Weiberregiment
plötzlich, dass die Worte von ihr
selbst stammten.
Schnitz hob die Brauen. »Wie lautete doch noch dein Name?«, fragte
sie.
»Ich bin Korporal Perks, Herr!«, sagte Polly und salutierte.
Sie beobachtete, wie sich Schnitz’ Züge zu herablassendem
Wohlwol en veränderten. Wenn sie jetzt »meine Liebe« sagt, fluche ich.
»Nun, meine Liebe…«
»Ich bin nicht deine Liebe, Herr oder Frau«, sagte Pol y. Im Theater
ihres Geistes brannte das Wirtshaus »Zur Herzogin« nieder, und ihr
altes Leben bröckelte weg, schwarz wie Holzkohle, und sie flog
ballistisch, zu schnell und zu hoch, ohne anhalten zu können. »Ich bin
Soldat, General. Ich habe unterschrieben und die Herzogin geküsst. Ich
glaube kaum, dass Generäle ihre Soldaten ›meine Liebe‹ nennen.«
Schnitz hüstelte. Das Lächeln blieb, aber sie war anständig genug,
etwas mehr Zurückhaltung zu üben. »Und einfache Soldaten sprechen
nicht so mit ihren Generälen, junge Dame, also reden wir nicht mehr
davon.«
»Ich weiß nicht, worüber wir hier in diesem Raum reden sol ten und
worüber nicht, Herr«, sagte Pol y. »Aber mir scheint, wenn du weiterhin
General bist, so bin ich Korporal, Herr. Ich kann nicht für die anderen
sprechen, doch der Grund, warum ich auf dieser Sache bestehe,
General, ist dieser: Ich habe die Herzogin geküsst, und sie wusste, wer
ich war, und sie… hat sich nicht abgewandt, wenn du verstehst, was ich
meine.«
»Wohl gesprochen, Perks«, sagte Jackrum.
Pol y stieß noch weiter vor. »Herr, vor ein oder zwei Tagen hätte ich
meinen Bruder gerettet und wäre mit ihm nach Hause zurückgekehrt,
davon überzeugt, dass damit alles in Ordnung ist. Ich habe mir nur
Sicherheit gewünscht. Aber jetzt weiß ich, dass niemand sicher ist,
solange es diese… diese Dummheit gibt. Deshalb glaube ich, dass ich
bleiben und ein Teil davon sein muss. Um zu versuchen, die Dummheit
weniger dumm zu machen. Und ich möchte ich sein, nicht Oliver. Ich
habe die Herzogin geküsst. Wir alle. Du kannst nicht das Gegenteil
behaupten, und du kannst auch nicht sagen, es würde keine Rol e
spielen, denn es ist eine Sache zwischen uns und ihr…«
»Ihr al e habt die Herzogin geküsst«, ertönte eine Stimme. Sie hatte
ein… Echo.
Ihr al e habt die Herzogin geküsst…
»Glaubt ihr etwa, es würde nichts bedeuten? Dass es einfach nur ein
Kuss ist?«
Glaubt ihr etwa, es würde nichts bedeuten…
… nur ein Kuss…
Die geflüsterten Worte spülten wie eine Brandung gegen die Wände
und schwappten verstärkt zurück, vol er Harmonien.
Ihr habt Kuss nichts bedeuten nichts ein Kuss nur glaubt ein Kuss bedeuten ein Kuss…
Reißer stand auf. Die Gruppe stand wie erstarrt, als sie an ihr
vorbeiwankte und den Blick auf Polly richtete.
»Wie schön, wieder einen Körper zu haben«, sagte sie. »Und zu
atmen. Es ist wundervol zu atmen…«
Wie gut…
Zu atmen wundervol wieder einen Körper zu atmen…
Etwas stand in Reißers Gesicht. Ihre Züge waren noch da und so
beschaffen wie vorher, und ihre Nase war noch immer spitz und rot
und die Wangen hohl, aber… es gab subtile Veränderungen. Reißer
hob eine Hand und bewegte die Finger.
»Ah«, sagte sie. »Nun…« Diesmal blieb das Echo aus, aber die
Stimme war kräftiger und tiefer. Niemand hätte Reißers Stimme als
attraktiv bezeichnet, aber diese war es. Sie drehte sich zu Jackrum um,
der auf seine dicken Knie sank.
»Feldwebel Jackrum, ich weiß, dass du weißt, wer ich bin. Du bist für mich durch Seen aus Blut gewatet. Vielleicht hätten wir Besseres mit
deinem Leben anstel en sol en, aber wenigstens waren deine Sünden die
eines Soldaten, und eigentlich nicht die schlimmsten, wenn man es
genau nimmt. Du bist hiermit zum Hauptfeldwebel befördert, und nie
habe ich einen besseren Kandidaten für diesen Rang gesehen. Du bist
ein Meister in List, Schläue und kleiner Kriminalität, Feldwebel
Jackrum. Es sol te dir weiterhin gut ergehen.«
Jackrum hielt den Blick gesenkt und hob eine Hand zur Stirn. »Ich
bin nicht würdig, Euer Hoheit«, murmelte er.
»Natürlich bist du das nicht.« Die Herzogin sah sich um. »Wo ist mein
Heer… ah.« Die Stimme war jetzt völlig ohne Echo, und nichts
erinnerte mehr an Reißers Schüchternheit. Sie trat vor Schnitz, die mit
offenem Mund starrte.
»General Schnitz, du musst mir einen letzten Dienst erweisen.«
Es blitzte in den Augen des Generals. »Wer zum Teufel bist du?«
»Das musst du fragen? Jackrum denkt
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