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Weg in die Verdamnis

Weg in die Verdamnis

Titel: Weg in die Verdamnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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und nickte seinem im Fond sitzenden Fahrgast zu. »Hier wären wir, mein Herr. Sie brauchen nur ein paar Schritte zu gehen und sind in Wiens berühmtester Vergnügungsstätte.«
    »Ja, danke.« Father Ignatius lächelte. Dann nahm sein Gesicht einen nachdenklichen Ausdruck an. »Ich hätte noch eine Frage an Sie.«
    »Bitte, Hoch… ahm, mein Herr.« Der Fahrer wußte nicht, wie er den Mann anreden sollte, der fast wie ein Priester gekleidet war. Mit Sicherheit war der Fahrgast so etwas wie eine Respektsperson, denn von ihm ging eine Aura aus, mit der der Mann hinter dem Steuer nicht zurechtkam. Es war kurz vor Mittag, und der Prater, der das gesamte Jahr über geöffnet war, auch im Winter, zeigte sich um diese Zeit von seiner müden Seite. Die Bäume auf den Grünflächen an den Rändern zeigten noch keine Blätter, höchstens Knospen, und sie wirkten wie kahle Gerippe.
    »Sie wollten mich etwas fragen?«
    »Pardon, ich war in Gedanken.« Ignatius schüttelte den Kopf. »Sie haben mich hier so sicher durch die Stadt gefahren, daß ich auf Ihre Dienste nicht verzichten möchte.«
    »Oh – danke sehr.« Der Mann mit der Ledermütze wurde vor Verlegenheit rot.
    »Wäre es Ihnen denn möglich, wenn Sie hier auf mich warten? Gegen ein entsprechendes Entgelt selbstverständlich.«
    »Na ja, ich meine…« Der Mann überlegte. »Üblich ist es nicht, aber es steht nirgendwo geschrieben, daß es verboten ist.«
    »Es wäre sehr nett.«
    »Gut, ich warte. Wie lange denn?«
    Ignatius seufzte. »Das kann ich Ihnen nicht genau sagen. Sie müßten schon mit einer Stunde rechnen.«
    »Das läßt sich einrichten, mein Herr.«
    »Vielen Dank, das ist nett.« Ignatius griff in die rechte Manteltasche und holte ein zusammengerolltes Bündel mit Geldscheinen hervor. Tausend Schilling zählte er ab und drückte dem Fahrer die Scheine in die Hand.
    »Reicht das als Anzahlung?«
    »Aber natürlich.«
    »Dann machen Sie es sich gemütlich bitte, bis ich komme.«
    »Werde ich schon, keine Sorge.«
    Father Ignatius stieg an der Gehwegseite aus und drückte die Tür wieder zu.
    Für den Wagen hatte er keinen Blick mehr, er ging direkt auf den Vergnügungspark zu und atmete dabei den Geruch ein, der ihm von den zahlreichen Imbißbuden entgegenströmte. Der Platz, an dem die Imbißbuden standen, wurde im Volksmund ›Wurstel-Prater‹ genannt.
    Die Biergärten hatten noch geschlossen, und auch die Lokale, zu denen die Gärten gehörten. Sie sahen zumeist aus wie Baracken mit zahlreichen Fenstern.
    Natürlich drehte sich das Riesenrad, das Wahrzeichen des Praters. Aber nur wenige Besucher zeichneten sich hinter den Scheiben der Gondeln ab.
    Father Ignatius, aus Rom gekommen, befand sich zum erstenmal in Wien. Er blieb stehen und ließ sich für eine Weile vom Anblick dieses großen Rads verzaubern, das eine lange Geschichte hinter sich hatte und zu Wien gehörte wie der Petersdom zu Rom.
    Ignatius fror plötzlich, obwohl es keinen Grund gab. Es lag seltsamerweise am Anblick des großen Rads, und für einen Moment überkam ihn eine düstere Vision.
    Er sah die zahlreichen Gondeln in Flammen stehen und durch die Dunkelheit fahren. Und in den Flammen, gewissermaßen als ihr Herrscher, stand eine mächtige Gestalt, die sich Santerre nannte. Sie schaute auf die schreienden und flüchtenden Menschen am Boden nieder, griff dann nach den brennenden Gondeln und schleuderte sie der Reihe nach den flüchtenden Menschen entgegen.
    Es gab Verletzte, es gab Tote. Menschen brannten wie Zunder, und Father Ignatius wischte über sein Gesicht, als wollte er die Tränen aus den Augen holen.
    Die Vision verschwand. Er sah das Riesenrad wieder völlig normal vor sich, aber die Bilder vergaß er nicht. Sie waren ein Omen für das, was noch auf diese Stadt zukommen konnte. Zwar nicht so, wie er es gesehen hatte, vielleicht im übertragenen Sinne, aber die Gestalt des Santerre gab es wieder. Es hatte sie schon einmal gegeben, was allerdings einige hundert Jahre zurücklag.
    Ignatius schüttelte den Kopf und ging weiter. Er wollte sich nur einen Eindruck verschaffen, Wege erkunden, sich auch nach Verstecken umsehen, wo sich seine Feinde verbergen konnten.
    Daß es sie gab, stand fest.
    Die Auskünfte waren gut gewesen, und daß die Weiße Macht, der er angehörte, zwei Mitglieder verloren hatte, war auch eine Tatsache. In ihrer letzten Meldung hatten sie vom Prater gesprochen und davon, daß das Grauen die Berge verlassen und in die große Stadt gekommen war.
    Das

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