Weiberabend: Roman (German Edition)
dampfenden Becher in der Hand aus der Küche.
»Warum versuchst du es nicht mal mit so einem Sex-Chatroom im Internet?«, schlägt Helen vor und reicht mir eine dicke Feige, die sie mit einem winzigen Stück von jedem Käse gefüllt hat. »Meine Schwester sagt, das sei sehr lustig – sie ist da ständig unterwegs.«
»Sei bloß vorsichtig, da draußen gibt es eine Menge Perverse«, sagt CJ.
Ein paar von uns werfen ihr einen genervten »Ach, wirklich?«-Blick zu.
»Also schön, ja, ich habe das auch schon ab und zu gemacht … was ist schon dabei? Ich bin Single, einsam und sexhungrig, also erspart mir euer Urteil«, sagt CJ.
»Nein, das käme mir auch so vor, als würde ich ihn betrügen«, sagt Dooly. »Mir fehlt nichts, wirklich. Sex ist mir nicht mehr so wichtig. Schlaf, das brauche ich heutzutage.«
»Mit jemandem übers Internet über Sex zu chatten, würde dir so vorkommen, als betrügst du Max?«, fragt Liz. Sie hat ein Stück Feige abgebissen, doch ihre Geschmacksknospen scheinen nicht begeistert zu sein.
»Ja, wirklich«, sagt Dooly, streckt sich nach der Weinflasche und schenkt sich auch gleich noch Karamell-Likör nach.
Liz schüttelt den Kopf. »Das sind doch nur Worte, keine Berührung, kein Austausch von Körperflüssigkeiten. Ich verstehe das nicht.«
»Liz, wie würdest du dich denn fühlen, wenn Carl stundenlang in irgendeinem Chatroom mit jemandem über Sex quatschen würde?«, fragt Tam und nippt an ihrem warmen, uringelben Tee.
»Ganz ehrlich? Ich hätte kein Problem damit.«
»Ich hätte schon das Gefühl, dass Kevin mich betrügen würde«, sagt Tam.
»Mir wäre es lieber, wenn David so was in einem Chatroom macht, als wenn er hinginge und richtigen Sex mit einer anderen Frau hätte«, sagt Helen. »Ich meine, ich könnte vermutlich damit leben, wenn er das unbedingt braucht, aber nicht, wenn er mit einer anderen schlafen würde. Wenn er eine Affäre hätte, würde ich ihn verlassen und die Kinder mitnehmen.«
»Und wo ist da die Strafe?«, fragt CJ. »Solltest du ihn nicht mitsamt den Kindern sitzen lassen, um die er sich dann kümmern darf?«
»Ja, genau«, sagt Helen und kichert. »Könnt ihr euch das vorstellen? Nach einer Woche hätte er einen Nervenzusammenbruch.«
»Ich habe eine Freundin, deren Ehemann im Internet mit Männern gechattet hat. Er stand total auf Schwulenpornos«, sagt Fiona.
»Damit käme ich nicht klar«, sagt Tam. »Ich meine, ich würde mich sehr zurückgewiesen fühlen.«
»Aber er hat es ja nicht ausgelebt«, sagt Fiona.
»Kann er das beweisen? Ich hatte schon viele Mandantinnen, deren Männer alles Mögliche hinter dem Rücken ihrer Ehefrauen angestellt haben, ohne dass sie irgendwas gemerkt hätten. Und wahrscheinlich hat er sogar an andere Männer gedacht, während er es mit ihr getrieben hat«, sagt CJ.
»Womit ich überhaupt nicht klarkäme, wäre, wenn Frank sich als Transvestit entpuppen würde. Ich glaube, alles andere könnte ich irgendwie geregelt kriegen und verzeihen, aber wenn er sich daran aufgeilen würde, Frauenkleider anzuziehen, ich glaube, da wäre für mich Schluss.«
»Kannst du dir Frank in High Heels und Netzstrumpfhose vorstellen?«, fragt Helen und lacht. Wir beide fangen an zu kichern. Dooly gackert.
»Du würdest ihm eine Affäre also unter keinen Umständen verzeihen?«, fragt Liz Helen und unterbricht damit unser Gelächter.
»Auf keinen Fall«, sagt Helen.
Ich betrachte CJ aus den Augenwinkeln. Sie hat tapfer standgehalten und das Prinzip »Wer betrügt, muss gehen« durchgesetzt. Ich frage mich, was sie empfunden hat, sobald die Wogen der Untreue sich geglättet hatten und die glühende moralische Empörung den trüben Zwischentönen des Alltags gewichen war. Ist eine Art verschämte Reue in ihr emporgestiegen? Hat sie sich hin und wieder gefragt, ob sie und die Kinder nicht besser dran wären, wenn sie ihren Stolz heruntergeschluckt und um eine Versöhnung gekämpft hätte?
»Was ist mit eurer gemeinsamen Geschichte, euren gemeinsamen Werten, eurer Freundschaft?«, fragt Liz. Inzwischen hat sie die Feigen ganz verschmäht.
»Wenn das Vertrauen einmal zerstört ist, wäre es sehr schwer, wieder zusammenzufinden«, meint Fiona.
»Was ist mit einer emotionalen Bindung an jemand anderen?«, schlägt Liz nun vor. Sie lehnt sich mit verschränkten Armen auf ihrem Stuhl zurück.
»Noch schlimmer«, sagt Helen. »Sex ist eine Sache, aber wenn David eine richtige emotionale Beziehung zu einer anderen Frau hätte …
Weitere Kostenlose Bücher