Weg da, das ist mein Handtuch
kurz zu, und verließ kerzengerade den Speiseraum. Nicht ohne sich in der Tür noch einmal hochdramatisch umzudrehen: »Adieu, Kinde r – und nehmt euch bloß vor diesem Mann in Acht!«
MORITZ
»Auf Stefan Schmidt«, sagte Susan, kniff ein Auge zu, lächelte und hob das Glas.
»Haben Sie das wenigstens einmal kurz geglaubt?«, fragte Moritz, als sie anstießen.
»Nie«, sagte sie. »Nicht mal im ersten Schreck.«
»Ich dachte, ich wäre ein besserer Schauspieler«, sagte er.
»Privat sind Sie ein furchtbar schlechter Schauspieler.« Er mochte es, wie sich beim Lächeln ihre Augen verengten.
»Ich möchte Ihnen eine kleine Entschädigung anbieten für den verlorenen Urlaubstag«, sagte Moritz.
Susan holte Luft. »Das sollten Sie schnell vergessen. Ich nehme nichts an. Erstens waren es nur ein paar Stunden. Zweitens bin ich zweimal zum Essen eingeladen und zwischendurch in einem Luxuswagen herumchauffiert worden. Und drittens hat mir alles großen Spaß gemacht. Es war ganz großes Kino!«
Moritz musste grinsen.
»Sie haben Ihre Rolle ja auch sehr gut gespielt.« Wenn sie kein Geld wollte, würde er ihr etwas im Shop kaufen. »Und Sie werden, darauf bestehe ich, auch diesmal zum Essen eingeladen.«
Susan schüttelte den Kopf. »Das übernehme ich!«
Auch das fand Moritz gut, er hatte meist mit der anderen Sorte Frauen zu tun. »Kommt nicht infrage. Ich lade Sie ein. Sie haben nicht nur diesen Makler verzaubert, Sie haben mir auch noch gesagt, was ich für ein Haus brauche.«
Sie seufzte. »Na gut. Eher geben Sie vermutlich keine Ruhe.«
»Nein«, lächelte Moritz, »eher gebe ich keine Ruhe.«
Irgendwann fiel ihm auf, dass er ihr schon viel zu lange in die Augen sah. Er guckte schnell woandershin. Nicht dass sie dachte, er wolle ihre Hilfsbereitschaft und seine Position als Promi ausnutzen und zudringlich werden. Manchmal war es wirklich kompliziert, ein Star zu sein.
Sie räusperte sich, möglicherweise hatte sie etwas Ähnliches gedacht. »Wann kommt der Makler denn morgen?«
Sie ging offenbar ganz selbstverständlich davon aus, dass sie wieder mitkommen würde.
»Ich weiß nicht«, Moritz hörte sich stottern und wunderte sich, immerhin war er Sprechprofi, »ob ich Ihre Zeit noch einmal so in Anspruch nehmen kann. Sie sind doch hergekommen, um Urlaub zu machen.«
»Unsinn«, sagte sie dann. »Es würde mir einen Riesenspaß machen. Ich habe sowieso nichts zu tun.«
Diese Frau war so höflich, wie sie schön war. Und er hatte nun ein noch schlechteres Gewissen, dass er sie genötigt hatte, mitzukommen. Und sie sich offenbar verpflichtet fühlte, ihm noch weiter zu helfen. Trotz dieser dummen Sache mit dem Espressoautomaten: Wirkte er so hilflos?
Als sie beim Nachtisch saßen, war es so weit: Die Leute an den anderen Tischen begannen die Köpfe zusammenzustecken und seinen Namen zu flüstern.
Wenigstens hatte er sein Hemd schon über den Abend gerettet.
MARIO
Er setzte sich heute Abend extra an den Singletisch mit den hässlichsten Weibern. Denn der Spaß war vorbei: Nach dem Raub mit Entführung und Erpressung stand sein Soll bei ungeheuren 774,7 9 Euronen. So viel Kohle ließ sich nicht wieder reinholen, wenn er beim Futtern im Akkord Weiber aufriss. Nein, er musste sich ranhalten, als gebe es kein Morgen.
Mario hatte die Jeansjacke an. Er schwitzte damit wie ein Schwein, aber das war jetzt wumpe. Und er bestellte zweimal Tischwein. Er hasste das affige Zeug, aber es kostete in jeder Kneipe zwei- bis dreimal so viel wie Bier. Außerdem: Wein stopfte weniger. Bingo: Sein gut trainierter Magen fühlte sich auch nach der dritten Vorspeise fast noch leer an! Mario nahm Paprikagulasch. Dann Fischfilets mit Reis. Noch einmal Fischfilets. Nach sorgfältigem Nachspülen mit Weißwein eine dritte Portion Fischfilets ohne Reis und ein halbes Gulasch. Zum Abschluss zwei Schnitzel vom Kinderbüfett. Zwischenstand 727,8 9 Euro.
Irgendwo in seinem Magen drückte es. Das musste der Fraß sein, den ihm die Erpresser gegeben hatten. Den er aber trotz der Scheiße mit der Kohle, er hatte ihn ja gegessen, von seinem Urlaubssoll abziehen konnte: Zwischenstand 717,6 9 Euro.
Bevor sich sein Bauch voll fühlen konnte, schaufelte er noch schnell an Nachspeisen rein, was ging: Karamellcreme, zweimal Schokoladenmousse. Götterspeise. Die schmeckte wie der Toner aus dem Farbkopierer, glibberte aber fast von alleine den Hals runter.
Der Druck im Magen wurde zum Schmerz. Zwischenstand 711,3 9 Euro. Zeit für Stufe
Weitere Kostenlose Bücher