Weiberregiment
vor.
»Nein«, entgegnete Jackrum. »Es war unmoralisches Geld. Jetzt ist es gewöhnliche Diebesbeute. Das Leben ist viel einfacher, wenn man
lernt, direkt zu denken.«
Polly war froh, dass es keinen Spiegel gab. Das Beste, was man über die
neue Kleidung der Truppe sagen konnte, war: Sie bedeckte die
Rekruten. Aber dies war ein Krieg. Man sah nur selten neue Kleidung,
bei wem auch immer. Und doch breitete sich Unbehagen in ihnen aus,
obwohl das überhaupt keinen Sinn hatte. Im kühlen Licht der
Morgendämmerung sahen sie sich an und kicherten verlegen. Seht uns
nur an, dachte Pol y. Wie Frauen gekleidet!
Erstaunlicherweise sah Igorina von ihnen al en am weiblichsten aus.
Sie war mit ihrem Rucksack im zweiten Raum verschwunden, und zehn
Minuten lang hatten die anderen nur ein gelegentliches Brummen oder
»Autsch!« gehört. Dann kehrte Igorina mit schulterlangem blondem
Haar zurück. Ihr Gesicht hatte die richtige Form; es fehlten die
Knubbel und Knoten, an die sich die Gruppe gewöhnt hatte. Und die
Nähte auf ihrer Stirn schrumpften und verschwanden, noch während
Polly sie verblüfft beobachtete.
»Tut das nicht weh ?«, fragte sie.
»Es brennt ein bisschen, für einige Minuten«, sagte Igorina. »Man
muss einfach den Dreh heraushaben. Und die richtige Salbe.«
»Aber warum ist jetzt eine krumme Narbe auf deiner Wange?«, fragte
Toller. »Und die Nähte dort bleiben?«
Igorina senkte schüchtern den Kopf. Sie hatte eines der Kleider in ein
Dirndl verwandelt und wirkte wie eine junge Maid aus dem Bierkel er.
Wenn man sie ansah, bestellte man in Gedanken eine große Brezel.
»Man muss wenigstens etwas zeigen«, sagte sie. »Sonst enttäuscht man den Clan. Und ich finde die Nähte eigentlich recht bezaubernd…«
»Na schön«, gab Tol er nach. »Aber lispel wenigstens ein wenig. Ich
weiß, dass es völlig verkehrt ist, aber jetzt siehst du irgendwie…
unheimlich aus.«
»Aufstellung«, wies Jackrum die Rekruten an. Er wich zurück und
musterte sie mit theatralischer Verachtung. »Nie zuvor in meinem
Leben habe ich einen solchen Haufen von… von Waschfrauen
gesehen. Ich wünsche euch al das Glück, das ihr verdammt noch mal
braucht. Jemand behält die Tür im Auge, falls ihr wieder herauskommt,
mehr kann ich nicht versprechen. Soldat Perks, du fungierst bei diesem
Einsatz als Korporal, unbesoldet. Ich hoffe, ihr habt bei unserer
Wanderung das eine oder andere gelernt. Rein und raus, darum geht es.
Bitte keinen letzten verzweifelten Kampf, bei dem man berühmt wird.
Im Zweifel in die Weichteile treten und weglaufen. Meine Güte, wenn
ihr den Feind so erschreckt wie mich, sol tet ihr keine Probleme
haben.«
»Willst du wirklich nicht mit uns kommen, Feldwebel?«, fragte Toller,
noch immer bemüht, nicht zu lachen.
»Nein, Junge. Ihr kriegt mich nicht in einem Rock zu sehen. Jeder hat
seine Stelle. Eine Stelle, an der die Grenze gezogen werden muss. Dies
ist meine. Ich stecke ziemlich tief in der Sünde drin, so oder so, aber
Jackrum bekennt immer Farbe. Ich bin ein alter Soldat. Ich werde
kämpfen, wie es einem Soldaten gebührt, im Heer, auf dem
Schlachtfeld. Und wenn ich in Frauenkleidung zur Festung ginge,
müsste ich mir das bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag anhören.«
»Die Herzogin meint, dass es für Feldwebel Jackrum einen anderen
W-weg gibt«, sagte Reißer.
»Und ich weiß nicht recht, ob du mich von al en am meisten
erschreckst, Goom«, brummte Jackrum. Er zog seinen Äquatorgürtel
hoch. »Aber du hast Recht. Wenn ihr in der Festung seid, schleiche ich
zum Heer und schlüpfe in unsere Linien. Wenn ich keinen kleinen
Ablenkungsangriff organisieren kann, wil ich nicht mehr Feldwebel
Jackrum sein. Aber ich bin Feldwebel Jackrum, und damit ist der Beweis erbracht. Ha, im Heer gibt es reichlich Leute, die mir einen Gefal en
schulden…« Er schniefte leise. »Oder es nicht ablehnen würden, mir
einen zu erweisen. Und es mangelt gewiss nicht an Jungs, die ihren
Enkeln erzählen möchten, dass sie an der Seite von Jackrum gekämpft
haben. Ich gebe ihnen die Möglichkeit, richtige Soldaten zu sein.«
»Ein Angriff auf das Haupttor der Festung wäre selbstmörderisch,
Feldwebel!«, sagte Polly.
Jackrum klopfte sich auf den Bauch. »Siehst du das hier?«, fragte er.
»Ist wie ein Panzer. Einmal hat irgend so ein Bursche sein Schwert bis
zum Heft hineingestoßen und war ziemlich baff, als er eine Kopfnuss
von mir bekam. Wie dem auch sei, ihr Jungs
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