Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weiberabend: Roman (German Edition)

Weiberabend: Roman (German Edition)

Titel: Weiberabend: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Fedler
Vom Netzwerk:
nicht mehr gesehen. Als sie mir das erzählte, zog sie stolz das zerknitterte Foto eines Neugeborenen aus ihrer Brusttasche. »Sehen Sie, aber sie schon groß jetzt.« In diesem Moment habe ich Liz verabscheut.
    Lily wohnt bei Liz und Carl, weil deren Lifestyle das erforderlich macht. Sie steht ihnen vierundzwanzig Stunden am Tag zur Verfügung. Helen hat mir allerdings erzählt, dass Liz sie sehr gut bezahlt. Liz hat darauf bestanden, dass Lily das Autofahren lernt, hat ihre Fahrstunden und die Prüfung bezahlt, und dann noch einmal, weil Lily in der Führerscheinprüfung durchgefallen ist, und als Lily beim vierten Versuch endlich bestanden hat, hat Liz einen nagelneuen Drittwagen gekauft, mit Airbags und sämtlichen anderen Sicherheitsvorrichtungen, die man sich vorstellen kann. Jetzt fährt Lily die Kinder zu all ihren außerschulischen Aktivitäten: Cricket, Ballett, Musikstunden, Schach und Schwimmen. Ich vermute, dass nicht der gesamte Lohn heim nach Korea fließt – einmal habe ich Lily mit einer Louis-Vuitton-Handtasche gesehen, aber vielleicht war das eine abgelegte von Liz. Lily hängt mit einer blinden Loyalität an Liz, auf die schmeichlerische Art von Sklaven, die glauben, dass sie ihrem Herrn alles verdanken und ihm die Sonne aus dem Arsch scheint. Das könnte sogar stimmen. Liz ist einer dieser beneidenswerten, super-erfolgreichen Menschen, die alles haben. Aber bei ihr möchte ich nicht Kind sein.
    Liz arbeitet wie besessen. Meistens kommt sie so spät von der Arbeit nach Hause, dass sie ihre Kinder nicht mehr sieht, zumindest nicht wach. Aber Carl springt für Liz ein, und Lily springt für alle beide ein. Liz lässt keinen Zweifel daran, dass ihre erfolgreiche Karriere der Dreh- und Angelpunkt für ihr Wohlbefinden und ihr Selbstverständnis ist. »Ich lebe meiner Tochter vor, was eine Frau alles erreichen kann«, sagt sie. Helen und ich wetten oft scherzhaft, dass Chloe höchstwahrscheinlich mit achtzehn heiraten, sechs Kinder bekommen und Hausfrau und Mutter werden wird. Ich bin überzeugt davon, dass Kinder unsere tiefste Unsicherheit aufnehmen und in Treibstoff für die gnadenlose Rache umwandeln, die sie früher oder später an uns üben werden. Liz wird eine unschöne Überraschung erleben, wenn die Endabrechnung ihrer Elternschaft keinen nennenswerten Ertrag bringt, wie bei einer Bilanz, für die man einen Bonus bekommen kann. Doch man muss Liz zugutehalten, dass sie brutal ehrlich ist. Die meisten von uns sind zu sehr mit Windelwechseln beschäftigt, als dass wir uns einer eigenen Karriere widmen würden. Schon gar nicht mit solch einer Energie, wie sie es tut – Liz könnte damit eine Mondrakete abheben lassen. Aber sie sagt immer: »Ich habe zehn Jahre meines Lebens darauf verwendet, mein Unternehmen aufzubauen und mir meinen Platz in der Welt zu schaffen, und darauf bin ich stolz. Ich wollte, dass auch Kinder zu meinem Leben gehören, aber ich war nicht bereit, alles aufzugeben, um Mutter zu sein. Die Kinder müssen sich meinem Leben anpassen, nicht umgekehrt.«
    Liz stellt ihren Trolley am Fuß der Treppe ab, schlüpft ins Wohnzimmer, schiebt die Lasagne auf den Couchtisch und lässt sich in den nächsten Sessel sinken, mit der geübten Eleganz einer Frau, die an die ständigen kritischen Blicke von Untergebenen gewöhnt ist. Sie ist der selbstsicherste Mensch, den ich kenne, und falls ihre Strumpfhose eine Laufmasche von der Ferse bis zum Schritt aufweisen sollte, würde sie immer noch ausstrahlen: »Das soll so sein.« Sie atmet seufzend aus. »Himmel, würde mir bitte jemand was zu trinken bringen?« Helen trägt gerade ein Tablett mit acht Gläsern Erdbeer-Daiquiri herein.
    »Du siehst aus, als könntest du einen brauchen«, sagt Helen und reicht ihr ein Glas.
    »Nein, das trinke ich nicht«, sagt Liz, »zu viel Zucker. Nur ein Glas Rotwein, bitte. Ist Fi noch nicht da?«
    »Nein, wahrscheinlich schrubbt sie gerade ihre Herdplatten mit einer Zahnbürste … aber sie kommt bestimmt, sie hat fest zugesagt«, erklärt Helen. »Ach, na los, trink einen Daiquiri – der tut dir gut.«
    »Ich trinke lieber Wein, danke«, sagt sie und deutet auf mich.
    Helen zuckt mit den Schultern, nimmt mir die Flasche ab und trottet von dannen, um den Rotwein aufzumachen.
    »Und, habt ihr schon gehört, was unsere Fi neuerdings so treibt?«, erkundigt sich Liz.
    »Nein, was denn?«, frage ich.
    »Sie hat mit Kickboxen angefangen!« Liz lacht.
    »Fi?«
    »Ja, und nach allem, was ich höre, macht es ihr

Weitere Kostenlose Bücher