Weber David - Schwerter des Zorns - 3
oder den achtzehn Jahren als Lordhüter der Warmen Quellen.
Nicht ein Mal. Das allein war schon schlimm genug, doch er bemerkte auch die Erinnerung an das Entsetzen in ihren Augen, an
eine namenlose Furcht. Nichts von dieser Welt vermochte einen
Windrenner so zu erschrecken! Wenn die zitternden Stuten nur zu
ihm sprechen könnten!
Alfar hatte Recht. Sie brauchten einen Windreiter und das
schnellstmöglich! Außerdem musste dieser Vorfall gemeldet werden. Die Angst legte sich wie eine eisige Pranke um seine Kehle, als
ihm der Gedanke durch den Kopf schoss, dass dies, was dieser Herde widerfahren war, jederzeit einer anderen Windrennerherde zustoßen konnte. Vielleicht war die Lage ja sogar noch viel dramatischer. Möglicherweise folgte ihnen das, was sie dort draußen auf der
Ebene des Windes überfallen hatte, bis hierher, um die Herde vollkommen zu vernichten. Was auch immer es gewesen sein mochte, es
konnte kein natürlicher Angreifer gewesen sein! So viel war ihm
klar. Die Frage war nur, was konnte es sonst gewesen sein? Solange
Edinghas keine Ahnung von der Antwort auf diese Frage hatte,
wusste er auch nicht, wie er es bekämpfen oder aufhalten konnte. Ja,
er vermochte nicht einmal zu sagen, ob er dieses Unsägliche überhaupt daran hindern konnte, jedes seiner Opfer, das irgendwie entkommen war, aufzuspüren und zu erlegen. Eines jedoch wusste er
genau. Bevor Edinghas von den Warmen Quellen dies zuließe, würden er und alle Bewaffneten, die er befehligte, tot mit ihren Bögen
und Schwertern in der Hand in einem Kreis um diesen Stall herum
liegen!
»Relhardan!« Barsch rief er den Kommandeur seiner Bewaffneten
zu sich.
»Jawohl, Milord!«
»Lasst Eure Männer antreten. Alle, in voller Bewaffnung. Sie sollen
die Zinnen bemannen. Ich will, dass Ihr einen Kreis um diesen Stall
bildet. Nichts darf hineingelangen. Nichts…!« Seine Stimme brach,
und er holte kurz Luft, um sie wieder unter Kontrolle zu bringen.
»Nichts darf ihnen hier zustoßen!«, fuhr er eisenhart fort, als er auf
die zitternden, halb toten Windrenner deutete. »Ganz und gar
nichts!«, zischte er.
»Jawohl, Milord«, bestätigte Relhardan schlicht. »Dafür sorge ich.
Ihr habt mein Wort!«
»Ich weiß.« Edinghas klang wieder etwas vertrauter. Er umklammerte kurz Relhardans Arm und dann trottete der Kommandeur
zielstrebig davon, während er laut nach seinen Unteroffizieren rief.
Edinghas drehte sich zu Alfar herum.
»Ich weiß, dass Ihr erschöpft seid, genauso wie Euer Ross«, erklärte er. »Wir müssen Baron Tellian dennoch verständigen. Sucht Euch
das beste Pferd aus, das wir haben, oder nehmt meines. Dann reitet,
Alfar, reitet so, wie Ihr noch nie zuvor in Eurem Leben geritten seid
und berichtet dem Baron alles, was Ihr gesehen habt.«
»Jawohl, Milord. Was werdet Ihr derweilen unternehmen?«
»Ich warte hier in diesem Stall auf Eure Rückkehr«, versprach ihm
Edinghas. »Was auch passiert, ich bin hier in diesem Stall, wenn Ihr
zurückkehrt.«
13
D IESMAL WAR DER Zusammenstoß tatsächlich ein Zufall.
Bahzell war auf dem Weg in seine Gemächer und ging durch den
Gang vor Tellians Bibliothek, während er über die Antwort des Barons auf die Nachricht von Lord Festian nachdachte, die Sir Yarran
überbracht hatte. Tellian hatte drei Tage über einer angemessenen
Erwiderung gebrütet, und Bahzell hoffte, dass der Plan des Barons
gelingen möge. Allerdings musste er zugeben, dass er nach wie vor
einige Bedenken hegte. Wenn Leute wie dieser Lordhüter Saratic so
versessen darauf waren, Lord Festians Hüterschaft zu unterminieren, würden sie den Wink vielleicht gar nicht beachten, den Tellian
ihnen schickte. Vor allem nicht, wenn Baron Cassan so tief darin
verwickelt war, wie es die Beweise nahe legten. In diesem Fall könnte Tellians Entscheidung, zweihundert seiner eigenen Soldaten unter
dem Kommando seines Neffen nach Kleinharrow zu entsenden, genau diejenige Konfrontation herausfordern, die sie verhindern sollte.
Dass Tellian ausgerechnet Trianal das Kommando über die Verstärkung übertragen hatte, löste durchaus widersprüchliche Gefühle
in Bahzell aus. Der Jüngling besaß ein hitziges Temperament, wie es
bei einem so jungen Menschen nicht anders zu erwarten war. Dennoch hatte er während der königlichen Expedition ins Geistermoor
mehr Blut gesehen als viele seiner Altersgenossen. Damals hatte er
zwar nicht das Kommando geführt, aber er hatte doch diese Welt
von Kampf und Blutvergießen mit eigenen Augen erlebt, und trotz
seines
Weitere Kostenlose Bücher