Weddingplanerin mit Herz (German Edition)
Keiner weicht auch nur einen Millimeter. Bis mir plötzlich bewusst wird, wie nahe Noah mir ist. Er stutzt den Bruchteil einer Sekunde später. Unsere Augen treffen sich, wir sehen uns an. Mein Puls rast, nicht nur weil ich gerade gerannt bin.
Noah lässt meine Hüfte los, ich senke die Lider und gebe seinen Arm frei. Der Zauber ist vorbei. Mehr aus Verlegenheit ziehe ich mit der Fußspitze den Kronkorken zu mir heran.
»Du hast gewonnen.« Noahs Stimme klingt rau und belegt. Ich räuspere mich. »Reiner Glückstreffer! Ich habe von Fußball noch weniger Ahnung als von Afrika.«
»Was Fußball betrifft, kann ich dir bis auf die Nationalmannschaft kaum weiterhelfen, aber wenn du mehr über Afrika wissen willst …«
»Wahnsinnig gerne!«, beeile ich mich zu sagen.
Den Rest des Heimwegs erfahre ich viel über Kenia und Marokko, zwei der afrikanischen Länder, in denen Noah schon war, die Wüste Sahara, den Serengeti Nationalpark und die Tuareg, ein afrikanisches Nomadenvolk, zu denen das Mädchen mit dem dunkelblauenTurban auf dem letzten Foto gehört. Noah erzählt superspannend. Es ist nicht zu überhören, wie viel ihm seine Reisen nach Afrika bedeuten und er schafft es, dass ich ebenfalls am liebsten gleich die Koffer packen würde. Es ist echt erstaunlich, wie anders Noah ist, wenn kein Brautpaar in der Nähe ist und er über sein Traumland redet. Nichts mehr übrig von dem zynischen Lästermaul. Sein Gesicht glüht vor Begeisterung, alles an ihm strahlt und lacht. Seine Liebe zu Afrika beweist, wie viel Herz Noah hat. Mit jedem Satz wünsche ich mir mehr, einen Platz darin zu haben. Hand in Hand mit ihm auf Fotosafari – das wär’s! Da ist was zwischen uns oder es könnte was sein, glaube ich, hoffe ich, wünsche ich mir. Ob er mich vorhin geküsst hätte, wenn ich nicht weggesehen hätte? Aber er hat mich zuerst losgelassen. Leider kommt so ein Moment nicht wieder, nicht einmal vor meiner Haustür, worauf ich heimlich gesetzt habe. Ausgerechnet als wir ankommen, wirbelt meine Schwester heraus. Langsam wird es ernst, in drei Wochen ist die Hochzeit und Meli hält nicht nur mich und Madame auf Trab, sondern ihr gesamtes Umfeld. Meine Eltern, ihre Freunde, Joachim … Ständig ploppt sie überraschend bei einem von uns hoch und muss noch ganz dringend was besprechen oder ändern. Ich bin sehr dankbar, inzwischen etwas Routine mit anstrengenden Bräuten zu haben, sonst hätte ich längst einen ähnlich gehetzten Gesichtsausdruck wie unser Vater. Ihre Trauzeugin Frederike hat bereits laut überlegt, ob sie ebenfalls ein Honorar fürihre 24-Stunden-Bereitschaft verlangen soll, Joachims Eltern gehen nicht mehr ans Telefon, meine Mutter ist kein bisschen besser als Meli, meine Großeltern wollen sich ab nächster Woche schon mal nach Sylt absetzen, um aus der Gefahrenzone zu sein. Nur Joachim macht mit stoischer, nein eigentlich eher liebenswerter Ruhe alles mit. Ich musste meine Ansicht über ihn deutlich korrigieren. Wahrscheinlich wäre er mir nach wie vor zu trocken und farblos, aber ganz ehrlich, für meine Schwester ist er die einzig mögliche Lösung. Die beiden ergänzen sich wie der berühmte Topf mit seinem Deckel. Aus dem Schwesterntopf dampft und blubbert es dauernd heraus, es sei denn, Deckel Joachim ist in der Nähe und breitet sich besänftigend über sie. Dummerweise ist er jetzt gerade nicht da und Meli kann ungebremst auf Noah zustürmen.
»Du hast keine Fliege, oder? Ich kann Fliegen nicht ausstehen!«
»Eine Fliege?« Noah runzelt die Stirn.
»Du bist doch Julias Begleiter, oder?«
Ich hüstle und Melis Blick flattert zu mir. »Du hast doch einen Begleiter? Du musst einen haben, mit wem willst du sonst tanzen?«
Natürlich, es geht um die Hochzeit, worum auch sonst. Aber das kapiert Noah nicht, wie auch, ich habe ihm noch nicht gestanden, dass der Wahnsinn, den er verurteilt, demnächst auch in meiner Familie Einzug hält.
»Ich werde auf deiner Hochzeit sowieso kaum zumTanzen kommen, wenn du weiterhin Sonderaufgaben verteilst wie Karnevalskamelle!« Nach diesem Rundumschlag an meine Schwester wende ich mich Noah zu. »Bist du für die Hochzeit eigentlich gebucht?«
Man kann die Glühbirnen der Erkenntnis förmlich über ihm aufleuchten sehen. » Das ist die Sylttrauung! Endres hat mich eingetragen.«
Ich nicke und verdrehe die Augen so dezent, dass nur er es sieht. Meli braucht ein bisschen länger, bis sie begreift. »Du bist ein Arbeitskollege, nicht Julias Freund,
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