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Wehrlos: Thriller

Wehrlos: Thriller

Titel: Wehrlos: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Sender
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in Erfahrung zu bringen, wie weit die Wissenschaft inzwischen auf diesem Gebiet ist, um das Problem anzugehen« … Rachel sprang von der Bank auf und klopfte den Staub von ihrer Hose. Das widerliche Sandwich warf sie in einen Mülleimer und fragte sich, während sie kehrtmachte, wie sie so etwas hatte essen können.
    ■ ■ ■
    Als Rachel wieder am Steuer saß, entwarf sie einen Plan. Es war dreizehn Uhr, sie hatte noch den ganzen Nachmittag vor sich. Im Radio auf RFI sang Alain Souchon Des regrets , sie schaltete den Sender ab. Sie kam am Riget vorbei und erreichte innerhalb weniger Minuten erneut das Viertel Nyboder. Sie ließ die Delfingade links liegen und fuhr auf den nächsten freien Parkplatz, ziemlich weit von ihrem Ziel entfernt. Dann lief sie an mehreren Häuserblocks entlang. In den kommenden Tagen, das nahm sie sich vor, würde sie wieder mit dem Fahrrad fahren, um den Kohlendioxidausstoß wettzumachen, auf den sie es momentan brachte.
    Die Bibliothek war vor einigen Jahren in ein rotes Backsteingebäude mitten in dem bürgerlichen Viertel umgezogen. Rachel betrat die Räumlichkeiten. Die Bezeichnung »Wissenstempel« wäre nicht anmaßend gewesen. Bücher über zwei Etagen umrahmten einen großen Lesesaal, in dem Stille herrschte. Die Möbel waren aus lackiertem Naturholz, das dem Ganzen eine warme und elegante Atmosphäre verlieh. Schon beim Betreten dieses Raumes fühlte man sich ein wenig gelehrter.
    Rachel hatte Sacha und seine Großmutter schon hierherbegleitet. Sie erinnerte sich an das erste Mal. Christa hatte ihrem Enkel, der aufmerksam in seinem Rollstuhl saß, ins Ohr geflüstert: »Sieh mal, hier ist die Abteilung Geschichte, da findest du alles über die Wikinger, die alten Ägypter oder Dinosaurier. Dort stehen Romane mit unglaublichen Geschichten …« Nach und nach hatte sie ihn an den Bücherreihen entlanggeschoben und in ihm die Leidenschaft fürs Lesen geweckt. Der Kleine, der erstaunlich still und respektvoll gewesen war, hatte ihre Worte förmlich aufgesogen, bevor er in der Kinderbuchabteilung auf einen Titel »über Ritter« gedeutet und das Buch aufgeregt wie einen geweihten Gegenstand in Empfang genommen hatte.
    Erneut nagte der Kummer an Rachel. Sie versuchte, ihn abzuschütteln, und ging zur Empfangstheke. Sie fand sich problemlos zurecht. Gleich rechts vom Eingang, hinter einem großen Schreibtisch in L-Form, tippte die Bibliothekarin, eine rosa Schildpattbrille auf der Nase, auf der Tastatur ihres Computers. Rachel stellte sich vor. »Guten Tag, ich bin die Schwiegertochter von Christa Kohler, einer Stammkundin bei Ihnen.« Der bekümmerten Miene von Eva – der Name stand auf dem Schildchen, das diese an ihrem türkisblauen Polohemd trug – entnahm Rachel, dass Christa hier bekannt und beliebt war.
    »Was für ein Drama … es tut mir aufrichtig leid für Sie. Wissen Sie, sie war hier ein echter Star.«
    Rachel nickte. »Sie las viel.«
    »Viel?«, entgegnete Eva. »Das ist ein Euphemismus. Ich, die ich wirklich lesesüchtig bin, habe in ihr meinen Meister gefunden. Sie war unersättlich und machte sich Notizen über alles, was ihr unter die Finger kam. Aber Achtung, sie war kompromisslos. Sie gab einem Buch maximal hundert Seiten, dann musste es ihr gefallen, sonst brachte sie es, mit sehr harten Worten und einer ebensolchen Bewertung auf unserer Internetseite, zurück.«
    Bei dieser Erinnerung lächelte die Bibliothekarin. »Sie war äußerst kritisch, hatte jedoch einen sehr sicheren Geschmack. Sie empfahl mir häufig Werke absolut unterschiedlicher Genres. Sie bestand darauf, ich solle in ihren Lesezirkel eintreten. Er war jedoch dienstags, wo ich meinen Salsakurs habe, das passte nicht. Ich hatte ihr versprochen, ab Januar daran teilzunehmen. Und jetzt …«
    Die hübsche Eva seufzte. »Seit ich davon erfahren habe, muss ich immer wieder an unsere Gespräche denken. Was für eine unglaubliche Frau, neugierig auf alles, offen … Wie sehr ich Sie bedauere und Christas Sohn und natürlich auch ihren Enkel.«
    Sie blinzelte. »Entschuldigung, ich rede zu viel. Weswegen sind Sie gekommen?«
    Rachel improvisierte. »Ihr Sohn ist dabei, ihr Haus auszuräumen«, erklärte sie. »Ich wollte sichergehen, dass keine Bücher mehr dort sind, die zurückgegeben werden müssen.«
    Die Bibliothekarin schaute in ihre Leserkartei. »Ja, eine philosophische Abhandlung über das Glück. Ich notiere Ihnen die Nummer.«
    Eva schrieb in einer hübschen runden Schrift mit einem rosa

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