Weber David - Schwerter des Zorns - 2
aber auf Grund ihrer Allianzen mit den Frontreichen
an ihren Grenzen war die Armee des Reiches der Axt gelegentlich in
Kontakt mit Briganten und Plünderern der Hradani gekommen –
und im Lauf der Jahrhunderte sogar ein- oder zweimal mit Invasi
onstruppen. Bahzell selbst hatte noch nie in einer Schlacht gegen
Axtmänner gekämpft, die wenigen ergrauten Hradani-Veteranen
aber, mit denen er geredet hatte, sprachen immer mit sehr viel Re
spekt, ja sogar mit Furcht von der Königlich-Kaiserlichen Armee.
Vor die Wahl gestellt, hätten sie zwar lieber gegen Axtmänner als
gegen die Windreiter der Sothôii gefochten, aber die Entscheidung
wäre ihnen schwer gefallen.
Keine andere Infanterie auf der Welt konnte sich mit der Armee
von Königkaiser Kormak messen. Schon vor der Annexion von
Zwergenheim Mitte des letzten Jahrhunderts war ein Viertel der Be
völkerung des Reiches Zwerge gewesen. Der Rest der Bewohner be
stand hauptsächlich aus Menschen, doch es gab auch eine gesunde
Mischung aller Arten, ausgenommen natürlich Hradani. Diese bis
dahin unbekannte Vermischung und die Eheschließungen unter den
verschiedenen Menschenrassen, die – weil das Königreich der Axt
als sicherer Zufluchtsort für Flüchtlinge aus Kontovar galt – dorthin
geströmt waren, hatte sich auch im Reich der Axt fortgesetzt. Im
Vergleich zu den Sothôii, der Menschenrasse, die Bahzell am ver
trautesten war, kamen ihm die meisten Menschen im Reich recht
klein vor. Es gab zwar auch hier Ausnahmen, wie zum Beispiel Vai
jon, aber nur wenige von ihnen wären vermutlich sonderlich erfreut
über die Vorstellung gewesen, sich mit Feinden von der Größe eines
Hradani in einen Zweikampf verwickelt zu sehen.
Aus diesem Grund sorgte die Königlich-Kaiserliche Armee so gut
wie möglich dafür, dass ihre Angehörigen niemals in eine solche
Lage kamen. Es war angesichts des hohen Anteils an Zwergen im
Reich keine Überraschung, dass ihre Truppen vor allem aus Infante
rie bestanden. Doch auch wenn die Axtbrüder, die Elitegarde und
die persönlichen Diener des Königkaisers, ihren Namen von den
großen, doppelschneidigen Streitäxten ableiteten, die sie in der
Schlacht schwangen, war diese traditionelle Zwergen- und Pferde
diebswaffe nur auf ihre Angehörigen beschränkt. Zwergische Axt
männer waren schon immer Furcht einflößende Gegner gewesen.
Doch die Armee, die die eisenharten Berufssoldaten des KöniglichKaiserlichen Offizierkorps aufgebaut hatte, war noch Furcht einflö
ßender. Die meisten Offiziere waren Absolventen der »Kaiser Tor
ren Militärakademie« hier in Beilhain.
Bahzells Vater wurde nicht müde zu behaupten, dass keine orga
nisierte Armee einer unorganisierten Truppe unterlegen wäre, ganz
gleich wie groß sie sein mochte. Und dass er es am Ende geschafft
hatte, dieses Axiom in die steinharten Schädel seiner Pferdediebe zu
hämmern. Außerdem war er dafür verantwortlich, dass sie die Blut
klingen so vernichtend hatten schlagen können, deren Truppenstär
ke der seinen oftmals doppelt überlegen gewesen war. Dennoch gab
sich Bahzell keinen Illusionen hin. Trotz aller Reformen seines Va
ters hätte eine Armee der Axtmänner Prinz Bahnaks Alliierte ebenso
leicht besiegen können, wie er Navahk und dessen Verbündete be
zwungen hatte.
Die Infanterie des Reiches wurde bis zur Erschöpfung in Formati
onskampf gedrillt, der den Barbaren, zum Beispiel traditionellen
Kriegern der Hradani, fremd war. Sie kämpften lieber als Individua
listen. Selbst unter Prinz Bahnaks Truppen hielt sich dieses grundle
gende Einzelgängertum, wenn auch auf einem instinktiven Niveau,
das nur durch härtesten Drill und noch härtere Disziplin bezwun
gen werden konnte. Kein Axtmann dagegen dachte auch nur annäh
rend so. Seine Ausbildung konzentrierte sich auf die Notwendigkeit,
als Mitglied eines sich gegenseitig unterstützenden Ganzen zu
kämpfen, das sehr sorgfältig organisiert war, um die Wirksamkeit
seiner einzelnen Teile zu verbessern.
Die wichtigste Manövereinheit der Axtmänner war das tausend
Mann starke Bataillon. Es bestand aus zehn Kompanien mit jeweils
hundert Kriegern. Jede Kompanie war in zehn Mann starke Manipel
aufgeteilt. Dieses Bataillon bildete das Herz der taktischen Formati
on, »Torren« genannt – nach dem gleichnamigen Kaiser von Konto
var, der sie erfunden hatte. Die zwei oder drei Schlachtreihen einer
Torren ähnelten einem gewaltigen Schachbrett, das aus Blöcken von
Infanterie bestand, die jede einen Spalt zwischen sich und den
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