Weiberregiment
erzählen eine Geschichte in
einem großen Raum, in dem die Welt ein anderer Ort ist. Andere Leute
sitzen dort, sehen ihnen zu und essen Schokolade. Sehr, sehr
abscheulich.«
»Ich habe einmal ein Kasperletheater im Ort gesehen«, sagte Knal er.
»Dann brachten sie den Mann fort, und es wurde eine Abscheulichkeit
daraus.«
»Ich erinnere mich daran«, sagte Polly. Offenbar sollten keine
Krokodile gezeigt werden, die amtliche Personen fraßen, obwohl bis zu
dem Kasperletheater niemand im Ort gewusst hatte, was ein Krokodil
war. Die andere Stelle, als der Kasper seine Frau schlug, war ebenfal s
eine Abscheulichkeit, weil er dabei einen Stock benutzte, der dicker war
als die zugelassenen zweieinhalb Zentimeter.
»Man wird den Leutnant sofort durchschauen«, sagte sie.
»Ja, aber er hört nicht auf unf«, erwiderte Igorina. »Ich werde mir mit
Schere und Nadel al e Mühe geben, eine Frau auf ihm zu machen,
aber…«
»Wenn du über solche Dinge sprichst, Igorina, entstehen dabei sehr seltsame Bilder vor meinem inneren Auge«, meinte Maladikt.
»Entschuldigung«, sagte Igorina.
»Kannst du für ihn beten, Reißer?«, fragte Pol y. »Ich glaube, wir
brauchen hier ein Wunder.«
Reißer schloss gehorsam die Augen und faltete die Hände. Nach
einem Moment sagte sie schüchtern: »Ich fürchte, in diesem Fal ist
mehr nötig als nur ein Truthahn.«
»Reißer…«, begann Pol y. »Sprichst du wirklich…« Sie brach ab, und
ein strahlendes kleines Gesicht sah sie an.
»Ja«, sagte Reißer. »Ich spreche wirklich mit der Herzogin.«
»Ja, ich habe ebenfalls mit ihr gesprochen«, schnappte Toller. »Hab sie
einmal angefleht. Aber das dumme Gesicht starrte nur und tat nichts.
Sie hat nie dafür gesorgt, dass irgendetwas aufhört . All der Kram, all die dummen…« Sie unterbrach sich, als zu viele Worte ihr Gehirn
blockierten. »Wie dem auch sei, warum sol te sie mit dir reden?«
»Weil ich ihr zuhöre«, sagte Reißer ruhig.
»Und was sagt sie?«
»Manchmal weint sie nur.«
» Sie weint?«
»Weil es so viele Dinge gibt, die sich die Leute wünschen, und sie
kann sie ihnen nicht al e geben.« Reißer bedachte ihre Zuhörer mit
einem ihrer Lächeln, das den Raum erhel te. »Aber es wird al es in
Ordnung sein, wenn ich am richtigen Platz bin«, fügte sie hinzu.
»Das ist ja alles gut und…«, sagte Polly in der Wolke aus tiefer
Verlegenheit, die Reißer in ihr erzeugte.
»Ja, meinetwegen«, brummte Toller. »Aber ich bete zu niemandem,
klar? Nie wieder. Dies gefäl t mir nicht, Reißer. Du bist ein anständiges
Mädchen, aber es gefällt mir nicht, wie du lächelst…« Sie unterbrach
sich. »O nein…«
Pol y sah Reißer groß an. Ihr Gesicht war schmal und kantig, und die
Herzogin auf dem Bild sah aus wie… wie ein überernährter Steinbutt,
aber dieses Lächeln, das Lächeln…
»Das lasse ich mir nicht gefallen!«, fauchte Toller. »Hör sofort damit
auf! Ich meine es ernst! Das ist mir nicht geheuer! Schnieke, sorg dafür,
dass sie… er nicht mehr so lächelt!«
»Beruhigt euch, ihr alle…«, begann Polly.
»Seid verdammt noch mal still!«, sagte Jackrum. »Ein Mann kann sich
ja gar nicht mehr kauen hören. Hört mal, ihr seid alle gereizt. So was
passiert. Und Reißer hier genehmigt sich ein bisschen Religion vor dem
Kampf. Auch das passiert. Ihr solltet das alles für den Feind aufsparen.
Beruhigt euch. So etwas nennen wir im Militär einen Befehl, klar?«
»Perks?« Das war Bluse.
»Beeil dich besser«, sagte Maladikt. »Vermutlich möchte er, dass du
ihm das Korsett zubindest…«
Bluse saß auf den Resten eines Stuhls.
»Ah, Perks«, sagte er. »Bitte rasier mich.«
»Oh, ich dachte, deiner Hand ginge es inzwischen besser, Herr…«
»Äh… ja.« Bluse wirkte verlegen. »Das Problem, Perks, ist…
Eigentlich habe ich mich nie selbst rasiert, um ganz ehrlich zu sein. Im
Internat hatte ich jemanden, der das für mich erledigte, und als ich zum
Militär kam, teilte ich mir einen Burschen mit Blitterskitt, und, äh, die
Versuche, die ich selbst unternommen habe, waren immer ein wenig
blutig. Ich habe nie richtig darüber nachgedacht, bis ich nach Plotz
kam, und, äh, plötzlich war es peinlich…«
»Tut mir Leid, Herr«, sagte Polly. Die Welt war sonderbar.
»Später könntest du mir viel eicht den einen oder anderen Tipp
geben«, fuhr Bluse fort. »Wie mir aufgefallen ist, bist du immer perfekt
rasiert. General Schnitz wäre sehr zufrieden. Er
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