Weber David - Schwerter des Zorns - 2
auch ohne ihre Hilfe
überlebt hätten, während viele Sothôii, die sie nicht hatten heilen
können, sterben würden. Aber sie hatten keine Wahl. Sie brauchten
jeden Mann, den sie hatten, und zwar kampffähig, nicht verletzt
und in seinen Decken. Es war schließlich nicht ihre Entscheidung
gewesen, anzugreifen.
»Glaubst du, dass sie es noch einmal versuchen?« fragte ihn je
mand. Bahzell sah sich um. Brandark stand neben ihm.
»Ich habe nicht die geringste Ahnung«, gab der Pferdedieb nach
einer Weile zu. »Ich würde es an ihrer Stelle nicht vor morgen früh
versuchen, wenn ich es überhaupt noch einmal wagen sollte.«
»Sie könnten versuchen, im Schutz der Dunkelheit heranzuschlei
chen«, meinte Kaeritha. »Sie könnten sich unbemerkt nähern und
hoffen, uns zu überraschen.«
»Das könnten sie, aye«, knurrte eine andere Stimme. Hurthang
tauchte aus der Dunkelheit auf und setzte sich auf einen Felsbrocken
neben sie. »Aber wir reden hier von Sothôii, Kerry, und obwohl die
ser junge Narr, der mit uns ›verhandelt‹ hat, nicht mehr Verstand
besitzt, als die Götter für die Gänse erübrigen mochten, muss es
auch einige ältere Ritter da drüben geben. Falls das so ist, dann wer
den sie wissen, dass Hradani in der Dunkelheit so gut sehen wie
Katzen. Sie werden uns nicht dadurch überraschen können, dass sie
ungesehen heranschleichen, komme, was da wolle, Mädchen.«
»Was nicht heißen muss, dass sie es nicht trotzdem versuchen«,
sagte Bahzell. »Nach allem, was ich gehört habe, ist dieser Mathian
von Kleinharrow dumm genug, so ziemlich alles auszuprobieren.
Trotzdem hast du Recht, Hurthang. Wir werden sie im Auge behal
ten. Wenn sie einen Funken Verstand besitzen, warten sie auf das
Tageslicht, damit ihre Bogenschützen sehen können.«
»Wir sollten sie angreifen, so lange sie noch ihre Wunden lecken!«
wiederholte Mathian hartnäckig. Festian wandte sich von dem Ein
gang des Zeltes ab, von wo aus er die Feldärzte beobachtet hatte.
Sein gebrochener Arm pochte schmerzhaft. Er war zweimal beinahe
ohnmächtig geworden, während der Feldscher ihn geschient hatte,
und jetzt hatte er das Gefühl, er triebe hilflos auf dem rastlosen,
dunklen See des Schluchzens der Verwundeten.
»Wir haben diese Wilden angeschlagen, so viel ist sicher, und es
sind nun auf jeden Fall weniger als vorher«, fuhr Mathian fort. »Wir
müssen an unsere Verwundeten denken, die dort draußen liegen,
wo diese Schlächter an sie herankommen können. Wir müssen sie
retten. Und …«
»Milord. Haltet. Den. Mund!«
Der alternde Ritter sprach mit kalter, bitterer Deutlichkeit, und un
ter der Wucht dieser vier Wörter verstummte Mathian, als habe ihn
ein Säbelhieb getroffen. Der Lordhüter starrte den Mann an, der
nach Haladhans Tod sein höchster Offizier geworden war, und sei
ne Lippen arbeiteten wie das Maul eines gestrandeten Karpfens. Sei
ne Gehirnerschütterung und die offene Verachtung in Festians Stim
me machten ihn für einen Augenblick sprachlos. Der Befehlshaber
der Kundschafter nutzte das Schweigen und sprach weiter.
»Sollte es auch nur eines geben, das Ihr nicht falsch angefangen
habt, Milord, so wüsste ich nicht, worum es sich dabei handeln
könnte«, erklärte ihm der Altere mit einer tonlosen, beißenden Stim
me, die schlimmer schmerzte, als hätte er ihm Beleidigungen entge
gengeschrien. »Ungeachtet der Frage, ob Ihr nach den Gesetzen ge
handelt habt oder nicht, oder ob Ihr den berechtigten Groll vom Or
den des Tomanâk heraufbeschworen habt, was zweifellos das Ver
dikt des Kriegsgottes Selbst gegen uns nach sich ziehen wird, so
habt Ihr und dieser andere junge Narr uns doch zu einem Angriff
unter den schlimmstmöglichen Umständen geführt, die Ihr hättet
einrichten können. Ich habe Euch gewarnt, nicht die Rinne hinunter
zureiten, aber Ihr wolltet nicht hören. Ich habe Herrn Haladhan ge
warnt, dass es einen Grund gibt, aus dem die Hradani an dieser Stel
le kämpften, aber Ihr beide musstet ja einen Angriff vortragen. Zu
Fuß, wohlgemerkt! So habt Ihr auf die brutale Weise erfahren, wie
gut diese Stellung zu verteidigen ist.«
»Aber …« versuchte ihn Mathian zu unterbrechen, doch Festian
schnitt ihm mit einer heftigen Handbewegung seines gesunden
Arms das Wort ab. Zweifellos hatte der Schock seiner Verletzung et
was damit zu tun, dass er seinem Herrn diese Strafpredigt hielt, aber
bei allen Göttern, es fühlte sich verdammt gut an, diesem Narren
endlich die Meinung zu sagen!
»Ich bin noch nicht fertig,
Weitere Kostenlose Bücher