Weiberregiment
Inhaberin
den Raum verließ.
Knal er schob sich etwas näher an Pol y heran. »Ist mit dem
Feldwebel alles in Ordnung, Schnieke?«, flüsterte sie.
»Er hat nur ein bisschen zu viel getrunken«, antwortete Pol y laut, als
die vier jungen Frauen aufstanden.
»Aber er…« Knal er bekam einen Stoß in die Rippen, bevor sie mehr
sagen konnte. Eine der Frauen legte sorgfältig ihr Strickzeug beiseite,
nahm Pollys Arm, zeigte gut einstudiertes Interesse und sagte: »Du bist
ein attraktiver junger Mann. Wie heißt du, Schatz? Ich bin Grazia.«
»Oliver«, sagte Polly. Und was zum Teufel war die gute Tradition der Rein-und-Rausser?
»Hast du jemals eine Frau ohne Kleidung gesehen, Oliver?« Die
anderen Mädchen lachten.
Die Frage traf Pol y unvorbereitet, und für einen Moment runzelte sie
die Stirn. »Ja«, sagte sie. »Natürlich.«
»Oh, mir scheint, wir haben hier einen echten Don Juhan, Mädels«,
sagte Grazia und trat zurück. »Vielleicht müssen wir Verstärkung
anfordern. Was hältst du davon, wenn wir zusammen mit Prudentia ein
stilles Plätzchen aufsuchen, während dein Freund bei Frommia und
Komfortia zu Gast ist? Komfortia weiß, wie man mit jungen Männern
umgeht, nicht wahr, Komfortia?«
Feldwebel Jackrum hatte sich bei der Beschreibung der jungen Frauen
geirrt. Drei von ihnen waren tatsächlich einige Mahlzeiten von einem
gesunden Gewicht entfernt, aber als Komfortia aufstand, wurde klar:
Der Lehnstuhl, auf dem sie bis eben gesessen hatte, war recht klein; sie
selbst schien ein großer Teil von ihm gewesen zu sein. Für eine große
Frau hatte sie ein kleines Gesicht, worin ein finsterer Ausdruck klebte.
Auf einen ihrer Arme war ein Totenkopf tätowiert.
»Er ist jung«, sagte Grazia. »Er wird es überstehen. Komm, Don
Juhan…«
In gewisser Weise war Pol y erleichtert. Die Mädchen gefielen ihr
nicht. Ein solcher Beruf setzte al en zu, aber sie hatte einige leichte
Mädchen in ihrem Heimatort kennen gelernt, und die hatten etwas, das
den hiesigen fehlte.
»Warum arbeitet ihr hier?«, fragte Pol y, als sie einen kleineren Raum
mit Wänden aus Zeltleinwand betraten. Den größten Teil davon
beanspruchte ein wackliges Bett.
»Du siehst zu jung aus, um so ein Kunde zu sein«, sagte Grazia.
» So einer?«
»Ein Herr Heilig«, sagte Grazia. »›Was macht ein Mädchen wie du an
einem solchen Ort?‹ und so weiter. Wenigstens haben wir Garri dort
draußen. Wenn jemand grob wird, knöpft er sich den Burschen vor,
und wenn er mit ihm fertig ist, erfährt der Oberst davon, und dann
kommt der Mistkerl in den Knast.«
»Ja«, bestätigte Prudentia. »Nach dem, was ich gehört habe, gibt es im
Umkreis von fünfundzwanzig Meilen keine Frauen, die so sicher sind
wie wir. Die alte Schwupp ist nicht übel. Wir bekommen ein wenig
Geld und zu essen, und sie schlägt uns nicht, im Gegensatz zu gewissen
Ehemännern, und derzeit sol te man besser nicht irgendwo
herumlaufen.«
Jackrum duldet Bluse, weil man einen Offizier haben muss, dachte
Pol y. Wenn man keinen Offizier hat, kommt einer und übernimmt das
Kommando. Und wenn eine Frau al ein ist, fehlt ihr ein Mann, während
ein einzelner Mann sein eigener Herr ist. Eine Hose. Darin liegt das
Geheimnis. Eine Hose und ein Paar Socken. Das hätte ich vorher nicht
für möglich gehalten. Zieh eine Hose an, und die Welt verändert sich.
Wir gehen anders. Wir verhalten uns anders. Ich sehe diese Mädchen
und denke: Idioten! Besorgt euch Hosen!
»Könntet ihr bitte eure Kleidung ablegen?«, fragte sie. »Wir sollten
uns besser beeilen.«
»Ganz klar ein Rein-und-Rausser«, sagte Grazia und streifte ihr Kleid
von den Schultern. »Behalt deine Käse im Auge, Pru!«
»Äh… warum bedeutet das, dass wir Rein-und-Rausser sind?«, fragte
Pol y. Sie knöpfte ihre Jacke auf und bedauerte, dass sie nicht an einen
Gott glaubte. Andernfal s hätte sie jetzt darum beten können, dass die
Pfeife des Feldwebels erklang.
»Ihr Jungs behaltet immer das Wesentliche im Auge«, sagte Grazia.
Und viel eicht hörte jemand zu, denn die Pfeife erklang tatsächlich.
Pol y schnappte sich die Kleidung, lief los und schenkte den Schreien
der jungen Frauen keine Beachtung. Im Vorzimmer stieß sie mit
Knaller zusammen, stolperte fast über den stöhnenden Garri, sah
Feldwebel Jackrum, der die Eingangsplane des Zelts beiseite hielt, und
huschte in die Nacht.
»Hier entlang!«, zischte Jackrum, packte Pol y am Kragen und
schwang sie herum.
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