Wechselspiel der Liebe
schüttelte Mary den Kopf und hob zwei Finger.
»Aber mir kam's wie eine Ewigkeit vor.«
Bald danach kehrten Tara und Jarrett in ihre eigene Hütte zurück. Müde und zufrieden schlüpfte sie aus ihren Kleidern und streckte sich zwischen den Felldecken aus. Doch dann fiel ihr etwas ein, und sie richtete sich wieder auf. »Jarrett, als James mich ins Dorf brachte, war Osceola hier. Seither habe ich ihn nicht mehr gesehen. Wo ist er?«
Jarrett zuckte die Achseln und zog sein Hemd aus. »Obwohl er mit Mary und James verwandt ist, lebt er bei seiner eigenen Familie.«
»Und warum kam er in dieses Dorf?« fragte sie zögernd. »Um Männer für seinen Kampf zu holen, nicht? Weil er weiße Siedler angreifen will?«
»Wie soll ich das wissen, Tara!« entgegnete er ungeduldig.
»Doch, du weißt es!« beschuldigte sie ihn.
»Osceola führt einen Krieg. Unter solchen Umständen weiht er mich nicht in seine Pläne ein.«
»Aber wenn er dich braucht, wird er dich aufsuchen.«
»Und wenn ich ihn brauche, gehe ich zu ihm.« Er kroch unter die Pelzdecke und nahm seine Frau in die Arme.
Nicht einmal seine verführerische Nähe konnte Taras Sorge verdrängen. Da er ihren Fragen ausgewichen war, sah sie ihre Vermutung bestätigt. Zweifellos trommelte Osceola so viele Krieger wie nur möglich zusammen, um die Weißen zu attackieren.
Die Stute Celine war längst alleine nach Hause gelaufen, und so saß Tara vor Jarrett auf dem Rücken Charlemagnes, der das zusätzliche Gewicht nicht zu spüren schien. Zum Abschied hatte sie Mary, Naomi, die Kinder und sogar James umarmt. Alle Dorfbewohner hatten ihr freundlich zugewinkt, was sie tief berührte. Wie konnte Jarrett es nur ertragen, im Kreuzfeuer zweier Welten zu stehen? Hoffentlich würde er das grausige Blutvergießen überleben.
Während sie durch den Wald ritten, schlief sie ein, an die Brust ihres Mannes gelehnt. Sie erwachte erst, als er am Ufer eines Bachs anhielt. Beide tranken von dem klaren Wasser, auch der Rotschimmel stillte seinen Durst.
Dann wandte sich Jarrett nach rechts, und Tara folgte ihm. Zu ihrer Verwunderung blieb er vor einem ausgehöhlten, gefällten Baum stehen, über den sich ein Pfahl spannte, von gekreuzten Stangen gestützt, wie ein Bratspieß. Kleidungsstücke und Felle hingen daran. Über Haschenkürbissen und Schüsseln mit verfaulten Speisen schwirrten zahllose Hiegen.
Ein Grab, dachte Tara. Unbehaglich schaute sie Jarrett an, der mit leiser Stimme erklärte: »Hier hat >Kleiner Wilder< seine letzte Ruhestätte gefunden.«
»Ein Freund?«
»Früher kannte ich ihn.«
»Hat er an einer tödlichen Krankheit gelitten?«
»Da liegen noch seine Waffen, das Gewehr und der Speer, bereit für die Geisterwelt. Er fiel auf dem Schlachtfeld.«
»Ein Krieger stirbt lieber im Kampf als im Bett, nicht wahr?«
»Vielleicht. Er war erst fünfzehn. Viel zu jung ... Reiten wir nach Hause.« Jarrett hob sie wieder aufs Pferd.
Wenig später erreichten sie den Zypressenwald, wo die folgenschwere Begegnung zwischen Tara und Osceola stattgefunden hatte. Und dann überquerten sie den Rasen von Cimarron. Das Glücksgefühl, das sie beim Anblick des Hauses empfand, erstaunte sie selbst. Als sie es verlassen hatte, war es immer noch Lisas Heim gewesen.
Jetzt sah sie keine Feindin mehr in Lisa. Cimarron blieb das Zuhause ihrer Vorgängerin, war aber auch ihr eigenes geworden.
»Ah, Jeeves eilt uns entgegen!« rief Jarrett. »Sicher wird er uns heute ein Festmahl auftischen.«
»Aber vorher möchte ich baden«, wandte Tara ein.
»Dieser Wunsch kann leicht erfüllt werden.« Geschmeidig schwang er sich vom Pferderücken und hob seine Frau herunter. Peter kam angelaufen, um Charlemagne in Empfang zu nehmen, und Jeeves strahlte übers ganze Gesicht.
»Willkommen daheim, Mrs. McKenzie! Wir haben Sie schmerzlich vermißt.«
»Danke, Jeeves.«
»Sie möchte baden«, verkündete Jarrett.
»Das dachte ich mir bereits, Sir, und da Sie mich über Ihre Rückkehr verständigt hatten, war ich so frei, die Wanne nach oben bringen zu lassen. Sie ist zur Hälfte mit heißem Wasser gefüllt, und über dem Feuer hängen weitere Kessel.«
»Oh, vielen Dank, Jeeves!« Tara überraschte den Butler mit einer stürmischen Umarmung. War eine solche Geste auf Cimarron verpönt? Nun, das kümmerte sie nicht. Lächelnd rannte sie ins Haus und die Treppe hinauf. Endlich wieder daheim ...
Im Schlafzimmer wartete tatsächlich eine dampfende
Wanne. Tara begann sich auszuziehen, doch
Weitere Kostenlose Bücher