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Weg da das ist mein Fettnapfchen

Weg da das ist mein Fettnapfchen

Titel: Weg da das ist mein Fettnapfchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Notaro Laurie
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nirgendwo auf der Welt gesehen habe.
    »Ist das nicht fantastisch, Nick?«, fragte ich, als wir den Pfad entlang tiefer in den Wald hineingingen. Alles um uns herum wirkte von Minute zu Minute imposanter, und ich hätte erwartet, dass mein Neffe vor Aufregung auf und ab hüpfen und rufen würde: »Das ist der schönste Ort, an dem ich je gewesen bin! Danke, Tante Laurie! Was für tolle Bäume! Und wie riesig die sind! Ich habe es mir überlegt und will nicht länger Footballspieler werden, sondern Dendrologe. Das ist jemand, der Bäume erforscht, wusstest du das? Ich will mein Leben dem Studium und dem Erhalt dieser Wunderwerke der Natur widmen. Du hast mein Leben verändert, Tante Laurie, du hast mein Leben verändert!«
    »Ziemlich cool«, sagte mein Mann, legte Nick von hinten die Hände auf die Schultern und schüttelte ihn leicht.
    »Ja, schon ganz okay«, meinte er.
    »Ganz okay?«, wiederholte ich und musste über die Selbstverständlichkeit lachen, mit der er all das aufnahm. »Das sind die höchsten Bäume der Welt. Einige von ihnen sind mehrere tausend Jahre alt.«
    »Der Ritter in meinem Buch ist auch tausend Jahre alt und kann andere mit einem Fluch belegen. Damit schafft er es, von einem Schiff zu flüchten, auf dem er von einem König gefangen gehalten wird, der früher einmal gut war, aber jetzt ein Kriegsherr ist, deshalb würde ich gern wissen, wie’s weitergeht, wenn das okay ist?«, erklärte er, zuckte die Achseln und schob die Hände tief in die Hosentaschen.
    »Oh.« Mehr fiel mir dazu nicht ein.
    »Wusstest du, dass ein Teil von Die Rückkehr der Jedi-Ritter hier gedreht wurde?«, fragte mein Mann.
    »Das war lange, bevor ich geboren wurde«, gab Nick zurück. »Und mein Buch ist irgendwie spannender.«
    Wir sind drei Tage hier, sagte ich mir. Wir waren den ganzen Tag unterwegs, und er ist müde. Lass ihn erst mal ankommen. Soll er sein Buch lesen. Wen kümmert es, dass wir stundenlang gefahren sind, um einen der spektakulärsten Orte auf der Welt zu besuchen? Wen kümmert es, dass er im Augenblick schlicht und einfach keinen Bock auf all das hier hat? Wir haben massenhaft Pläne – wir fahren mit der Seilbahn auf einen Berg, gehen an den Strand, wir durchqueren die Avenue of the Giants, besuchen die Robben in den Sea Lion Caves und werden viel Spaß haben.
    Wir werden viel Spaß haben.
    Wir werden viel Spaß haben.
    Wir werden viel Spaß haben.
    Und das hatten wir auch. Nick hatte viel Spaß beim Lesen auf dem Rücksitz, während wir zu der Hütte fuhren, in der wir uns einquartiert hatten; ich hatte viel Spaß, während ich den Rest meiner Chips verputzte, und mein Mann hatte viel Spaß, weil er in Ruhe seinen Gedanken nachhängen konnte.
    Als wir bei der Hütte ankamen, wollte Nick gleich in seinen Schlafanzug schlüpfen und kramte in seinem Rucksack, den meine Schwester ihm gepackt hatte.
    »Tante Laurie«, sagte er nach ein paar Minuten. »Hast du einen zweiten Schlafanzug für mich? Mom hat meinen vergessen.«
    »Hmm«, meinte ich. »Wie wär’s, wenn du einfach in dem T-Shirt schläfst, das du anhast? Wäre das okay für dich?«
    »Ich glaube, das geht nicht«, antwortete er. »Mom hat nämlich auch meine T-Shirts vergessen. Ich hab nur das und drei Hosen dabei.«
    Ich war entsetzt. Es hätte mich nicht überrascht, wenn sie seine Zahnbürste oder einen Kamm vergessen hätte, aber dass sie nicht an Kleider zum Wechseln gedacht hatte, sah ihr gar nicht ähnlich. Socken und Unterwäsche hatte er ausreichend dabei, alles andere fehlte.
    »Bist du ganz sicher?«, fragte ich. »Hast du auch genau nachgesehen?«
    »Ja.« Er nickte.
    Mit viel Überredungskunst und kräftigem Armverdrehen brachte ich ihn dazu, in dem T-Shirt zu schlafen, das er anhatte, und versprach ihm, dass wir am nächsten Tag neue Sachen kaufen würden, obwohl ich keine Ahnung hatte, wie wir das anstellen sollten. Im Grunde saßen wir hier in der absoluten Einöde, und das Einzige, was uns von der völligen Zivilisationslosigkeit trennte, war ein kleines Lebensmittelgeschäft auf der anderen Straßenseite, wo es Lebendköder und Schweineschwarten für die Mikrowelle, aber keinerlei Kleidung gab.
    Da die Hütte nur über ein Schlafzimmer und einen Futon im Wohnzimmer verfügte, überließ ich Nick die Wahl, ob er allein auf dem Futon übernachten oder sich mit mir den Schlafraum teilen wollte. Er entschied sich für Letzteres. Obwohl er schon fast zwölf war, musste es ein klein wenig beängstigend sein, an einem

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