Weber David - Schwerter des Zorns - 2
wer ihn begleiten durfte. Ins
besondere Gharnal hatte argumentiert, dass Hurthang da draußen
nichts zu suchen hatte. Als stellvertretender Befehlshaber des Kapi
tels musste er das Kommando übernehmen, falls Bahzell etwas zu
stieß. Kaeritha hatte kaum weniger hitzig darauf bestanden, dass sie
statt Vaijon mit Bahzell gehen sollte. Wenigstens hatten alle eingese
hen, wie wertvoll es war, einen Menschen bei einer Parlamentärs
gruppe zu haben, die hoffte, die Sothôii davon zu überzeugen, dass
sie wirklich der Orden des Tomanâk waren. Aber Kerry war, wie sie
erregt und zum ersten Mal nachdrücklich betonte, der ranghöchste
Paladin vor Ort. Deshalb sollte sie das Risiko neben Bahzell einge
hen.
»Du hast wie immer vollkommen Recht«, hatte Bahzell ihr schließ
lich erklärt. »Leider haben wir es hier mit Sothôii zu tun, Kerry! Ich
werde schon Schwierigkeiten genug bekommen, ihnen einen echten
Menschenordensritter aufs Auge zu drücken, auch ohne dass der
sich dazu noch als Frau entpuppt!«
Sie hatte schließlich nachgegeben, was Gharnal keine Wahl gelas
sen hatte, als ebenfalls einzulenken. Bahzell ließ sich davon jedoch
nicht täuschen. Sollten sie das hier überleben, würden es ihm die
beiden das bestimmt teuer heimzahlen, und zwar wahrscheinlich
eher früher als später.
Bei diesem Gedanken lächelte er wieder und nickte seinen beiden
Gefährten zu.
»Gehen wir!« sagte er ruhig und marschierte dem Feind entgegen.
Bei allen Göttern! Das ist der größte Hradani, den ich in meinem
ganzen Leben gesehen habe! Herr Festian blinzelte in die unterge
hende Sonne, und es gelang ihm, den Hünen, der auf ihn zuschritt,
nicht zu deutlich anzustarren. Aber es fiel ihm schwer. Dieser
Hradani maß mindestens zwei Meter dreißig und sah aus wie ein
gepanzerter und schwer bewaffneter Felsbrocken. Ein sehr, sehr gut
gepanzerter Felsbrocken, bemerkte Festian. Die Rüstung war nicht
nur weit besser als alles, was er bisher an einem Hradani gesehen
hatte, sondern selbst an den meisten Adligen der Sothôii. Zudem
war sie ganz offensichtlich eigens für diesen Krieger angefertigt
worden und nicht von irgendjemandem erbeutet oder bunt zusam
mengewürfelt.
Er dachte immer noch darüber nach, als Haladhan neben ihm
zischte.
»Bei Toragan! Das da drüben ist ein Mensch!« keuchte Herrn Ma
thians Cousin.
Einen Augenblick lang begriff Festian die Bedeutung dieser Be
merkung nicht, doch dann fuhr er zu dem Mann herum, auf den
Haladhan deutete. Wie auch der Lordhüter weigerte sich Haladhan,
das Wort »Mensch« für andere als reinrassige Menschen zu verwen
den, obwohl er bei gewissen Zwergen widerwillig Ausnahmen
machte. Festian fand diese Haltung ganz und gar dumm, doch sein
Staunen erstickte sein vertrautes Gefühl von Ekel über diese Vorur
teile, als er den prächtig gekleideten, blonden jungen Mann mit dem
kunstvoll geschmückten Helm sah.
Was auch immer Mathian gedacht haben mag, bevor er uns hier
her geschleppt hat, sagte er sich ironisch, das da ist jedenfalls nicht
unser typischer Haufen unzivilisierter Hradani!
Die Sothôii waren mittlerweile nahe genug, dass Bahzell ihre Ge
sichter deutlich erkennen konnte. Sie waren zu sechst, obwohl es
sich bei vieren offenbar nur um einfache Bewaffnete handelte, nicht
um Ritter oder Adlige. Er verbarg seine Belustigung hinter einer
vollkommen undurchdringlichen Miene, als er bemerkte, wie sie
sich vergeblich bemühten, Vaijon nicht anzuglotzen. Der junge Pala
din hatte auf Bahzells Wunsch seine prächtigste Kleidung angelegt,
und obwohl sie mittlerweile nur mehr ein Schatten seiner früheren
Eleganz war, beeindruckte sie immer noch. Sein bestickter, seidener
Übermantel glänzte, das Sonnenlicht funkelte auf den Gold- und Sil
berfäden der Stickerei, die hohen Federn seines Helmes nickten ho
heitsvoll bei jedem Schritt, und die Juwelen, die sein Schwert
schmückten, schienen aus einem eigenen, inneren Leuchten heraus
zu glühen.
Vielleicht haben sie ja ein eigenes Licht, dachte Bahzell. Immerhin
ist das da jetzt die Klinge eines Paladins.
Während er das dachte, war er weitergegangen und blieb drei
Schritte vor dem untersetzten jungen Mann in der Mitte der Abge
sandten der Sothôii stehen. Der Jüngling mit dem scharfen Blick
wirkte für Männer seines Volkes ungewöhnlich stämmig und breit
schultrig, aber wie die meisten Sothôii maß er nur wenig über einen
Meter achtzig. Damit war er ein ganzes Stück kleiner als Vaijon –
und erheblich kleiner als Bahzell oder Hurthang. Er hatte
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