Weber David - Schwerter des Zorns - 2
stürmen und
sie überrennen! Die Kerle mögen groß sein, aber wir sind zehnmal
mehr als sie! Also geht nicht allein auf einen los! Erledigt sie zu
zweit oder zu dritt, dann sind wir zum Abendessen mit ihnen
fertig!«
Ein paar vereinzelte Jubelrufe antworteten auf seine vollmundige
Erklärung, doch es waren nur wenige, und sie kamen ausnahmslos
von den jüngeren Kriegern, die noch nie gegen Hradani gefochten
hatten. Die anderen warteten mit grimmigen Mienen, entschlossen
zwar, aber wissend, wer ihnen da gegenüberstand. Und Festian biss
– wie diese Veteranen – wütend die Zähne zusammen.
Es ist schon gefährlich genug, diese Kerle von einem Pferderücken aus zu
bekämpfen, aber zu Fuß …!
Während er das dachte, ertönte ein Hornsignal, und die erste Salve
Pfeile schwirrte los.
»Köpfe einziehen!« schrie Bahzell, als sich ein Sturm von Pfeilen in
den Himmel erhob. Sie stiegen von dem Geröllfeld auf und waren
im Schatten so gut wie nicht zu sehen. Aber ihre tödlichen Spitzen
funkelten golden, als sie ins Sonnenlicht flogen und sich wie ein rot
grüner Tod auf die Schanze senkten. Das Geräusch, das sie beim
Flug machten, war mit nichts auf der Welt zu vergleichen. Es war
ein rauschendes, pfeifendes Zischen, wie das einer Million gereizter
Schlangen, und dann schlugen sie ein. Stählerne Pfeilspitzen klap
perten wie ein Hagelsturm, als sie sich in Schilde bohrten, von Hel
men abglitten oder gegen Steine prallten und Funken aufstoben.
Hier und da zuckte ein Pfeil an einem Schild vorbei und drang
durch einen Ketten- oder Schuppenpanzer. Männer fluchten oder
schrien vor Schmerz. Aber nur sehr wenige Pfeile rissen ernste
Wunden.
Bahzell selbst wurde von vier Pfeilen getroffen, die von der Brust
platte und den fein geschmiedeten Gliedern seiner Zwergenrüstung
abprallten. Böse fletschte er die Zähne, als die Hörner ein zweites
Mal gellten. Kehlige Schreie aus Männerkehlen hallten wie Donner
durch die Rinne, und die ersten Krieger der Sothôii stürzten bei dem
Schlachtruf aus dem Schatten. Wieder regneten Pfeile hinab und
überschwemmten die Schanze, um den Angriff zu decken, aber die
Bogenschützen konnten die Schussbahn nicht so hoch ansetzen, dass
die Pfeile unmittelbar in dem toten Winkel hinter der Mauer gelan
det wären. Bahzell schaute ein letztes Mal auf seine Armbrustschüt
zen.
»Fertig, Jungs!« brüllte er und hob seine Arbalest über die unebe
nen Zinnen, als die anderen hochsprangen und sich auf die Schuss
stufen stellten.
Mathian von Kleinharrow hütete sich, den Angriff selbst anzufüh
ren. Das zählte nicht zu den Aufgaben eines Oberkommandieren
den, und deshalb hatte er diese Ehre Haladhan übertragen. Dennoch
wollte er sich nicht bis zur Rückhut zurückziehen. Immerhin ließ er
sich überzeugen, in der achten Reihe zu marschieren, mit Herrn Fes
tian zu seiner Rechten und dem Bannerträger zu seiner Linken. Wei
ter nach hinten aber wollte er nicht, denn diese Schlacht musste er
aus nächster Nähe erleben.
Also stürmte er in die Sonne, brüllte seinen Schlachtruf und fuch
telte wie ein Verrückter mit seinem Säbel herum, als die vierte Pfeil
salve über ihn hinwegfegte. Er sah die schlanken, rotgrünen Schäfte
auf die Schanze hinunterprasseln und frohlockte. Einen solchen na
delscharfen Pfeilhagel konnte niemand überleben!
Offenbar konnte das aber doch jemand, und Mathian riss erstaunt
die Augen auf, als sich mehr als vierzig Hradani hinter der Mauer
erhoben. Sie bewegten sich ohne jede Eile, beachteten die Pfeile
nicht, die hinter ihnen vorbeisausten und hoben ausnahmslos stäh
lerne Arbaleste auf die Zinnen. Mathians erste Sturmreihen hatten
mittlerweile den Hang erreicht, der zur Schanze hinaufführte. Ihr
Tempo verlangsamte sich ein wenig. Die Gemütsruhe, mit der die
Hradani zielten, hatte etwas Grauenvolles. Mathian sah, wie einer
von ihnen fiel, als ihm eher zufällig ein Pfeil ins Auge drang, denn
durch die Brustwehr waren nur ihre Köpfe und Schultern den Pfei
len der Bogenschützen ausgesetzt. Schlimmer noch, die untergehen
de Sonne schien seinen Bogenschützen genau in die Augen. Sie sa
hen zwar genug, um ungezielt zu feuern, aber ein besonderes Ziel
zu erfassen, war unmöglich. Dann bellte eine donnernde Stimme ein
Kommando, das er selbst durch die Schlachtrufe seiner eigenen
Männer hörte.
»Los!«
Whaammm!
Zweiundvierzig stählerne Bögen, von denen selbst der leichteste
mindestens vierhundert Pfund Zugkraft vorlegte, strafften sich mit
einem Ruck. Die
Weitere Kostenlose Bücher