Wege des Herzens
Saal anzuschauen.
»Er ist vielleicht ein
bisschen
kahl«, fand Barbara.
»Aber man kann was daraus machen – und das hier können wir uns leisten. Wir können uns nun mal keinen schicken Hochzeitspalast mieten, in dem Declan und ich aus einem Nebel aus Trockeneis auftauchen … Und außerdem weißt du, dass das nicht mein Stil ist. Ich frage mich nur, ob es sich für die von weit her angereisten Gäste lohnt, hierherzukommen – für die Cousins und Cousinen vom Land, für David aus England, für Vonni aus Griechenland.«
»Die wollen euch glücklich sehen und was Gutes zu essen und zu trinken bekommen. Und glaubst du, dass diese Vonni und dieser David weniger von dir halten, wenn es nicht überall glitzert und funkelt?«, fragte Barbara.
»Natürlich nicht.«
»Okay, letzte Frage: Ist der Saal prachtvoll genug für deinen Declan?«
»Barbara, du
kennst
Declan.«
»Gut, dann müssen wir also nur noch dafür sorgen, dass diese Zwillinge uns nicht alle vergiften. Komm, machen wir Father Brian eine Freude und reservieren den Saal.«
Als sie nach Hause kam, hörte Rosemary Stimmen in der Küche. Bobby unterhielt sich mit jemandem. Ihr Herz setzte einen Moment lang aus bei dem Gedanken, dass es Carl sein könnte. Der dumme Junge konnte doch nicht ewig schmollen. Sie würde ihm gegenüber höflich und zuvorkommend sein und ihm zeigen, dass sie ihm sein kleinliches Benehmen nicht nachtrug. Doch es war nicht ihr Sohn. Es war diese arrogante Clara aus der Klinik.
»Dr.Casey, eine Schande, dass man Sie hier in der Küche empfängt!« Rosemary klang schockiert. Der Blick, den sie Bobby zuwarf, verhieß nichts Gutes. Er würde später dafür büßen müssen.
»Bobby ist heute Morgen nicht zu seinem Termin erschienen, deshalb wollte ich mal vorbeischauen. Außerdem war ich gerade in der Gegend.«
»Oh, was führt Sie denn in diese Gegend?«
»Die Sorge, Mrs.Walsh, die Sorge, weil Bobby nicht gekommen ist. Und als ich angerufen habe, hat sich auch niemand gemeldet.«
»Aber wirklich, Bobby.«
»Ich weiß. Tut mir leid, Schatz, aber ich habe es nicht rechtzeitig zum Telefon geschafft. Ich war so außer Atem.«
»Und außerdem habe ich einen chinesischen Gärtner gesucht. Der betreut ein paar von den Apartmenthäusern dort drüben. Unsere Ania aus der Herzklinik ist verschwunden – sie hat mal für ihn gearbeitet –, und ich wollte ihn fragen, ob er vielleicht etwas darüber weiß.«
»Und, hatte er etwas zu sagen?«, fragte Rosemary.
»Nein, außer dass er Ania noch Geld schuldig ist und ich ihr ausrichten soll, dass es jede Menge Arbeit für sie gibt, falls sie daran interessiert ist.«
»Und wo
ist
sie jetzt?«
»Sie ist in Polen. Offenbar hat sie sich sehr über etwas geärgert und sich den Tag nach der Party bei Ihnen überraschend freigenommen.«
»Rosemary hätte sie doch bezahlt, egal, was es gekostet hätte. Das weiß ich«, warf Bobby plötzlich ein.
»Wie bitte?« Clara hatte nicht verstanden, was er gesagt hatte.
»Halt den Mund, Bobby«, fuhr Rosemary ihren Mann an.
»Nein, es ist nicht fair, dass sie denken, es sei alles
deine
Schuld«, erwiderte Bobby mit hochrotem Kopf. Er wollte unbedingt alles klarstellen.
»Ich muss jetzt wieder weiter«, sagte Clara. »Wird Carl Sie morgen in die Klinik bringen, Bobby?«
»Carl ist ausgezogen«, antwortete Bobby.
»Ja, dann kommen Sie eben mit dem Taxi.«
»Ich werde ihn hinfahren«, sagte Rosemary.
»Sie können morgen jederzeit vorbeikommen, Bobby. Wir schieben Sie immer ein«, erklärte Clara und verabschiedete sich. Draußen blieb sie kurz stehen und bewunderte den Anblick der Jachten draußen auf dem Meer und die in rosafarbenes Licht getauchte Halbinsel Head of Howth, die den Abschluss der Bucht bildete. Mehr als dieses Haus konnte man sich nicht wünschen, doch es hatte den drei Menschen, die darin lebten, nicht viel Glück gebracht. Was für ein Jammer.
Fiona fuhr mit dem Bus zum Haus ihrer Eltern. Hoffentlich freuten sie sich ebenso wie sie über diesen Saal. Das Gute daran war, dass sie die Räume jederzeit haben konnten und dass Father Flynn sie mit Freuden auch dort trauen würde.
Jemand hatte eine Abendzeitung auf dem Platz neben ihr liegen lassen, und Fiona blätterte abwesend darin herum. Es war der übliche Gesellschaftsklatsch: Filmstars auf Besuch in Irland und Neuigkeiten von Fußballclubs in England. Plötzlich fiel Fionas Blick auf ein kleines Foto: ein junger Mann, der in einem Haus in der Innenstadt tot
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