Wege des Herzens
Schulkinder alles über ihr Herz, und wie man es gesund erhält, erfahren …«
»Sie haben mir nie gesagt, dass auch Schulkinder hierherkommen!« Frank sah bereits wieder tausend Probleme auf sich zukommen.
»Das habe ich Ihnen verschwiegen, weil ich es satthabe, wegen jeder Kleinigkeit zu Ihnen laufen zu müssen, und nicht zuletzt deshalb wird uns Jimmys Geld die Zeit und die Freiheit erkaufen, das alles aus eigener Kraft zu stemmen.« Man hörte Clara an, wie wütend sie war.
»Aber Sie können doch nicht …«
»Ich kann, und ich will, Frank. Und jetzt werde ich zu einer Kochvorführung gehen. In Lavenders Zimmer, in dem Ihrer Meinung nach nur ein Schreibtisch und ein Stuhl hätten stehen sollen – in diesem Kabuff der Diätassistentin, wie Sie es ausgedrückt haben –, warten fünfzig Leute.«
»Sie kocht doch hoffentlich nicht auf offenem Feuer?«, fragte Frank entsetzt.
»Das hoffe ich doch sehr, Frank. Lavender hat einen Gasgrill, und hinter ihr ist ein großer Spiegel angebracht.«
»Und wer hat den Spiegel bezahlt, wenn ich fragen darf?«
»Fragen dürfen Sie, aber es geht Sie eigentlich nichts an. Hilary und ich haben den Spiegel bei einer Auktion ersteigert, und Johnny und Tim waren so nett und haben ihn für uns aufgehängt. Der Spiegel hat Sie und die Damen und Herren von der Finanzverwaltung nicht einen Cent gekostet!«
Und während sie das sagte, machte Clara sich demonstrativ auf den Weg zur Kochvorführung. Frank fiel auf, dass auch andere Mitarbeiter der Klinik in dieselbe Richtung strebten, unter anderem der rothaarige Arzt, der diesen schlimmen Autounfall gehabt, sich aber wundersamerweise schnell wieder erholt hatte. Auch die beiden hübschen Krankenschwestern Fiona und Barbara waren dabei, dann dieser Bodybuilder Johnny, der eher aussah wie ein Rausschmeißer in einem Nachtclub und weniger wie ein Mitarbeiter in einer Gesundheitseinrichtung. Sogar der wortkarge Sicherheitsmann Tim fehlte nicht, den Clara auf ihre übliche selbstherrliche Art eingestellt hatte, statt sich mit den Sicherheitskräften des Mutterkrankenhauses zu begnügen. Diese ganze Klinik glich auf gefährliche Weise immer mehr einem Familienbetrieb oder gar der Provinz eines Landes, die drauf und dran war, ihre Unabhängigkeit zu erklären und sich eine Nation zu nennen. Frank schien gut beraten zu sein, wenn er sich mit eigenen Augen davon überzeugte, welche grässlichen Risiken für Gesundheit und Sicherheit der Patienten Clara bei dieser Vorführung duldete. Der hohe Lärmpegel der Unterhaltung verhieß ebenfalls nichts Gutes. Die Menschen hier hatten sich zu einer kleinen, verschworenen Gemeinschaft formiert, die er sorgfältig überwachen müsste.
Lavender war die geborene Entertainerin und hätte mit Leichtigkeit eine eigene Fernsehsendung moderieren können. Clara überlegte angestrengt, ob man sie nicht vielleicht in einer Talkshow unterbringen konnte, nach dem Motto: »Fünf Minuten für Ihr Herz«.
Zur Einführung ihrer Kochshow hielt Lavender einen kleinen Vortrag über Salz und die irische Unsitte, jede Mahlzeit erst mal gründlich nachzusalzen. Lavender schlug deshalb vor, alle Salzstreuer vom Tisch zu verbannen. Wenn man genügend andere Gewürze verwendete, brauchte man kein Salz. Und dann präsentierte sie ihren Zuschauern die vorbereiteten Makrelenfilets. Man konnte die Filets entweder tiefgefroren kaufen oder den Fischhändler bitten, den Fisch auszunehmen und zu filetieren. Anschließend vermengte man in einem Glas den Saft einer Orange, einer Limone und einer Zitrone, fügte einen Esslöffel Pflanzenöl hinzu, bestrich die Makrele mit dieser Mischung und legte sie auf den Grill.
Die Fische rochen fantastisch, und während sie den Teller herumgehen ließ, damit die Leute probieren konnten, legte Lavender weitere Filets auf den Grill. Alle wollten kosten, und manche bedienten sich etwas zu oft. Als Beilage gab es einen leichten Salat, und Lavender erklärte ihren Zuschauern, dass ihr Herz ihnen für diese Diät danken würde.
Frank konnte nicht anders, er war beeindruckt – der helle, fröhliche Raum, die tüchtige Lavender, die generelle Atmosphäre aus Hoffnung und dem Gefühl, das eigene Leben wieder im Griff zu haben. Genau dies war das Ziel gewesen, als sie diese Tagesklinik ins Leben gerufen hatten, und obwohl sie ihm mit ihrer Art fürchterlich auf die Nerven ging, hatte Clara genau dies erreicht.
Am Ende der Kochvorführung bekam Clara eine SMS , mit der Bitte, sofort ihre
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