Weddingplanerin mit Herz (German Edition)
müsste einen kurzen Frack tragen, der ihm vorne knapp über die Brust, also nicht einmal bis zum Bauchnabel reicht und dazu enge Hosen, knie- oder wadenlang, ein dickes Tuch um den Hals, als ob er Mumps hätte und Stulpenstiefel. Das wäre zu viel des historischen Tributs. Gut aussehen soll er schließlich auch noch und nicht wie eine Mischung aus eitel herausgeputztem Geck und Clown.
Ich persönlich würde Joachim trotzdem gerne in einen Frack oder Cut stecken, weil die förmliche Klamotte nicht nur gut zum Kleid, sondern auch zu ihm passt. Er ist nicht der flippige Trendsetter-Typ, da kann er am Strand heiraten, so viel er will. Nach Kniggeregelnmüsste er sich aber umziehen, weil der wohlerzogene Herr einen Cut nur bis zum frühen Abend trägt und den Frack erst nach Sonnenuntergang. Diese Regel haben doch wieder die Schneider erfunden. Nicht sieben, aber immerhin zwei auf einen Streich!
Joachim schluckt. »Zwei Anzüge für einen Tag? Ich tue gerne, was du und Meli verlangen. Jedenfalls was die Hochzeit betrifft, aber ich hatte bei den Kosten für mein Outfit nicht vor, das Brautkleid zu überbieten.«
»Ich verstehe!« Und das tue ich wirklich, deshalb blicke ich mich in dem Laden um. Es ist anders als bei den Bräuten. Dezenter. Es gibt hier nicht nur Hochzeitsanzüge, sondern Anzüge für jede festliche Gelegenheit. Nicht umsonst erkennt man die Braut sofort und der Bräutigam könnte meistens so gut wie jeder der Anzugträger sein. Wir mussten nicht vorher einen Termin ausmachen, sondern sind einfach durch die Tür marschiert. Keiner hat sich auf uns gestürzt, lediglich im Hintergrund wartet sehr zurückhaltend ein Verkäufer, der springen würde, sobald wir den Arm heben. Es ist ebenso vornehm wie bei den Damen, aber weniger offensichtlich. In gedeckteren Farben, die Teppiche sind auch flauschweich und verschlucken jeden Schritt, aber nicht rot, sondern dunkelbraun. Hier wird Kleidung verkauft, keine Emotionen.
»Was hältst du von dem?«
Joachim hält mir einen dunkelbraunen Anzug hin. Ohne genauer hinzusehen will ich schon abwinken, als mir auffällt, dass es dafür keinen Grund gibt.
»Nicht schlecht«, muss ich zugeben. »Ist das deine Größe?«
Joachim nickt, blickt sich um und sagt: »Da drüben, ich probiere ihn mal.«
Ich bleibe allein zurück. Statt weiterzusuchen, verharre ich mitten in der Bewegung. Das ist merkwürdig, als Frau zwischen all den Anzügen, hier gehöre ich noch weniger hin als in die Brautboutique. Was soll’s, vielleicht haben wir ja bereits das Richtige. Ich wende mich zu den Umkleiden. Es ist so ruhig hier!
»Passt er?«, frage ich. Klein und zaghaft höre ich mich an, als angehende Hochzeitsplanerin gebe ich heute eine schlechte Vorstellung. Ich bemühe mich, den Frosch wegzuräuspern. Der Vorhang bewegt sich und durch den Spalt muss ich unweigerlich mit ansehen, wie Joachim noch rasch den Reißverschluss der Hose hochzieht. Nicht dass ich etwas gesehen hätte, aber das ist mir so peinlich, ich würde meinen Auftrag am liebsten abbrechen! Hilfe suchend blicke ich mich nach dem Verkäufer um. Und da wächst er auch gleich neben mir aus dem Boden.
»Darf ich Sie unterstützen?«
»Ja, bitte!«, flehe ich.
Er lächelt meine Unsicherheit weg. »Sie brauchen einen Hochzeitsanzug?«
Ich nicke. Joachim kommt aus der Kabine und dreht sich vor uns wie ein Model. Ein kleines bisschen eingerostet, aber mit weniger Hemmungen als ich.
»Eine gute Wahl! Ein Gehrock ist besonders elegantund Sie können ihn den ganzen Tag tragen!«, sagt der Verkäufer.
»Und? Passe ich zu Melis Kleid?«, will Joachim wissen.
Ja, das ist jetzt die Gewissensfrage, die auf meinen Schultern lastet wie Blei. Ich greife in meine Jackentasche und hole ein Stoffmuster heraus. Ein Stück vom gekürzten Rock des Brautkleids. Dieser Stoffstreifen muss nun alle Zweifel ausräumen.
»Ein kühles Weiß«, fachsimpelt der Verkäufer.
Sein Einwand hilft mir auf die richtige Spur. Ich erinnere mich an Endres und seine Farbenlehre. »Ja, vielleicht würde ein schwarzer oder grauer Anzug noch besser passen.«
»Wir haben das Modell auch in Grafit.«
Mit dem richtigen Anzug fügt sich der Rest wie ein Puzzle, sobald man die Randstücke gelegt hat. Eine silbrig-lichtgraue Weste darunter, das Plastron aus demselben Stoff und als i-Tüpfelchen mit einer Perlennadel bestückt. Das Hemd im gleichen Weiß wie das Kleid – perfekt! Achtundzwanzig Minuten und Joachim ist komplett ausgestattet inklusive Socken
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