Weg damit
Arbeit, die ich bei kleinen Gefallen nicht mal berechnen kann.
Das Internet zieht noch weitere dieser kleinen Anfragen nach sich. Mal schnell das Feng Shui fürs Schlafzimmer geprüft, eine kleine Farbberatung für die Küche gemacht, nur eine kleine Information an den Mann gebracht, wo der Teich im Garten am besten platziert ist. Was nichts kostet, ist nichts wert, denken manche Leute offenbar. Da kann man doch eben mal diese und jene Information geben! Solche Anfragen beantworte ich inzwischen sehr kurz mit dem Hinweis darauf, dass ich für Beratungen zu diesen Konditionen und diesem Preis zur Verfügung stehe.
Haben Sie nicht auch manchmal das Gefühl, regelrecht überfahren zu werden? Da fragt eine Freundin: »Hast du morgen Zeit?«, und nachdem Sie bejaht haben, lässt sie die Katze aus dem Sack: »Schön, dann kannst du doch sicher für eine Stunde die Kinder nehmen.« Und schon sitzen Sie wieder in der Falle. Erst danach fällt Ihnen auf, dass Sie viel zu langsam reagiert haben, und nun getrauen Sie sich nicht mehr, einen Rückzieher zu machen. Ihr einziger freier Tag in dieser Woche ist dahin. Diese
Fallen stehen überall: »Könntest du mich zum Flugplatz bringen … mir beim Umzug helfen … mir schnell mal das Rezept raussuchen … deine Bohrmaschine leihen?« Instinktiv reagiert man mit Hilfsbereitschaft und lässt sich allzu schnell zu einem Ja hinrei ßen. Aber Vorsicht, diese kleinen Gefallen können in wahre Blockaden ausarten, die Zeit, Energie und Kosten verursachen. »Könntest du mit dem Auto meine Tasche mitnehmen und sie zur Bahn bringen?« bedeutet im Klartext: einen Umweg zum Bahnhof machen, Parkplatz suchen, Schalter suchen, anstehen, Parkgebühren zahlen, im Berufsverkehr durch die Stadt fahren - und flugs hat man neben einigen Euro auch noch den halben Tag geopfert. Diese ausufernden Gefallen sind wahre Übungsräume für ungeübte Neinsager: Den Satz zu äußern »Nein, das schaffe ich leider nicht« ist nämlich durchaus trainierbar.
Nein sagen
Warum kommt dieses Wort im Sprachschatz vieler Menschen (vor allem vieler Frauen!) so gut wie nicht vor? Es gibt Sekretärinnen, die nicht in der Lage sind, am Telefon zu sagen: »Tut mir leid, mein Chef ist jetzt nicht zu sprechen.« Vor allem, wenn am anderen Ende der Leitung ein Mann hängt. Diesem nicht helfen zu können, Nein sagen zu müssen scheint vielen, vor allem älteren Frauen fast körperliche Schmerzen zu bereiten! Doch Nein sagen kann jeder üben. Beginnen kann man beim Fleischer. »Darf es ein bisschen mehr sein?« Sagen Sie doch einfach mal Nein. Wieso und warum, geht keinen etwas an, Sie müssen sich nicht rechtfertigen. Sie wollen es eben nicht. Und siehe da, Sie bekommen tatsächlich nur hundert Gramm Schinken und haben auch noch Geld gespart. Die Verkäuferin hat vielleicht ein wenig merkwürdig geschaut, aber das ist ihr Problem. Und vom Neinsagen ist schließlich noch keinem der Himmel auf den Kopf gefallen …
Wie oft halten uns Freundinnen am Telefon auf mit ihren ewigen Tratschereien. Zu sagen: »Hör zu, ich habe jetzt keine Zeit«, wäre eine so einfache Übung. Aber wir bringen es nicht übers Herz und beschweren uns lieber, dass man uns die Zeit stiehlt. So leben ganze Berufsgruppen, beispielsweise Vertreter und Spendensammler,
davon, dass der Mensch schlecht Nein sagen kann. Ein klares und knappes »Nein danke« ohne Schnörkel und Begründung wirkt jedoch oft Wunder. Wir sagen ungern Nein, weil wir so konditioniert sind, andere nicht vor den Kopf zu stoßen und nicht zu verletzen. Wir wollen sie nicht verletzen, aber was tun sie mit uns? Sie überfahren uns mit ihrer Art. Wir wollen die Vertreter an der Tür nicht vor den Kopf stoßen. Aber wer rettet uns vor ihnen?
Unsere anerzogene Aversion gegen ein Nein machen sich auch Verkäufer zunutze. Mein Gemüsehändler fragt immer: »Ist das alles?« und erntet als Antwort meistens ein Ja. Das Ja geht den Menschen eben schneller über die Lippen. Es würde seinem Unternehmen indes mehr Umsatz bringen, wenn er sein Verkaufsgespräch mit der Frage »Darf’s außerdem etwas sein?« abschließen würde. Dann müsste der Kunde Nein sagen, wozu er »zu gut erzogen« ist - also kauft er vielleicht doch noch etwas!
Schluss mit dem Perfektionszwang
Sie lächeln von Plakatwänden, tanzen durch die Werbung und füllen ganze Romane. Eines allerdings haben sie mit den Märchenprinzen gemein: Es gibt sie nicht wirklich, diese Superfrauen, sie sind ein Mythos! Diese scheinbar
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