Wechselspiel der Liebe
auf, blies welke Blätter vor ihre Füße, und die Sonne näherte sich dem Horizont. Von einer seltsamen Furcht erfaßt, schaute Tara sich um. Nirgends ließ sich einer der bewaffneten Männer blicken, die sonst regelmäßig in der näheren und weiteren Umgebung des Hauses patrouillierten.
Hastig floh sie zum Tor des Friedhofs, wo unsichtbare Augen in den Schatten zu lauern schienen. Irgend etwas zerrte an ihrem Rock, und sie geriet in Panik. War der Geist von Jarretts erster Frau zurückgekehrt, um ihr zu erklären, sie habe nichts auf Cimarron zu suchen? Doch ihr Rock hatte sich nur an einer schmiedeeisernen Rosette verfangen. Sie riß ihn los und zwang sich, ihre Schritte zu verlangsamen und in würdevoller Haltung zum Haus zu gehen. Doch ihre Zähne klapperten unentwegt.
In der Bibliothek schenkte sie sich einen Whiskey ein, der brennend durch ihre Kehle rann, aber die gewünschte Wirkung erzielte. Nun fühlte sie sich etwas ruhiger und ziemlich albern. Nachdenklich wanderte sie umher und gelangte zu der Überzeugung, daß sie bald herausfinden würde, was sie wissen wollte.
Sie erklärte Hattie, an diesem Abend würde sie in ihrem Zimmer essen, und bat sie, ein Tablett hinaufzuschicken. Als Jeeves ihr das Dinner brachte, dankte sie ihm, weil er ihr den Friedhof gezeigt hatte, stellte aber keine einzige Frage. Statt dessen betonte sie lächelnd, es sei bewundernswert, wie gut und effizient die Plantage betrieben werde.
»Natürlich habe ich noch nicht viel davon gesehen, und ich bin mir nicht einmal sicher, wo genau Cimarron liegt.« Sie setzte sich aufs Bett und zeichnete mit einem Finger die imaginären Umrisse der Halbinsel nach. »Zeigen Sie mir doch die Stelle, Jeeves!«
Gehorsam ging er zu ihr. »Da sind die Florida Keys und die Sümpfe. Hier ist Jacksonville, südlich davon St. Augustine, auf der anderen Seite der Halbinsel Pensacola, in der Mitte Tallahassee, die Hauptstadt, westlich davon Tampa. Und hier verläuft der Fluß, da sind wir. Dahinter erstreckt sich das Indianer-Territorium. Dieses ganze Gebiet gehört Master Jarrett. Und da beginnen Mr. Treats Ländereien ...«
Tara hörte nicht mehr zu und unterdrückte ein Lächeln. Also lebte Robert nur ein Stück weiter unten an dem Bach, der den Rasen durchquerte und in den Fluß mündete. Am nächsten Morgen würde sie zu ihm reiten.
An diesem Abend ging Jeeves nicht zu Bett. Er saß in der Bibliothek seines Herrn, in einem der tiefen Plüschsessel, und studierte den Inhalt der Bücherregale. Klassiker, Romane, Familientagebücher, medizinische Werke über Heilkräuter und häusliche Behandlungsmethoden diverser Krankheiten, die gebundenen Kopien der Gemälde von Audubon, Bücher über die Flora und Fauna Floridas, über giftige Schlangen und gefährliche Pflanzen, militärische Werke, darunter eins mit Jacksons Widmung ...
Schon immer hatte er es interessant gefunden, den Lesestoff eines Menschen zu erkunden. Mr. Treat besaß eine noch größere Bibliothek, die Jeeves ebenfalls sehr gut gefiel. Und er mochte beide Gentlemen.
Er selbst war als freier Mann zur Welt gekommen. Nicht so seine Eltern. Sein Vater Jonah hatte einem Farmer aus Georgia gehört, dem von den Spaniern ein Stück Land außerhalb St. Augustines zugeteilt worden war. Dort lernte Jonah seine künftige Frau Maria kennen, einen Indianermischling mit Negerblut. Sie konnten nicht lange beisammenbleiben, doch in dieser kurzen Zeit wurde Jeeves gezeugt.
Die Sklaven rebellierten, und um Schwierigkeiten zu vermeiden, versuchte der Farmer seine kräftigen Feldarbeiter zu verkaufen. Aber Jeeves' Vater flüchtete und schloß sich einer Neger-Seminolen-Bande an. Der Farmer fürchtete, Jonah würde zurückkehren, um seine Frau zu holen und für Mord und Aufruhr zu sorgen. Er war jedoch ein anständiger, kluger Mann und erbot sich, Jonah und Maria ein kleines Stück Land zu verpachten. Noch vor Jeeves' Geburt schenkte er ihnen die Freiheit. Was sie ihm schuldeten, dankten sie ihm mit harter Arbeit.
Als junger Mann beschloß Jeeves, in den Norden zu gehen. In Baton Rouge hatte ihn eine französische Hure lesen und schreiben gelehrt, und er wußte seine Kenntnisse zu nutzen. Mühelos konnte er alle möglichen Akzente imitieren und fand heraus, daß ein britischer Tonfall ihm zu interessanten Jobs verhelfen würde. Bald bekam er eine gute Stellung in Boston, wo er eine Zeitlang blieb. Dann kehrte er nach Hause zurück.
In St. Augustine erfuhr er, daß seine Eltern nun für einen ehemaligen
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