Wehrlos: Thriller
verurteilt worden. Ein Skandal.
Während sie Morten lauschte, spielte Rachel mit ihrem Handy. Sie gab ihre PIN -Nummer ein und hörte den Startton. Es war ein altes Nokia-Gerät, das sie schon lange hätte austauschen können, doch Rachel war der Meinung, dass ein Gegenstand nicht ausgewechselt werden durfte, solange er noch funktionierte. Sie konsultierte den SMS -Eingang, etwa zwanzig Nachrichten erwarteten sie, die Hälfte von befreundeten Mitgliedern verschiedener Nichtregierungsorganisationen, die sich beunruhigt nach ihrem Zustand erkundigten. Die andere Hälfte kam von Journalisten, die um einen Rückruf baten.
»Und wie ist die seelische Verfassung? Alles okay?«, fragte Morten.
»Genau wie du habe ich einen Hass auf diese Terroristen«, erwiderte Rachel ironisch, »aber sonst ist alles okay. Ganz im Ernst, ich hatte unglaubliches Glück und bin dankbar, noch am Leben zu sein.«
Rachel schrieb eine kurze beruhigende SMS , die sie an ihre Freunde schickte, ohne den Medien zu antworten. Sie würde keine Erklärung abgeben, ohne grünes Licht von Peter zu haben. Dann scrollte sie die Nachrichten vom 21 . August durch, bis sie die fand, die sie suchte.
Steig nich in das bot sie wollen dein kof
RR 21
Ihr Herz schlug schneller, als sie eine weitere Nachricht desselben Absenders im Posteingang vorfand. Sie war letzte Nacht abgeschickt worden, noch bevor die Medien von dem Attentat berichtet hatten.
Hab dir gewarnt
RR 21
Ein eiskalter Schauder lief ihr über den Rücken.
»Was ist los?«, fragte Morten.
Sie reichte ihm das Handy. »Lies das.«
»Wer ist RR 21 ?«
»Keine Ahnung. Die erste Nachricht habe ich erhalten, bevor ich in das Schlauchboot gestiegen bin. So was bekommen wir ja alle, irgendwelche Mails von Verrückten. Normalerweise sind sie völlig bedeutungslos. Aber in diesem Fall hat wirklich jemand versucht, mich zu warnen.«
»Hast du zurückgerufen?«
»Nein.«
»Versuch es.«
Rachel gehorchte und wählte die Nummer. Sie ließ es mindestens zehnmal klingeln. »Keine Antwort.«
Morten sah sie an und meinte: »Wir müssen die Polizei informieren.«
Rachel zog angewidert eine Grimasse.
Morten kramte in der Brusttasche seiner Jacke und holte schließlich eine zerknitterte Visitenkarte heraus.
»Das ist der Ermittlungsleiter. Er wollte mit dir sprechen, sobald es dir besser geht.« Dann fuhr er missmutig fort: »Hast du eine Ahnung, wer dahinterstecken könnte?«
»Diese verdammten Grindwaljäger ausgenommen, nicht die geringste. Es ist nicht das erste Mal, dass sie es auf uns abgesehen haben.«
»Die sind zu allem bereit. Das meint auch Peter.«
Rachel nickte und schloss kurz die Augen. Wer hat den Sprengstoff an Bord versteckt, um uns zu töten? Seit sie auf der Trage der Färöer Feuerwehr zu sich gekommen war, ließ diese Frage sie nicht mehr los.
■ ■ ■
Als Morten sich kurz nach sechs Uhr verabschiedete, wählte sie Peters Nummer, doch noch ehe die Verbindung hergestellt wurde, vibrierte das Handy in ihrer Hand. Eine unbekannte Nummer wurde angezeigt.
» Hej «, sagte sie.
»Hier ist Samuel von Lommel.«
Sie erstarrte kurz. Seit nunmehr acht Monaten hatte sie die tiefe Stimme des Reporters nicht mehr gehört. Sie wusste nicht, was sie antworten sollte.
»Wie geht es dir?«, fragte der Journalist.
»Gut.«
Es wäre ihr lieber gewesen, sie hätte freundlicher reagieren können, und so fügte sie hinzu: »Danke der Nachfrage.«
»Peter hat gesagt, ich könnte dich anrufen«, fuhr von Lommel in unbeteiligtem Tonfall fort.
»Aha!«
»Hast du ein paar Minuten Zeit für mich? Ich bin unten in der Cafeteria. Darf ich raufkommen?«
»Nein, gleich beginnt die Visite«, log sie. »Wenn du ein Interview willst, wende dich an Peter.«
»Ich möchte aber mit dir sprechen. Wie ist das passiert?«
»Ich kann dir nicht antworten«, sagte Rachel gereizt.
»Hast du eine Ahnung, wer diesen Sabotageakt verübt haben könnte?«, beharrte der AFP -Korrespondent.
»Bald wird ein neues Pressekommuniqué veröffentlicht, mehr kann ich dir dazu nicht sagen.«
»Gut, aber was hast du darauf zu antworten, dass die Färinger, die ihr beschuldigt, jegliche Beteiligung abstreiten?«
Rachel schloss die Augen. Lässt du mich endlich in Ruhe, ja? Wie immer versuchte er, sie zum Reden zu bringen. Aber sie würde ihm nicht auf den Leim gehen. Es kam nicht infrage, eine Schuldzuweisung ohne Beweise auszusprechen. »Wir haben keine Anzeige erstattet.«
»Aber Peter ist der Meinung, dass sie es
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