Weiberregiment
»Du auch, Knaller! Bewegung!«
Er lief an der Seite der Rinne entlang und wirkte dabei wie ein bunter,
vom Wind getriebener Luftballon. Polly und Knaller mussten sich
beeilen, um nicht den Anschluss zu verlieren. Jackrum hatte die Arme
vol er Kleidungsstücke; Teile davon flatterten wie Fahnen hinter ihm.
Vor ihnen, weiter oben, wuchs kniehohes Gestrüpp, tückisch in der
Düsternis. Sie stolperten und wankten hindurch, bis sie dichtere
Vegetation erreichten, und dort hielt der Feldwebel die beiden Rekruten
an, drückte sie ins Gebüsch. Die Rufe und Schreie waren inzwischen
leiser geworden.
»Jetzt müssen wir leise sein«, flüsterte er. »Hier sind Patrouillen
unterwegs.«
»Bestimmt finden sie uns«, zischte Polly. Knaller schnaufte.
»Nein, sie finden uns nicht«, widersprach Jackrum. »Zuerst laufen alle
dorthin, woher die Schreie kommen, weil das die erste Reaktion ist…
Na bitte, was habe ich gesagt?« Pol y hörte weitere Rufe in der Ferne.
»Und wie dumm sie doch sind. Sie sol en den Rand des Heerlagers
bewachen, laufen jetzt aber ins Lager, noch dazu dem Licht entgegen,
was bedeutet, dass sich ihre Augen erst wieder an die Dunkelheit
gewöhnen müssen. Wenn ich ihr Feldwebel wäre, würde ich ihnen das
Fel über die Ohren ziehen! Kommt.« Er stand auf und zog Knal er
hoch. »Al es in Ordnung, Junge?«
»Es w-w-war schrecklich, Feldwebel! Eine von ihnen hat mir die
Hand auf… auf die Socken gelegt!«
»Ich wette, so was passiert nicht oft«, sagte Jackrum. »Ihr habt gute
Arbeit geleistet. Jetzt schleichen wir still und leise und reden nicht
mehr, bis ich euch Bescheid gebe, klar?«
Zehn Minuten lang schlichen sie um das Lager herum durch die
Nacht. Sie hörten mehrere Patrouillen und sahen einige weitere auf den
Hügeln, als der Mond aufging, aber allmählich wurde Polly klar: So laut
das Geschrei auch gewesen war, es verlor sich im allgemeinen Lärm des
Lagers. So weit entfernt hatten die Patrouillen es vermutlich gar nicht
gehört, oder sie wurden von Soldaten kommandiert, denen nichts daran
lag, dass man ihnen das Fell über die Ohren zog.
In der Dunkelheit hörte Pol y, wie Jackrum tief durchatmete.
»Na schön, das ist weit genug. Keine schlechte Arbeit, Jungs. Jetzt
seid ihr echte Rein-und-Rausser!«
»Der Wächter war vol kommen hinüber«, sagte Pol y. »Hast du ihn
niedergeschlagen?«
»Weißt du, ich bin dick«, sagte Jackrum. »Die Leute glauben, Dicke
könnten nicht kämpfen. Sie halten Dicke für komisch. Da irren sie sich.
Hab ihm einen Hieb gegen die Kehle verpasst.«
»Feldwebel!«, entfuhr es Knal er entsetzt.
»Was dagegen? Er hat mich mit einem dicken Knüppel angegriffen!«,
sagte Jackrum.
»Und was hat ihn dazu veranlasst, Feldwebel?«, fragte Pol y.
»Oh, du schlauer kleiner Soldat«, erwiderte Jackrum. »Na schön, ich
gebe zu, dass ich die Verährteste gerade ins Reich der Träume geschickt
hatte, aber ich weiß, wann mir jemand ein Getränk mit vielen
Schlaftropfen drin anbietet.«
»Du hast eine Frau geschlagen, Feldwebel?«, fragte Polly.
»Ja, und wenn sie zu sich kommt in ihrem Korsett, hat sie vielleicht
ein Einsehen. Dann sieht sie vielleicht von dem Versuch ab, dem
nächsten betrunkenen Dicken, der in ihr Zelt torkelt, sein ganzes Geld
abzuknöpfen«, knurrte Jackrum. »Wenn’s nach ihr gegangen wäre, hätte
ich mich ohne Unterhose in irgendeinem Graben wiedergefunden,
noch dazu mit einem ordentlichen Brummschädel, und wenn ihr beiden
so dumm gewesen wärt, euch bei einem Offizier zu beschweren, so
hätte sie geschworen, dass Schwarz Blau ist und ich ohne einen einzigen
Cent zu ihr gekommen bin, betrunken war und randaliert habe. Und
dem Oberst wäre al es schnuppe gewesen, denn ein Feldwebel, der
dumm genug ist, sich in eine solche Situation zu bringen, hat es seiner
Meinung nach nicht besser verdient. Ich kenne mich aus. Und ich
kümmere mich um meine Jungs.« Es klimperte in der Dunkelheit. »Und
einige zusätzliche Dollars können nicht schaden.«
»Hast du etwa die Kasse mitgehen lassen, Feldwebel?«, fragte Polly.
»Ja. Und auch einen Teil der Garderobe.«
»Gut!«, sagte Knaller mit Nachdruck. »Es war kein schöner Ort!«
»Die Kasse enthielt ohnehin zum größten Teil mein Geld«, sagte
Jackrum. »Das Geschäft scheint heute nicht sehr gut gewesen zu sein,
so wie’s sich anfühlt.«
»Aber es ist unmoralisches Geld!«, sagte Pol y und kam sich eine
Sekunde später wie eine Närrin
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