Weg des Zorns 01 - Die Kriegerin
erneut den Rückstoß ihrer Waffe spürte; das Fadenkreuz wanderte weiter nach links. Blieb stehen. Abkrümmen.
Drei.
Die vierte und letzte Person in diesem Büro hatte nun endlich begriffen, was hier geschah. Die Frau hatte auch noch Zeit, wieder auf die Beine zu kommen, konnte noch einen Schritt von dem Fenster zurücktreten, vor dem sie gewartet hatte. Doch sie hatte nicht genug Zeit, und erneut betätigte Alicia den Abzug.
»Alpha-Drei, hier Bravo-Fünf. Erste Ziele ausgeschaltet. Vier Schützen«, sagte irgendjemand mit Alicias Stimme, und wieder klang sie ruhig, fast gelassen. »Fünf geht über zu Ziel Zwo.«
Die Fernsonde über ihr veränderte ein wenig die Position und zoomte jetzt auf ein weiteres Fenster. Dahinter befanden sich lediglich zwei Personen, und bislang hatten sie noch keine Ahnung, was in dem Büro geschehen war, das nur drei Türen des gleichen Korridors von ihnen entfernt war.
Und sie werden es auch nicht mehr herausfinden, meldete sich die eisige Stimme in Alicias Hinterkopf erneut zu Wort, als das Fadenkreuz die erste der beiden Personen erfasste und Alicia den Finger abkrümmte.
Die Angreifer, die in Stellung gegangen waren, um die Lücken zu schließen, die der Zweite Zug in ihre Belagerungslinien gerissen hatte, wussten nicht, was genau sie da eigentlich ›festgesetzt‹ hatten. Nein: Sie hatten noch nicht einmal eine Vorstellung davon.
Die ›Wespen des Imperiums‹ standen in dem Ruf, überall im Universum im Namen des Imperators unaufhaltsam Tod und Zerstörung zu bringen, und doch gab es einige, die glaubten, dieser Furcht einflößende Ruf sei doch übertrieben. Und selbst die meisten derjenigen, die nicht davon überzeugt waren, mindestens die Hälfte dieser Berichte über die Unbesiegbarkeit der Wespen müsse reine Propaganda sein, hatten keinerlei eigene Erfahrung mit dem tatsächlichen Kampfgeschick der Marines. Vielleicht hätte es ihnen zu denken geben müssen, dass es nur sehr wenige gab, die diese Erfahrung aus erster Hand hatten machen können und noch davon berichteten.
Wie dem auch sei: Die Angreifer in diesen Gebäuden, die nur darauf warteten, mit Gewehrkugeln, Granaten und Raketen jeglichen Versuch, die Promenaden wieder zu verlassen, im Keim zu ersticken, hatten niemals in Erwägung gezogen, dass die Marines im wahrsten Sinne des Wortes auch um Ecken blicken konnten. Dass sie auch bei derart ungünstigen Sichtverhältnissen ein Ziel mit tödlicher Präzision ausmachen konnten.
Dass sie diese Ziele mit einzelnen, gezielten Schüssen töten konnten.
Alicia war nur eine von vier Scharfschützen. Auch wenn sie weder die Zeit hatte, darüber nachzudenken, noch sich von dem Gedanken ablenken lassen durfte, war sie die Schnellste und Effektivste von ihnen, und doch war sie eben nur eine von vieren, und sie alle schalteten mit uhrwerkhafter Präzision Gegner aus. Sie hatte gerade ihr siebzehntes Ziel erledigt, als die ersten Gegner - deutlich verspätet - das Feuer erwiderten.
Die meisten dieser Schüsse wurden ungezielt und aus reiner Panik abgegeben. Es war die instinktive Reaktion von jemandem, der lange genug Zeit hatte, einen Abzug zu betätigen, während rings um ihn die Kameraden in einem Hinterhalt ausgeschaltet wurden. Der erste längere, plötzlich abreißende Feuerstoß aus einem der Gebäude ließ weitere folgen, und innerhalb von Sekunden flackerten und tanzten zahlreiche Mündungsfeuer durch das abendliche Zwielicht.
Nur wenige dieser Schüsse waren überhaupt auf irgendetwas gezielt, und Alicia nahm kaum das Überschall-Krachen der wenigen Geschosse wahr, die auch nur halbwegs in ihrer Nähe einschlugen. Hätte sie die Augen geöffnet, so hätten die zahlreichen Mündungsblitze sie zweifellos geblendet und desorientiert - aber das hatte sie nicht. Die Fernsonden und ihr Helmcomputer meldeten ihr zwar die Position eines jeden Mündungsfeuers, doch im Gegensatz zu ihrer biologischen Retina ließ sich die Darstellung vor ihrem geistigen Auge nicht durch Nachbilder dieser gleißenden Blitze blenden.
Irgendetwas peitschte durch die Äste über ihr. Laub und kleine Äste prasselten auf sie herab, und Alicias Fadenkreuz wanderte stetig zum nächsten Ziel hinüber. Eine kleine Digitalanzeige in einer Ecke ihres HUDs wies sie darauf hin, dass sich in ihrem derzeitigen Magazin nur noch dreiundzwanzig Schuss befanden, und Alicia richtete das Fadenkreuz auf einen Mann, der mit langen, offensichtlich ungezielten Feuerstößen das Terrain bestrich, in dem sich
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