Weiberabend: Roman (German Edition)
sich im Zaum. Tams Geheimnis kriecht zurück in meine Kehle und von dort aus in meinen Bauch, wo es sich in eine neue, sichere Nische kuschelt, weit weg vom Strom müßigen Klatsches.
»Ich weiß«, sagt sie.
Sie und ich trinken schweigend Kaffee. Ich ziehe die Beine unter meinen Morgenmantel und dehne meinen Rücken über die Armlehne.
»Ich möchte nicht mit so einem Arschloch verheiratet sein«, sage ich und richte mich wieder auf.
»Du hast Glück«, sagt sie.
»Ich weiß. Frank ist ein guter Mann …« Liebevoll denke ich an meinen Frank. Es gibt mir einen frischen Stoß der Erregung, wenn andere erkennen, was für ein guter Mann er ist. »Aber Carl ist auch kein Arschloch«, sage ich.
»Nein, ist er nicht. Aber er kann sehr launisch sein.«
»Südländisches Temperament?«, schlage ich vor.
»Kann sein.« Sie streicht mit den Fingern ihre Augenbrauen in Form.
Ich strecke die Beine aus und bedecke sie mit dem absurden Frotteebademantel, auf dessen Tasche mein Name gestickt ist – »Joanne« – ein Geschenk von meiner Mutter zu meinem dreißigsten Geburtstag.
Im Morgenlicht wirkt Liz weicher. Ich betrachte sie voller Zuneigung. Diese scharfe, spitze Autorität wirkt in Nachthemd und Hausschuhen beinahe zerbrechlich. Sie muss meine Gedanken erraten haben, denn als Nächstes sagt sie: »Ich hatte eine Affäre.«
Um ein Haar verschütte ich Kaffee auf meinen Morgenmantel. Aber ich rühre mich nicht. »Tatsächlich?«, sage ich nur. Ich frage mich, was sie in meinem Gesicht gelesen haben mag, das sie zu diesem Geständnis bewegt hat. »Mit wem?«
»Ach, nicht so wichtig … jemand aus meiner Vergangenheit, aus Uni-Zeiten, der unerwartet wieder in meinem Leben erschienen ist«, sagt sie. Wird sie mir mehr erzählen? Ich will nicht zu viele Fragen stellen, um ja nicht neugierig zu erscheinen, obwohl meine Neugier schon die Hände ringt wie ein Vater, der es kaum erwarten kann, endlich zu erfahren, ob es ein Junge oder ein Mädchen ist.
»Jemand, der mich vergöttert – du weißt schon, so, wie wir von Menschen angehimmelt werden, die in eine Vorstellung von uns verliebt sind, nicht in die wirkliche Person.«
Ich nicke.
»Läuft die Affäre immer noch?«, frage ich.
»Nein, ich habe sie beendet. Vor etwa zwei Wochen.«
»Ist das gut oder schlecht?«, frage ich.
»An manchen Tagen ist es gut, und an manchen so beschissen schlecht, das kannst du dir gar nicht vorstellen.«
»Wie war es denn?«, frage ich.
Sie nippt an ihrem Kaffee und sieht mich nicht an, sondern genießt die Dreieinhalb-Millionen-Aussicht auf den Hafen, die stille, weite Wasserfläche und den Horizont, die sich vor uns ausbreiten.
»Es hat eine Sehnsucht in mir befriedigt, die schon seit Jahren danach geschrien hat.«
»Ich denke … das kann nicht nur schlecht sein?«, wage ich zu sagen.
»Es war gut für mich«, sagt sie. »Jedenfalls hat es einen Teil von mir wiederbelebt. Ich vermisse diese Leidenschaft. Ein Ehemann kann einem einfach nicht dasselbe Gefühl vermitteln wie ein heimlicher Geliebter. Das ist ein Planungsfehler der Ehe.«
So etwas wie Erleichterung – jedenfalls ist es nicht nur Koffein – durchströmt mich jetzt. Ich habe mich immer vor dem Tag gefürchtet, an dem ein Liebhaber aus meiner Vergangenheit mir über den Weg laufen und das Gelöbnis, das ich Frank gegenüber abgelegt habe, zum Gespött machen könnte. Ich habe nicht den Wunsch, ihm untreu zu sein oder ihm das Herz zu brechen, aber ich fürchte, unter den falschen Umständen könnte ich zu beidem fähig sein. Vielleicht beruht eheliche Treue doch eher auf der zufälligen Tugend mangelnder Gelegenheit als auf der moralischen Überlegenheit dessen, was richtig ist.
»Hat Carl es herausgefunden?«, frage ich.
»Nein«, sagt sie. »Ich erzähle ihm nur Dinge, die er wissen muss. Das braucht er nicht zu wissen.«
»Wow«, sage ich.
»Ja, aber er hat schon gemerkt, dass irgendetwas nicht stimmt. Er will, dass wir zu einer Eheberatung gehen …«
Ich trinke einen großen Schluck Kaffee. »Das ist doch in Ordnung, oder?«, frage ich zögerlich, unsicher, weil ich Liz’ Gefühle nicht abschätzen kann.
»Findest du?«, fragt sie. »Warum?«
»Hm …« Ich suche nach einer Antwort, die den Maßstäben von Liz’ kompromissloser Logik genügen könnte. Sie hat keine Geduld für hohle Phrasen. »Ich glaube, alle Beziehungen können von einer psychologischen Beratung nur profitieren. Das ist eine Chance, einander besser kennenzulernen.«
Sie schnieft
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