Weck mich am Arsch!
Nachteile des Kinderkriegens im Klaren, unsere Spezies würde aussterben, da bin ich mir sicher.
Frischgebackene Eltern fügen sich aber allem Anschein nach gern in ihr Schicksal und opfern ihren Schlafrhythmus auf dem Altar der Evolution oder der Altersvorsorge, je nachdem aus welchem Blickwinkel man es betrachtet. Daran sind die Endor phine schuld, das sind körpereigene Drogen, die den neuen Lebens abschnitt zumindest am Anfang einigermaÃen erträglich machen.
Irgendwann kommen aber fast alle Mütter und Väter an einen Punkt, an dem sie sich nichts sehnlicher wünschen, als endlich einmal wieder auszuschlafen. Das ist dann die Zeit, in der das Experimentieren beginnt. Mit Tricks und Kniffen kämpfen die Gepeinigten um jede Minute morgendlichen Schlafs und werden ein ums andere Mal enttäuscht. Besonders beliebt unter frischgebackenen Eltern ist der Versuch, den Nachwuchs durch spätes Zubettbringen zu übermüden. Doch damit tut man sich keinen Gefallen. Wenn ein Kleinkind abends länger aufbleibt, heiÃt das noch lange nicht, dass es am nächsten Morgen auch länger schläft. Viel wahrscheinlicher ist, dass es zur gewohnten Zeit aufwacht, den ganzen Morgen lang müde und quengelig ist, mittags noch einmal schläft und dann abends keine Ruhe findet â eine jahrtausendealte Erfahrung, die wohl jede Generation aufs Neue machen muss. Das Einzige, was Eltern von Kleinkindern dabei hilft, endlich einmal wieder richtig auszuschlafen, sind verständnisvolle GroÃeltern.
Ich fände es überaus vernünftig, wenn man die Kindererziehung in den, sagen wir, ersten drei Jahren den GroÃeltern überlässt. Die meisten Menschen scheinen nämlich im fortgeschrittenen Alter mit weniger Schlaf auszukommen: Sie können oft nicht mehr gut einschlafen oder wachen schon in den frühen Morgenstunden auf. Dieses auch gern als »senile Bettflucht« bezeichnete Phänomen hat zwei Ursachen. Zum einen zeigen EEG -Untersuchungen, dass die langwellige Hirnaktivität, die für den Tiefschlaf bezeichnend ist, im Alter abnimmt. Darüber hinaus halten viele Senioren einen Mittagsschlaf, durch den der Schlafdruck am Abend deutlich reduziert wird. So führt später im Leben häufiges Einnicken tagsüber und wiederholtes Aufwachen in der Nacht zu einem ähnlichen Schlafmuster, wie es auch Säuglinge haben: eine ideale Voraussetzung für die Betreuung kleiner Schlafterroristen. Die ältere Generation hätte auÃerdem eine neue Aufgabe und Ãrzte, Apotheker und Verkäufer einen Grund zum Feiern, denn ohne ungeduldige Senioren könnten sie ihre Geschäfte und Praxen ruhigen Gewissens später öffnen.
Die Idee mag bestechen, doch wird sie wohl niemals genügend Freunde finden, um gesamtgesellschaftlicher Konsens zu werden. Also gilt für die ersten zwei bis drei Jahre: Augen auf und durch. In dieser Zeit sollte man alles daransetzen, dem Nachwuchs so schnell wie möglich das Sprechen beizubringen. Denn was nützt ein gebrummeltes »Lass mich schlafen!«, wenn das Kind noch gar nicht weiÃ, was die einzelnen Wörter bedeuten und was bitteschön ein Imperativ soll? Sobald diese kommunikative Hürde aber genommen ist, wird es zumindest am Wochenende Zeit für klare Spielregeln: Mama und Papa wollen ausschlafen. Und bis der Kleine endlich die Uhr lesen kann, behilft man sich einfach mit dem Sonnenstand: »Solange die Sonne, also das helle Ding da im Himmel, noch nicht über dem Haus/Baum/Fernsehturm da vorne steht, müssen Mama und Papa unbedingt schlafen, klar!?«
Natürlich klappt das nicht sofort. Wenn man zu einem Hund das allererste Mal »Platz!« sagt, schmeiÃt er sich auch nicht gleich schwanzwedelnd auf den Boden. Aber mit konsequentem Training und ein bisschen Ausdauer wird man über kurz oder lang den gewünschten Erfolg erzielen. Es ist mir bewusst, dass mich der Vergleich zwischen einem Kleinkind und einem Hund und die ausdrückliche Warnung vor dem Kinderkriegen in das Licht eines Kinderhassers rückt. Diesen Vorwurf möchte ich aber weit von mir weisen. Kinder sind etwas GroÃartiges! Aber gerade weil ich Kinder mag, ist es mir wichtig, das Thema »Kinderkriegen« ohne die übliche verklärende Entzückung zu beleuchten. Kinder schreien, machen Dreck und rauben einem den Schlaf. Das sind die Fakten. Dass es trotzdem Menschen gibt, die Eltern sein möchten, finde ich
Weitere Kostenlose Bücher