten über sein
Handeln angeht, wird er sicherlich argumentieren, dass es sinnlos
gewesen wäre, Boten den ganzen weiten Weg nach Balthar zu schi
cken, bevor sich die Lage geklärt hat. Natürlich wird er uns in einen
Krieg verstrickt haben, sobald diese Lage ›geklärt‹ ist. Genau das
will er ja.« Festian sah ihn verständnislos an und Kelthys seufzte.
»Es geht ihm nur darum, Festian. Er will uns zwingen, die Hradani
zu zerschmettern, bevor sie sich unter einem einzelnen Führer verei
nen, der eine echte Bedrohung für unser Königreich darstellen könn
te. Er betrachtet es als seine gottgegebene Pflicht, und es ermöglicht
ihm, den Tod seines Vaters zu rächen und sich gleichzeitig zum
Volkshelden aufzuschwingen.«
»Bei Phrobus!« flüsterte Festian. Kelthys nickte.
»Ganz recht. Aus diesem Grund, mein Freund, müssen wir diesen
jungen Wilden so lange aufhalten wie möglich. Ich habe meinen
Windbruder Karral in der Stunde nach Balthar entsendet, um Telli
an zu alarmieren, als mich Mathian auf Burg Kleinharrow bestellt
hat. Karral sollte mittlerweile in der Hauptstadt der Baronie einge
troffen sein. Und eigentlich müsste Tellians Antwort, wenn nicht gar
der Baron selbst, bereits hierher unterwegs sein. Falls er jedoch nicht
auf einen solchen Fall vorbereitet war und sofort aufbrechen konnte,
bringen ihn nicht einmal alle Rennpferde der Sothôii vor morgen
Abend hierher. Bis zu seiner Ankunft liegt das weitere Geschehen
also ausschließlich in unser beider Händen.«
32
Bahzell stand auf der Mauer und beobachtete, wie sich eine kleine
Gruppe von Reitern über das Geröllfeld näherte, das die scharfe Bie
gung in der Rinne versperrte. Sie stiegen ab und setzten von dort
aus den Weg zu Fuß fort. Eine weiße Parlamentärsfahne hing schlaff
an einer Lanze über ihnen. Doch nach der Behutsamkeit zu urteilen,
mit der sie sich bewegten, waren sie fest überzeugt, dass keiner in
Charhans Monument die Bedeutung einer weißen Fahne kannte.
Oder respektierte.
Er grinste bei diesem Gedanken grimmig. Die Sonne hing dicht
über dem westlichen Horizont und die Schatten wurden länger. Die
schmaleren Berggipfel und Flaschenhälse der Schlucht lagen bereits
im Schatten, während die Spitzen der breiteren Stellen in der Sonne
wie goldene Perlen an einer Kette aus Schatten leuchteten. Auch die
Felsen hinter der Parlamentärstruppe lagen in einer Dunkelheit, die
auch die Bogenschützen verbarg, die dort zweifellos lauerten.
Ihm sollte es recht sein. Er hatte Garuth und seine Wachsoldaten
weggeschickt, ein Stück die Rinne hinab, um diese Auseinanderset
zung ausschließlich zu einer Sache zwischen dem Orden und den
Sothôii zu machen. Aber er verfügte über mehr als hundert schwere
Armbrüste und Arbaleste in der primitiven Schanze. Es konnten
zwar nicht mehr als vierzig Schützen gleichzeitig von der Frontmau
er herab feuern, aber das würde genügen, um die Unterhändler der
Sothôii zu durchlöchern, falls ihn ein Pfeil traf.
Allerdings hatte er kein besonderes Verlangen danach, dass ir
gendwer von irgendwem abgeschlachtet wurde.
Er blickte seine Gefährten an. Hurthang stand zu seiner Linken
und trug den Umhang des Ordens und sein Banner, während sich
Vaijon rechts neben ihm befand. Wie bei Hradani üblich hatte es er
hitzte Auseinandersetzungen gegeben,
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