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Weg damit

Titel: Weg damit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Pohle
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hier weniger abstrakt, dafür fassbar und schafft damit die Voraussetzung für eine positive emotionale Bindung zum Beruf. In anderen Berufen fehlt das oft. Die Büroarbeit wird zunehmend abstrakter und ist wenig greifbar. Konzeptionelle Arbeit spielt sich fast völlig in unsichtbaren Sphären ab. Man sieht am Abend nicht, was man den Tag über geleistet hat. Konnte man früher selbst in der Behörde noch die Akten von links nach rechts stapeln, so ist mit dem PC vieles nicht mehr spürbar, und damit nimmt der Stress zu. Der Mensch braucht nun mal greifbare oder sichtbare Erfolgserlebnisse als positive Bestätigung seiner Arbeit. Je weniger fassbar das Arbeitsergebnis ist, desto stressiger wird die Arbeit empfunden.
Stress ist Ansichtssache
    Stress hat wenig zu tun mit dem tatsächlichen Arbeitspensum, sondern eher mit dem Gefühl, dieses Pensum nicht zu schaffen oder zu versagen. Wenn sich die Akten stapeln und Termindruck entsteht, stellt sich bei den meisten Stress ein. Dieser wiederum erzeugt Lähmung - man weiß gar nicht, wo man anfangen soll, und tut erst einmal gar nichts. Es kommt zu einer Ausschüttung von Adrenalin, und dieses Fluchthormon signalisiert unserem Körper: »Nichts wie weg hier!« Wer kennt nicht den Wunsch, am liebsten davonzulaufen und alles stehen und liegen zu lassen! Nur wird davon die Arbeit nicht weniger. Also, stellen Sie sich ihr! Nehmen Sie sich jeden einzelnen Stapel vor, jeden Vorgang und listen Sie auf einem Zettel auf, wie viel Zeit Sie zur Erledigung der einzelnen Schritte wirklich brauchen werden. Unterm Strich ist
das meistens gut zu schaffen, und man fragt sich, warum man sich eigentlich selbst so einen Stress gemacht hat!
    Der größte Druck entsteht, wenn man das Gefühl hat, der Arbeit vom eigenen Können her nicht gewachsen zu sein. Diese Überforderung macht Angst vor möglichen Fehlern und Blamagen. Wenn ich etwa den Auftrag bekäme, eine Strafvollzugsanstalt nach den Gesichtspunkten des chinesischen Feng Shui zu planen, müsste ich dankend ablehnen. Es würde mich mental und emotional überfordern. Den Auftrag, das Corporate Design für eine Hotelkette zu entwickeln, würde ich hingegen annehmen. Dieses Projekt würde im Bereich meiner Fähigkeiten, aber außerhalb meiner bisherigen Erfahrung liegen - in diesem Fall würde für mich eine Überforderung zur Herausforderung, die ich durchaus gern annehmen würde.
    Jeder, der professionell kreativ ist, hat mit Terminen und der Einhaltung von Terminen zu tun. Landläufig herrscht die Meinung vor, dass Druck für die Kreativität tödlich sei. Dem kann ich nicht zustimmen. Und dass ein »Künstler Muße braucht«, ist ebenso fragwürdig. Welcher Künstler kann sich das denn leisten? Liest man Biografien von Künstlern, so fällt auf, dass viele Kunstwerke oft aus Leid, aus Schmerz heraus entstanden. Auch Armut ist ein guter Anlass! Warum soll man denn kreativ sein, Bücher schreiben, wenn man in seinem Haus am Meer von seinem Erbe leben könnte? Wer tut sich diesen Stress schon an? Es sei denn, man hat eine große innere Motivation. Diese setze ich als Grundlage voraus; dazu kann ein gewisser Druck von außen verstärkend hinzukommen und sich positiv auswirken. Irgendwann kann man sich auf die eigene Erfahrung und das Wissen verlassen: »Mir wird schon etwas einfallen, ich schaffe das in der Zeit. Ich habe es bisher immer geschafft. Und sollte ich es diesmal nicht schaffen, dann fällt mir der Himmel auch nicht auf den Kopf. Das wäre dann eben das erste Mal, dass mein Entwurf nicht rechtzeitig präsentiert werden würde oder ein Buch verspätet erscheinen müsste!«
    Mindestens genauso stressig und auf Dauer weitaus unangenehmer ist allerdings die Unterforderung der eigenen Fähigkeiten. Auch das kann einem zu viel werden. Zu viel Monotonie, zu
viel Langeweile, zu wenig Spaß und keine Anerkennung! Unterforderung führt oft auch zu Schlamperei und Unaufmerksamkeit. Da überfährt ein Zugfahrer nach stundenlanger Fahrt ein Signal und löst eine Katastrophe aus. »Menschliches Versagen« basiert häufig auf monotonen Tätigkeiten, die man scheinbar »mit links« erledigen könnte und daher die Aufmerksamkeit zurücknimmt. Weitaus wichtiger als das, was man tut, ist jedoch, wie man es tut!
    Ein weiterer Stressfaktor ist die so genannte Doppelbelastung von Haushalt und Erwerbsarbeit. In den USA erforscht man die Möglichkeit, beides in Harmonie, in work life balance zu vereinen. Überraschend zeigte sich, dass sich sowohl

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