Weg des Unheils, Band 1-4 (Western-Sammelband) (German Edition)
Nebel.
Fast eine Viertelstunde lang beobachtete Warren Elliott die Niederlassung. Dann war er sich sicher, dass sich dort niemand aufhielt, der ihm möglicherweise gefährlich werden konnte. Er ritt hin. Als er bei einem Tränketrog vom Pferd stieg, kam eine junge Frau aus dem Haus. Sie besaß schwarze, leicht gewellte Haare, die ihr über die Schultern und auf den Rücken fielen. Ihr Gesicht war schmal und gebräunt, die Lippen waren sinnlich geformt, in ihren Augen glaubte Warren Elliott eine leidenschaftliche Glut wahrzunehmen.
„Hola, Americano!“, grüßte sie. „Du befindest dich auf Emanuel de la Vegas Handelsstation. Mir scheint, du hast einen ziemlich harten Ritt hinter dir. Hier kannst du dich ausruhen. Sei willkommen.“
Sie war von einer besonderen Rasse und Warren Elliott war von ihr fasziniert. Während er steifbeinig und etwas linkisch auf sie zuging, ließ er sie nicht aus den Augen. Sie war mittelgroß und schlank, trug einen schwarzen, knöchellangen Rock und eine grüne Bluse, und er nahm deutlich ihre weiblichen Proportionen unter der Kleidung wahr. „Hola, Señorita“, erwiderte er ihren Gruß. „Mein Name ist Warren Elliott. Wo bin ich hier gelandet?“
„Ich sagte es doch: Emanuel de la Vegas Station. Ich bin Maria de la Vega.“
„Das meinte ich nicht“, murmelte Warren Elliott. Drei Schritte vor der jungen, schönen Frau hielt er an. Da sie lächelte, konnte er zwischen ihren roten Lippen weiße, ebenmäßige Zähne sehen. „Ich will nach El Tren am Rio Coyote. Eine Bande von Wegelagerern, die es auf mein Hab und Gut abgesehen hatte, das ich am Körper trage, jagte mich kreuz und quer durch die Wildnis, sodass ich die Orientierung verloren habe.“
„El Tren liegt etwa fünfunddreißig Meilen weiter östlich“, erklärte die Mexikanerin. „Wo bist du über die Grenze gekommen?“
„Bei Lukeville. In Sonoita wollte ich übernachten …“
„Das Gebiet kontrolliert Miguel Navarrete. Er ist ein übler Hombre, der uns bisher in Ruhe gelassen hat, weil sich seine Bravados hier immer wieder mit verschiedenen Dingen versorgen. Überall in den Dörfern und in den Städten an der Grenze zwischen Sonoita und Nogales hat Navarrete seine Leute stationiert. Du hattest Glück, Americano. Wenn du den Bravados in die Hände gefallen wärst, hätten sie dich umgebracht.“
Ein bärtiger Mexikaner um die fünfzig erschien in der Tür. „Ich bin Emanuel de la Vega“, rief er mit hartem Akzent. „Hat man dich denn nicht vor Navarettes Bandoleros gewarnt, ehe du über die Grenze gegangen bist?“
„Nein. Ich will zu Pablo Esteban am Rio Coyote. Er betreibt dort eine Hazienda. Deine Tochter meinte, dass ich noch fünfunddreißig Meilen vor mir habe. Ich habe in der Nacht mein Pferd verloren und alles, was sich in meinen Satteltasche befand, ebenfalls.“
„Bei mir kannst du alles kaufen, Americano. Wenn du möchtest, bereitet dir Maria ein Frühstück. Du siehst müde und mitgenommen aus. Aber Marias Kaffee hebt einen Toten wieder in den Sattel.“
„Gegen ein ordentliches Frühstück ist sicherlich nichts einzuwenden“, erklärte Warren Elliott.
Er versorgte zusammen mit Emanuel de la Vega das Pferd. Währenddessen bereitete Maria das Frühstück. Der Kaffe war wirklich hervorragend und belebte den Mann aus Gila Bend, die Omeletts schmeckten vorzüglich. Nach dem Essen drehte sich Warren Elliott eine Zigarette und ließ zu, dass sich auch der Mexikaner von seinem Tabak bediente. Maria räumte den Tisch ab.
„Aus welchem Grund willst du zu Esteban?“, fragte der Mexikaner, als die Zigaretten brannten.
„Bei ihm befindet sich ein Mann, der mir einige Fragen beantworten muss.“
„Er ist nicht dein Freund, wie?“
„Er wird in Arizona vom Gesetz gesucht, und wenn man ihn drüben lebend erwischt, hängt man ihn.“
„Es müssen ausgesprochen wichtige Fragen sein, Americano. Wenn es nicht so wäre, würdest du kaum den weiten, beschwerlichen und tödlich gefährlichen Weg auf dich genommen haben.“
Mit knappen Worten erzählte Warren Elliott von der Ermordung seines Bruders und seiner Schwägerin und der Entführung seines kleinen Neffen. Zuletzt fragte er: „Kennst du Pablo Esteban?“
„Ich habe von ihm gehört. Bei mir kehren auch manchmal die Rurales ein, die hier im Grenzgebiet unterwegs sind. Esteban war General in Porfirio Diaz’ Armee. Nachdem er den Dienst quittiert hatte, kehrte er auf seine Hazienda zurück. Die Polizei verdächtigt ihn, die Apachen mit
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