Weg des Zorns 01 - Die Kriegerin
sicher viele Fragen. Die haben zu diesem Zeitpunkt alle. Also, warum mache ich mit Ihnen nicht erst einmal die schnelle Zehn-Credits-Tour, und anschließend können wir uns um alle Fragen kümmern, die dann noch offengeblieben sind?«
Fragend hob sie eine Augenbraue, und Alicia nickte.
»Also gut.« Androniko lehnte sich in ihrem Sessel zurück, stützte die Ellenbogen auf die Armlehnen und legte die Fingerspitzen beider Hände aneinander.
»Zunächst einmal steht hier« - kurz deutete sie auf das Namensschild auf ihrem Schreibtisch -, »dass ich Major Aleka Androniko bin. Dazu muss ich gestehen, dass ich auch Brigadier Karpovs Erster Offizier bin, und das macht mich zur stellvertretenden Leiterin von Camp Cochrane.«
Es gelang Alicia gerade noch, ihr Gegenüber nicht mit offenem Mund anzustarren, doch es fiel ihr alles andere als leicht. Die Vorstellung, dass eine derart wichtige Einrichtung wie Camp Cochrane von einem so rangniedrigen Offizier wie einem Brigadier geleitet werden sollte, erschien ihr regelrecht bizarr. Außerdem kam ihr die Vielzahl von Personen, denen sie hier bislang begegnet war - vorausgesetzt natürlich, ihre bisherigen Erfahrungen durften tatsächlich als Maßstab für die durchschnittliche Mannstärke einer ganzen Basis angesehen werden -, für eine von einem Brigadier befehligte Einheit geradezu erschreckend groß vor. Und einem Major wurde normalerweise auch nicht die Aufgabe des Ersten Offiziers eines Brigadiers übertragen.
Oder, rief sich Alicia ins Gedächtnis zurück, zumindest nicht beim Corps.
»Zweifellos«, sprach Androniko weiter, »ist Ihnen bereits aufgefallen, dass sich hier eine recht große Anzahl Kaderangehöriger aufhält, gerade, wenn man bedenkt, wie sehr unsere eigentliche Mannstärke durch die Verfassung beschränkt wird. Tatsächlich stellen viele dieser Personen Teil eines gewissen durch den Senat gebilligten ›Notvorrats‹ unsererseits dar. Die meisten von ihnen - all diejenigen, die hier Zivilkleidung tragen - sind zivile Auftragnehmer. Sie gehören nicht dem Kader an. In Wirklichkeit sind praktisch alle dieser zivilen Auftragnehmer wie Colonel Gresham Kadermitglieder im Ruhestand. Viele von ihnen wurden aufgrund von Dienstuntauglichkeit frühzeitig in den Ruhestand versetzt, doch die Zeit, die sie beim Kader verbracht haben, hat ihnen wertvolle Erfahrungen und Fertigkeiten eingebracht, die wir dringend benötigen. Der Senat hat beschlossen, dass wir die Dienste dieser ›Zivilisten‹ in Anspruch nehmen dürfen, um über genügend ausgebildete Mitarbeiter zu verfügen, wie wir sie nun einmal benötigen, vor allem hier in Cochrane und unseren anderen Kommando- und Überwachungszentren.
Doch trotz dieses ... Zugeständnisses seitens des Senats«, fuhr der Major fort, »ist es nun einmal bedauerlicherweise so, dass es dem Kader stets an Personal mangelt. Das Verhältnis Versorgungseinheiten zu Kampfeinheiten ist hier deutlich geringer als bei allen anderen Truppengattungen, einschließlich der Marines. Tatsächlich verfügen wir nicht über die erforderlichen Logistikabteilungen, um unsere Kämpfer ausschließlich aus unseren eigenen Ressourcen versorgen zu können, und deswegen müssen wir bei zahlreichen unserer Einsätze auf die Marines und die Navy zurückgreifen.
Der Grund dafür, dass wir ständig unterbesetzt sind, ist eigentlich deutlich weniger in diesen in der Verfassung festgeschriebenen Beschränkungen zu suchen, als in der Tatsache, dass der Nachschub an geeigneten Kräften offen gesagt äußerst beschränkt ist. Männer und Frauen zu finden, die für den Dienst im Kader geeignet wären, stellt eine beständige Herausforderung dar, Staff Sergeant. Die allgemein verbreitete Vorstellung, der Kader bestehe ausschließlich aus Übermenschen, ist wirklich nicht nur Teil des ›Kader-Mythos‹, wie ich gestehen muss. Natürlich ist niemand von uns wirklich ›übermenschlich‹, aber für den Einsatz in Schwerefeldspringer-Einheiten - und über achtzig Prozent unserer Truppen gehören diesen Einheiten an - sind nun einmal sehr spezielle physische und psychische Eigenschaften erforderlich. Einige davon sind denen recht ähnlich, die auch bei den Raiders und den Aufklärerverbänden der Marines gebraucht werden, weswegen wir die Zugehörigkeit zu derartigen Einheiten auch als Auswahlkriterium nutzen. Andere Eigenschaften wiederum, und ich möchte hier bewusst ganz offen sein, haben doch mehr mit der Motivation zu tun, mit der allgemeinen Einstellung und
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