Weber David - Schwerter des Zorns - 2
Schwerter aussahen, und aus denen sein Ruhm hell leuch
tend in die Nacht drang.
Die beiden kleineren Eingänge rechts und links neben dem Haupt
portal schienen kaum weniger beeindruckend. Vor ihnen hielten
Ritter in der vollen Montur des Ordens Wache. Sie wirkten trotz der
eisigen Kälte wie reglose Statuen. Bahzell fühlte sich ein wenig un
wohl, als das bunte Licht aus den Fenstern auf sie fiel und ihm klar
wurde, dass Wencit sie geradewegs zum Hohen Tempel des To
manâk geführt hatte. Ein Kampf gegen Wolfsbrüder, Dämonen oder
von Dunklen Göttern verhexte Klingen war eine Sache – sich in die
Höhle des Löwen zu begeben jedoch etwas ganz anderes.
»Bei der Harfe!« Das ehrfürchtige Flüstern klang in dem kurzen
Abflauen des Sturmes seltsam deutlich. Bahzell sah Brandark an.
Diesen Ausspruch hatte er erst zweimal gehört, seit er Brandark
kannte, und zum ersten Mal schien die gewandte, gebildete Blut
klinge ebenso stumm vor Staunen wie Bahzell zu sein.
»Beeindruckend, nicht wahr?« Wencits Worte klangen kein biss
chen ironisch, und sie verspotteten auch die Erwiderung der Hrada
ni nicht. Sein nüchterner Tonfall unterstrich nur die Tatsache, dass
keine sterblichen Hände ein Bauwerk mit einer solchen Macht und
Ausstrahlung hatten errichten können.
Niemand antwortete ihm. Herr Yorhus und seine Gefährten waren
schon einmal hier gewesen, doch sie wirkten ebenso ehrfürchtig wie
Bahzell und Brandark. Die Reaktion der beiden Hradani ließ sie den
Tempel sogar mit neuen Augen sehen, als würden sie ihn zum ers
ten Mal erblicken. Seine Pracht machte sie wortlos. Das glänzende
Portal und die schimmernden Fenster versprachen Wärme und Be
haglichkeit, aber dennoch beeilte sich keiner der halb erfrorenen Rei
senden, ins Innere zu gelangen. Sie saßen auf ihren Pferden oder
standen einfach da und betrachteten den Tempel, als fürchteten sie,
den magischen Bann durch eine Bewegung zu stören.
Plötzlich schwang das gewaltige Mittelportal auf. Licht strömte
heraus und glitt wie ein goldener Teppich über die Stufen. Ein Dut
zend bewaffneter und gepanzerter Gestalten schritten diesen Tep
pich aus Licht hinab. Der braunhaarige Mann an ihrer Spitze mochte
ein paar Zentimeter kleiner sein als Vaijon, trug einen lockigen Bart
und hatte mächtige Schultern. Tomanâks Schwert und Morgenstern
auf seinem Übermantel waren aus Goldfäden gewirkt, er hielt einen
gefiederten Helm in der Beuge seines linken Armes, und auf der
Scheide seines Breitschwertes funkelten Rubine und Saphire wie
Feuer.
Es bestand kein Zweifel daran, dass er diese Gruppe von Kriegern
befehligte, aber die Frau, die einen halben Schritt hinter diesem
Mann folgte, wirkte mindestens ebenso fesselnd. Ihr Anblick über
raschte Bahzell, denn es war das erste Mal, dass er eine Kriegerbraut
sah, seit er sich im Reich der Axt aufhielt. In seinem Volk wurden
die Frauen zwar in den Grundlagen der Kampftechnik ausgebildet,
aber das war hauptsächlich eine Vorsichtsmaßnahme. Für die
Hradani galten Frauen als zu kostbar, um zu riskieren, sie beim
Kampf zu verlieren. Im Gegensatz zu den Männern waren sie im
mun gegen die Blutrunst, was sie zu Garanten der ohnehin schon
schwächlichen Stabilität innerhalb der Clans machte. Einige Clans
betrachteten die Pferdedieb-Hradani sogar als Ketzer, auch wegen
dieser geringen Ausbildung ihrer Frauen an den Waffen. Natürlich
wusste Bahzell, dass andere Völker andere Sitten hatten. Die Kriegs
bräute der Sothôii zum Beispiel mochten von konservativeren Krie
gern ihres Volkes als Außenseiter geächtet werden, aber sie waren
weithin als die beste leichte Infanterie der bekannten Welt gefürch
tet. Und Zwergenfrauen fochten für gewöhnlich Schulter an Schul
ter mit den Männern ihres Clans. Die meisten Menschenrassen je
doch behielten den Männern den Kriegsdienst vor, wenn auch nur
wegen der Größe und Kraft. Bahzell hatte angenommen, dass sich
dies bei den Axtmännern ebenso verhielt.
Bis jetzt. Die Frau, die die Stufen zu ihm hinunterschritt, erinnerte
ihn beinah übermächtig an Zarantha von Jashân. Er merkte jedoch
rasch, dass dieser Vergleich nicht zutraf. Oder doch? Zarantha und
ihre Zofe Rekha waren immerhin die einzigen Menschenfrauen, die
er wirklich kennen gelernt hatte. War dies der Grund für das merk
würdig vertraute Gefühl, das er beim Anblick dieser Frau empfand
– oder steckte etwas anderes dahinter? Zarantha war eine starke Per
sönlichkeit und hatte immer ein Gefühl von Zuversicht und
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