Wechsel-Wind
sollte es nicht dauern, bis eure Führerin ankommt. Kann euer Rollhaus sich mit Trabgeschwindigkeit bewegen?«
»Auf festem ebenen Grund schon«, antwortete Dad. »Dieser Sandstrand scheint dazu geeignet.«
»Das hier ist der Rand der Goldküste«, erklärte die Zentaurin. »Später könnt ihr die Trollstraße benutzen, die mit Sicherheit stabil ist. Ich laufe voraus, und ihr könnt mir mit der Geschwindigkeit folgen, zu der euer Haus fähig ist.«
Also stieg die Familie ins Wohnmobil, Dad startete wieder den Motor, und sie fuhren Sheila nach Westen hinterher. Die Kinder spähten durch die Windschutzscheibe, um zu sehen, wohin es ging.
Zuerst ging die Zentaurin im Schrittempo. Als sie eingeholt wurde, verfiel sie in Trab. Als das Wohnmobil sie wieder einholte, galoppierte sie los, und ihre Mähne flog hinter ihr her. »Ich wünschte, ich könnte sie jetzt von vorn sehen«, murmelte Sean.
»Du hast schon genug von ihr gesehen«, erwiderte Mom streng.
Sie kamen mit 40 Stundenkilometern voran, offenbar die Marschgeschwindigkeit der Zentaurin. Bald gelangten sie an etwas, das man nicht anders beschreiben kann als ein riesiges Kissen, das mitten auf dem Sand lag. Dort hielt Sheila an, und Dad stoppte das Wohnmobil.
»Meine Güte, euer Haus ist aber wirklich sehr beweglich«, meinte die Zentaurin. Sie atmete heftig, und das bot Sean sicherlich jeden Anblick, von dem er bislang nur geträumt hatte. »Allmählich vermute ich, daß Mundanien gar nicht so langweilig ist, wie es immer heißt.«
»Es hat schon seine Vorzüge«, antwortete Dad.
Sheila sah auf ihr Handgelenk, wo zwei Augen aufgemalt waren. Sie blinzelten sie an, und sie schien darin ein sinnvolles Muster zu erkennen. »Eure Führerin muß bald hier sein«, sagte sie.
Dann machten sie es sich bequem, um auf das Eintreffen der Reisebegleiterin zu warten.
3
Chlorine
Chlorine war glücklich. Was gab es Besseres, als wunderschön und klug zu sein und sich in der Gesellschaft eines stattlichen und klugen (aber stummen) Mannes zu befinden? Leider verblaßte ihr Glück allmählich. Niemand war da, um ihre strahlende Erscheinung zu sehen, und Nimby war eigentlich eher scheinbar als real. Das sollte heißen, daß er zwar den Anschein eines Prinzen besaß, in Wahrheit aber keiner war. Und er stellte die Quelle ihres Glückes dar. Also zählte er eigentlich gar nicht. Sie mußte unter echte Leute, deren Bewunderung und Neid wirklich etwas bedeutete. In ihr Heimatdorf konnte sie nur leider nicht gehen, denn dort konnte jemand sie erkennen, und dann wüßten bald alle, daß ihre Schönheit nur Täuschung war, und sie wußte so gut wie nichts über andere Dörfer, in die sie gehen konnte. Wie also sollte sie einen angemessenen Ort finden, an dem sie sich echten Menschen zeigen konnte? Mit ihrem neuen, wachen Verstand begab sie sich an die Lösung des Problems.
Ein helles Licht ging ihr auf. Sie würde sich mit einer Frage an den Guten Magier wenden! Das war eine vernünftige Handlung, und wenn sie ihm danach auch ein Jahr lang Dienst leisten mußte, so würde sie in dieser Zeit ihre neu gewonnenen Vorzüge doch ständig zur Geltung bringen können. Möglicherweise konnte sie sogar etwas Nützliches tun – wenn der Dienst sinnvoller Natur wäre –, und das stellte ihre neu erworbene freundliche Seite zufrieden.
Aber sie benötigte eine Frage. Was sollte sie vernünftigerweise fragen? Was wollte sie wirklich wissen?
In diesem Augenblick ging ihr wieder das Licht auf. Ach, wie sehr mochte sie doch diesen wachen Verstand, der so viel leistungsfähiger war als ihrer alter; wenn sie ihm eine Frage vorlegte, dann beschäftigte er sich mit der Energie von zwanzig Zentauren damit. Sie würde fragen, wo ihre verlorene Träne sich befand. Das wollte sie schon seit Jahren wissen, und jetzt endlich bot sich eine Gelegenheit, das herauszufinden.
»Nimby«, verkündete sie, »wir gehen zum Schloß des Guten Magiers und stellen ihm eine Frage.«
Nimby sah sie fragend an. Er wirkte leicht nervös. Vielleicht glaubte er, der Gute Magier Humfrey würde ihn nicht leiden können.
»Nur keine Sorge«, beschwichtigte sie ihn. »Ich werde ihm berichten, wie freundlich du zu mir warst, obwohl du eigentlich nur ein eselsköpfiger Drache bist. Ich bin sicher, daß er Verständnis für dich aufbringt.«
Nimby schien nicht zur Gänze überzeugt zu sein, aber er würde sich schon beruhigen, wenn er erst sah, daß alles in Ordnung war. Der Gute Magier wußte alles, also würde er auch
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