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Weiberabend: Roman (German Edition)

Weiberabend: Roman (German Edition)

Titel: Weiberabend: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Fedler
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angeboten, aber ich verabscheue Ungeziefer, auch die domestizierte Sorte; stattdessen habe ich ihr eine Spargelpastete gebracht, mit Rosmarin, glasierten Zwiebeln und Pecorino, die ihr sehr gut geschmeckt hat.
    Sofern sie den Mut dazu hätte, wäre sie besser dran, wenn sie Max verließe. Aber der gute alte Super-Klebstoff für Beziehungen namens »SCHULDGEFÜHL« hält sie bei ihm, klebt sie an seine Seite wie einen festgetackerten Anhang. Sie übermittelt ihre Trauer durch diese übertriebenen Versuche, Konversation zu machen. Wenn sie spricht, ist es, als führte sie zwei Unterhaltungen gleichzeitig – eine, die wir alle hören können, und dann das leise Flüstern, mit dem sie zu dem Teil von sich selbst spricht, den sie betrauert.
    Ihre Söhne Luke und Tyler sind beinahe gleich groß, obwohl sie altersmäßig drei Jahre auseinander liegen, und wohlmeinende Fremde treten oft ins Fettnäpfchen, indem sie sagen: »Oh, Sie haben ja Zwillinge!«, was Doolys Sorge natürlich nur verschlimmert. Luke, ihr Ältester, hat irgendeine Nahrungsmittelallergie, der Dooly seit Jahren auf die Spur kommen will. Ich glaube, inzwischen hat sie es einfach aufgegeben und hofft, Mutter Natur wird sich schon darum kümmern. Tam bearbeitet sie ständig wegen Gluten und hat einmal sogar gemutmaßt, Lukes Allergien könnten allesamt durch Impfungen verursacht sein. Man sollte doch meinen, dass Tam das für sich behalten könnte, da sie weiß, wie anfällig Dooly für Schuldgefühle ist, aber nein, sie musste es ihr sagen.
    Ich empfinde einen gewissen Beschützerinstinkt für Dooly, genau wie für behinderte Menschen. Ich schenke offensichtlich Kranken und Schwachen stets einen freundlichen Blick oder biete ihnen an, die Tüte zu tragen oder über die Straße zu helfen. Dooly weckt denselben Drang in mir. Aber in einem anderen Leben, geprägt von anderen Entscheidungen, wäre sie vielleicht blühend gediehen. Ich vermute, dass sie eine tiefgründige Denkerin ist und einen latenten Sinn für Humor hat, den wir selten zu sehen bekommen – aber er ist da, begraben unter den Bürden ihres Daseins. Sie verschwendet keine Energie darauf, die harten Belastungen ihres Lebens zu kaschieren, und das hat so etwas bezwingend Aufrichtiges.
    CJ beklagt sich schon beim Hereinkommen – sie hat Kopfschmerzen, leidet am Nikotinentzug und muss sofort auf die Toilette, bevor es ein Unglück gibt. Aber mit einer Hand umklammert sie eine billige Flasche Weißwein, mit der anderen einen Strauß himmlischer, sattgelber Tulpen. Ich liebe sie dafür, dass sie Blumen mitgebracht hat – Blumen ohne jeden Hintergedanken. Nicht pro forma, weil eben Valentinstag ist. Nicht als Entschuldigung für einen vergessenen Geburtstag. Für niemanden von uns im Besonderen, einfach nur für den schönen Tisch und zu Ehren unseres Festmahls. Über einer Schulter trägt sie eine riesige Puma-Sporttasche. Auch sie sieht ausgelaugt und fertig aus, aber das sind alleinerziehende Mütter wohl alle – noch fertiger als wir verheirateten, die zumindest die Illusion einer Unterstützung durch unsere Ehemänner haben. Sie ist eine weitere Berufstätige in unseren Reihen, und man sieht ihr den Stress an; obwohl sie Anfang vierzig ist, wird ihr früher ebenholzschwarzes, schulterlanges Haar schon grau, und Falten verleihen ihrem Gesicht Charakter. Sie hat eines von diesen Gesichtern, die man nie müde wird anzusehen, mit einem kleinen Muttermal über der Oberlippe, das in ihrer Jugend die Männer wahnsinnig gemacht haben muss. Im Gegensatz zu Tam oder Dooly strahlt CJ Sexappeal aus, auch wenn sie das selbst nicht sehen kann.
    CJ hat einen anständigen Job in einer durchschnittlichen Anwaltskanzlei. Sie macht etwa dreißig »hässliche, gemeine, erbitterte« Scheidungen pro Monat und ist die Einzige von uns, die »zu haben« ist, zumindest offiziell (denn wer von uns würde nicht das eine oder andere kleine Körperteil dafür geben, dass unser »wahrer Seelengefährte« erscheint, woraufhin wir unsere bequemen Ehemänner fallen lassen würden wie heiße Kartoffeln?). CJ ist in den vergangenen vier Jahren mit einigen Männern ausgegangen, die aber entweder geschieden waren und »ungenießbar vor lauter Exfrauen-Hass«, oder die »unter den ganzen Altlasten, die sie mit sich herumschleppen, schwer zu finden sind«. Die verfügbaren Männer sind entweder auf schnellen Sex aus, um sich dann mitten in der Nacht davonzuschleichen und nie wieder anzurufen. Oder sie wollen kuscheln, bei ihr

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