Weber David - Schwerter des Zorns - 3
unbedingt mit ihm
anlegen will, findet sich irgendwann blutüberströmt in der Gosse
wieder.« Er schüttelte den Kopf. »Geratet besser nicht in Panik,
Mädchen. Der Baron hat mehr Pfeile im Köcher als die meisten anderen, und er wird sie ohne zu zögern einsetzen, wenn es um Euch
geht.«
»Das weiß ich«, antwortete Leeana. Sie lächelte zwar bebend, ihre
Augen aber leuchteten wieder. »Das weiß ich.«
»Hast du Leeana heute Morgen gesehen, Liebes?«
Baroness Hanatha sah bei der Frage ihres Ehemannes auf und lächelte ihn wehmütig an.
»Nein.«
»Sie hat das nicht gut aufgenommen«, erklärte Tellian klagend,
was Hanatha mit einem lauten Lachen quittierte.
›»Nicht gut aufgenommen‹?«, wiederholte sie. »Liebster, das ist
die Untertreibung des Jahrzehnts!«
»Das weiß ich auch«, antwortete Tellian gereizt. »Aber wenigstens
ist ihr klar, dass ich sie niemals zwingen würde, jemanden zu heiraten, schon gar nicht so einen Kerl wie diesen vom Schwarzenberge!«
»Was das Herz weiß, ist nicht immer auch das, was der Verstand
erkennt, jedenfalls mit vierzehn Jahren nicht«, erwiderte Hanatha
liebevoll. »So sehr ich dich liebe, und ein so guter Mann du auch
bist, Liebster, du bleibst doch ein Mann.«
»Was bedeutet das, abgesehen vom Offensichtlichen?« Jetzt klang
Tellian unverhüllt mürrisch.
»Das bedeutet, dass du letzten Endes nicht wirklich verstehst, was
es heißt, wenn jede wichtige Entscheidung in deinem Leben von jemand anderem getroffen wird.«
Hanathas Antwort klang zwar weder wütend noch verurteilend,
ihr Tonfall aber war verdächtig ausdruckslos, und Tellian warf ihr
über den Frühstückstisch hinweg einen scharfen Blick zu.
»Leeana weiß sehr gut, wie sehr du sie liebst, so wie ich weiß, wie
sehr du uns beide liebst«, fuhr sie zärtlicher fort. »Dennoch bleibt
die Tatsache bestehen, dass wir unsere Leben nur deshalb so leben
können wie wir wollen, weil deine Liebe es uns ermöglicht. Leeana
fühlt sich auf eine Art und Weise beschränkt, wie das kein Sohn an
ihrer Stelle jemals empfinden müsste. Dabei verstärkt dies ihre Liebe
zu dir noch, weißt du das?«
Dies verwirrte den Baron sichtlich und Hanatha schüttelte sanft
den Kopf.
»Natürlich tut es das. Sie weiß, wie viel Freiheit ihr gewährt wird.
Und sie weiß auch, wie leidenschaftlich du sie beschützt. Ihr ist auch
klar, wie viel du für sie zu opfern bereit wärest, und dafür liebt sie
dich. Letztlich, Tellian, weiß sie aber auch, wie viel dich das kosten
kann. Und sie kann einfach nicht vergessen, dass sie diese Entscheidungen niemals wirklich alleine treffen darf. Sondern dass sie nur
deshalb frei ist, weil ihr jemand anders diese Freiheit gewährt. Sie
kann sie weder allein erhalten noch ihr Leben darauf gründen. Ist es
also ein Wunder, dass sie diesen Antrag ›nicht gut aufgenommen‹
hat?«
»Nein.« Tellian schaute auf den Schinken und das Rührei auf seinem Teller. »Nein, selbstverständlich nicht.« Er stocherte mit der
Gabel in der Speise herum, nahm schließlich ein dünnes Stück Blätterteigbrot und schmierte Butter darauf. »Glaubst du, ich sollte noch
einmal mit ihr darüber sprechen?«, fragte er nach einer Weile.
»Nein«, entgegnete Hanatha. »Jedenfalls nicht jetzt. Ihr beide habt
bereits alles beredet, was es zu sagen gab. Ob ihr auch verstanden
habt, was der andere wirklich gemeint hat, steht auf einem anderen
Blatt. Doch bis sich ihre Gefühle -und auch die deinen, Liebling – ein
wenig beruhigt haben, wirst du nichts weiter klären können. Am
besten lässt du ihr etwas Zeit, zu sich zu kommen. Lass sie auf ihre
Art damit fertig werden.«
»Wahrscheinlich hast du Recht«, räumte er nachdenklich ein. Er
biss in den Blätterteig, kaute bedächtig und runzelte schließlich die
Stirn. »Andererseits könnte ihre Abwesenheit vom Frühstück darauf
hindeuten, dass sie nicht besonders gut damit zurecht kommt«, bemerkte er.
»Ich erwarte auch nicht, dass sie das an einem einzigen Tag verarbeiten kann«, wandte seine Frau ein. »Bevor sie gestern schlafen gegangen ist, hat sie mir noch gesagt, dass sie heute Morgen mit Boots
ausreiten wollte. Und zwar lange.«
»Wie lange?« Tellian sah sie besorgt an und Hanatha zuckte die
Achseln.
»Vermutlich den ganzen Tag«, erklärte sie. »Deshalb überrascht es
mich gar nicht, dass sie nicht mit uns frühstückt. Sie wollte früh aufbrechen und ist vermutlich in die Küche gegangen, als die Bediensteten das Frühstück noch vorbereiteten. Sicher hat sie die
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