Weiberregiment
Aufmerksamkeit erregte.
»Man könnte sagen, dass ich etwas über euch al e weiß«, sagte er.
»Ziemlich viel über manche und genug über fast al e. Über einige von
euch könnte ich ein Buch schreiben.« Er blieb hinter Schnitz stehen,
der sich versteifte.
»Jackrum, ich…«, begann er.
Der Feldwebel legte die Hände auf Schnitz’ Schultern. »Vierzehn
Meilen, Herr. Zwei Nächte, denn am Tag mussten wir uns vor den
vielen Patrouil en verstecken. Es hatte dich übel erwischt, aber von mir
hast du bessere Pflege erhalten als von irgendeinem
Bauchaufschneider.« Er beugte sich vor, bis sein Mund auf einer Höhe
mit dem Ohr des Generals war, und flüsterte laut: »Gibt es noch etwas,
das ich nicht über dich weiß? Du suchst also nach der Wahrheit…
Mildred ?«
Der Raum verwandelte sich in ein Wachsfigurenkabinett. Jackrum
spuckte auf den Boden.
»Du kannst nichts beweisen, Feldwebel«, sagte Schnitz schließlich, mit
der Ruhe eines Eisfelds.
»Nein, kann ich nicht, nicht in dem Sinn. Aber man sagt mir immer
wieder, dies sei die moderne Welt. Ich brauche gar keine Beweise.
Weißt du, ich kenne da einen Mann, der gern eine solche Geschichte
erzählen würde, und in einigen Stunden wäre sie in Ankh-Morpork.«
»Wenn du diesen Raum lebend verlässt«, sagte jemand.
Jackrum lächelte sein bösestes Lächeln und rol te wie eine Lawine auf
den Ursprung der Drohung zu. »Ah! Ich dachte mir, dass es eine von
euch damit versuchen würde, Chloe, aber ich stelle fest, dass du es nicht
weiter gebracht hast als bis zum Major. Kein Wunder, denn du bluffst
immer ohne ein gutes Blatt in der Hand. Falls du in Erwägung ziehst, es
nicht bei dem Versuch zu belassen: Erstens könnte ich dich fertig
machen, bevor die verdammten Wächter zurückkehren, und zweitens
weißt du nicht, was ich aufgeschrieben habe und wer sonst noch
Bescheid weiß. Ich habe euch alle ausgebildet, jede von euch zu ihrer
Zeit, und ein Teil eurer Gerissenheit, eures Schwungs und eurer
Vernunft stammt von mir. Ich rate keiner von euch, es mir gegenüber
mit List zu versuchen, denn wenn es um Schläue geht, bin ich Herr
Fuchs.«
»Feldwebel, Feldwebel«, sagte Schnitz müde. »Was willst du?«
Jackrum vervol ständigte seine Runde und stand wieder vor den
Tischen, wie ein Mann vor seinen Richtern.
»Na, da soll mich doch…« Er blickte über die Gesichter. »Ihr habt es
nicht gewusst, oder? Nein, ihr habt es nicht gewusst. Gibt es einen…
Mann unter euch, der Bescheid wusste? Jede von euch dachte, sie wäre allein. Ganz allein. Ihr armen Teufel. Und seht euch nur an. Mehr als
ein Drittel des Oberkommandos. Ihr habt es al ein geschafft, meine
Damen. Stellt euch nur vor, was ihr gemeinsam vollbracht hättet…«
Jackrum unterbrach sich und trat zu Schnitz, die auf ihre vom
Entermesser durchbohrten Unterlagen blickte. »Wie viele hast du
bemerkt, Mildred?«
»Es heißt ›General‹, Feldwebel. Ich bin noch immer General. Du
kannst mich mit ›Herr‹ ansprechen. Und die Antwort lautet: ein oder
zwei.«
»Und du hast sie befördert, wenn sie gut waren wie Männer, nicht
wahr?«
»Natürlich nicht, Feldwebel. Wofür hältst du mich? Ich habe sie
befördert, wenn sie besser waren als Männer.«
Jackrum breitete die Arme aus wie ein Zirkusdirektor, der eine neue
Nummer vorstel te. »Was ist dann mit den Jungs, die ich mitgebracht
habe, Herr? Die beste Truppe, die man sich vorstel en kann.« Aus
blutunterlaufenen Augen blickte er über die Tische. »Und ich verstehe
mich gut darauf, Jungs zu beurteilen. Sie würden eurem Heer al e Ehre
machen, Herr!«
Schnitz sah zu ihren Kol eginnen auf beiden Seiten. Eine
unausgesprochene Frage bekam unausgesprochene Antworten.
»Na schön«, sagte sie. »Es scheint al es klar zu sein, wenn man die
Dinge im Licht der neuen Entwicklungen betrachtet. Wenn sich
bartlose Jungen als Mädchen verkleiden, gibt es Verwirrung. Und genau
das haben wir hier, Feldwebel. Verwirrung. Verwechslungen. Viel Lärm
um nichts. Es sind natürlich Jungen, und sie können nach ihrer
ehrenhaften Entlassung, die hiermit erfolgt, nach Hause zurückkehren.«
Jackrum lachte leise, streckte die Hand aus und krümmte die Finger
wie jemand, der feilschte. Erneut hielten die Offiziere stumme
Zwiesprache.
»Na schön«, sagte Schnitz. »Sie können beim Militär bleiben, wenn sie
wol en. Natürlich mit der notwendigen Diskretion.«
»Nein, Herr.«
Pol y starrte Jackrum an und begriff
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