Weber David - Schwerter des Zorns - 2
dem Na
senschutz des Helms. Sein rechter Mundwinkel war zu einem ge
fährlichen Grinsen hochgezogen. Er fühlte, wie die Blutrunst tief in
seiner Seele flackerte und versuchte, sich zu erheben und die Kon
trolle zu übernehmen. Er unterdrückte sie gewaltsam. Er hatte schon
gefühlt, dass sie am Rand einer Explosion lauerte, als Vaijon ihn so
beleidigt hatte, und selbst jetzt spürte er, wie sie ihn rief. Es würde
so süß schmecken, sich ihr hinzugeben. Sie zu rufen und die Perso
nifizierung all dieser Beleidigungen zu zerschmettern, mit denen ihn
all jene überschüttet hatten, die eigentlich seine Brüder hätten sein
sollen. Er hatte nie darum gebeten, einer der ihren zu sein. Es war
ihr eigener Kodex, ihr kostbarer Orden, der ihnen diesen Respekt
abverlangte, und irgendwie machte das ihr Verhalten noch absto
ßender.
Jetzt bot sich Bahzell nicht nur die Gelegenheit, es ihnen heimzu
zahlen, sondern er hatte auch einen ausgezeichneten Vorwand. Die
Blutrunst drängte ihn, forderte, dass er sie freiließ, damit sie ihre
blutige Revanche nehmen konnte. Doch so sehr sie Bahzell Bahnak
son auch lockte, er weigerte sich, ihr heute nachzugeben. Es fiel ihm
schwer, dieses fürchterliche Verlangen zu bekämpfen, diese Gier,
schwerer, als ein Mensch je hätte vermuten können, und es kostete
ihn seine ganze Selbstbeherrschung. Dennoch blieb ihm keine ande
re Wahl. Der Ausgang dieses Kampfes war zu bedeutend, um eine
andere Möglichkeit in Betracht zu ziehen.
Vaijon führte einen blitzschnellen Angriff aus. Der Hieb kam ohne
jede Vorwarnung, in einem hellen, silbrigen Nebel aus Stahl, ohne
dass der junge Proband auch nur eine Miene verzogen oder einen
Muskel angespannt hätte – was seinen Gegner hätte warnen können.
Bahzell empfand einen schwachen Anflug von Bewunderung für
Vaijons Ausbilder. Es erforderte lange Jahre harten, unerbittlichen
Drills, jemanden zu lehren, einen so tödlichen Angriff auszuführen,
ohne seine Absicht vorher zu verraten.
Allerdings war Bahzell durch eine mindestens ebenso gnadenlose
Schule gegangen. Seine braunen Augen zuckten nicht einmal, als er
seine rechte Hand bewegte. Seine Klinge, einen Meter fünfzig lang,
hätte jeder Mensch nur unter Zuhilfenahme beider Hände halten
können, doch Bahzell schwang sie so leicht wie einen Kurzsäbel der
Sothôii. Stahl klirrte krachend auf Stahl, als er Vaijons Hieb abwehr
te, ohne auch nur den Schild einzusetzen. Er spürte den Schreck des
jungen Ritterprobanden über die Schnelligkeit seiner Parade.
Der Mensch wich einen Schritt zurück und kniff die Augen hinter
den Schlitzen seines Helmes zusammen. Bahzell blieb einfach stehen
und lächelte immer noch kalt. Er zuckte geringschätzig mit den Oh
ren, und seine Weigerung, Vaijon zu folgen verhöhnte den jungen
Ritter, spottete seiner, während Bahzell damit seine eigene Zuver
sicht zeigte. Dann machte der Pferdedieb eine winzige, lockende Be
wegung mit dem Schild. Sie schien unmerklich, fast mehr zu ahnen
als zu sehen, doch sie traf Vaijon wie ein Peitschenhieb. Bahzell
machte sich über ihn lustig, forderte ihn heraus, all sein Können ein
zusetzen. Der Jüngling knurrte, als er die Herausforderung annahm.
Trotz aller Wut vergaß er seine Ausbildung nicht. Er zog Kraft aus
seinem Groll, zwang ihn, ihm zu dienen, statt sich von ihm beherr
schen zu lassen. Er stürzte sich vollkommen ausbalanciert auf Bah
zell, mit einer Geschwindigkeit und Geschicklichkeit, die ihm die
anerkennenden Blicke vieler Veteranen hier im Saal eintrugen. Er
machte drei graziöse Schritte, fast wie ein Tänzer, ließ sein Lang
schwert mit der Schnelligkeit einer Schlange vorzucken und setzte
seinen Schild ebenfalls als Angriffswaffe ein, nicht nur als Verteidi
gungsmittel. Es prallte wie ein Rammbock gegen Bahzells Schild, ge
schoben vom ganzen Gewicht seines trainierten Körpers, und der
Zusammenprall knallte scharf in den Ohren der Zuschauer.
Viele von ihnen hatten bereits gesehen, wie Vaijon diesen An
griffszug im Training ausführte. Er hatte nie seine Wirkung verfehlt,
wenn er ordentlich ausgeführt wurde, und Vaijon führte ihn stets
vollendet aus. Sein Schild kam genau im richtigen Winkel heran und
hätte Bahzells Schild zur Seite stoßen, ihn nach hinten taumeln las
sen und seinen Körper für Vaijons Klinge entblößen sollen, die zu
stieß, während Bahzell noch versuchte, seine Balance wiederzuer
langen.
Nur taumelte Bahzell eben nicht. Er wechselte nicht einmal
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