Weiberregiment
knisternden Matratze gelegen, in die Dunkelheit gestarrt und gespürt hatte, wie sich unter ihr Dinge bewegten. Sie wäre länger liegen geblieben, aber etwas im Stroh schien ihre Beine beiseite schieben zu wollen. Außerdem hatte sie keine trockenen Decken. Es
gab
Decken in der Kaserne, aber Dreistück hatte davon abgeraten, sie zu benutzen, weil sie voller »Jucken« steckten, wie er es nannte.
Der Korporal hatte eine Kerze brennen lassen, und in ihrem Schein hatte Polly erneut Pauls Brief gelesen und sich noch einmal den bedruckten Papierfetzen von der schlammigen Straße angesehen. Die Sätze waren nicht vollständig, und Polly wusste nicht genau, was die Worte bedeuteten, aber sie gefielen ihr nicht. »Invas« klang besonders unangenehm.
Und dann gab es noch das
dritte
Stück Papier. Durch reinen Zufall hatte sie es gefunden, als sie sich um Bluses Wäsche kümmerte.
Natürlich
hatte sie vor dem Waschen in den Taschen nachgesehen, denn wer jemals versucht hat, das nasse, gebleichte Würstchen einer Banknote zu entrollen, möchte so etwas nicht noch einmal tun. In einer Tasche hatte sie das zusammengefaltete Stück Papier gefunden. Zugegeben, sie hätte es nicht entfalten müssen, und nach dem Entfalten war sie nicht verpflichtet gewesen, es zu lesen. Aber gewisse Dinge lassen sich kaum vermeiden.
Es war ein Brief. Bluse hatte ihn vermutlich in die Tasche gesteckt und dann beim Wechseln des Hemds vergessen. Polly kannte den Text, trotzdem las sie den Brief im Kerzenschein noch einmal.
Meine Liebste Emmeline,
Ruhm und Reichtum warten! Nach nur acht Jahren als Zweiter Leutnant bin ich befördert worden und bekomme nun ein eigenes Kommando! Das bedeutet natürlich, dass sich in der Abteilung des Generaladjutanten für Decken, Bettzeug und Pferdefutter kein Offizier mehr befindet, aber ich habe Korporal Drebb mein neues Ablagesystem erklärt, und ich glaube, er ist tüchtig.
Du weißt ja, dass ich keine Details nennen darf, aber ich glaube, dass sich mir aufregende Aussichten darbieten, und ich bin begierig darauf, ›dem Feind ins Auge‹ zu blicken. Ich wage zu hoffen, dass der Name Bluse in die Militärgeschichte eingehen wird. Derzeit frische ich meine Kenntnisse des Schwertkampfs auf, und er scheint mir tatsächlich ›im Blut‹ zu liegen. Natürlich bedeutet die Beförderung auch einen Schilling extra ›per Diem‹, plus drei Groschen Futterzulage. Zu diesem Zweck habe ich ein »Schlachtross« erstanden, von dem sehr unterhaltsamen Herrn »Ehrlich« Klaus Faulpelzig, der, wie ich fürchte, bei der Beschreibung des »Heldenmuts« meines Pferds ein wenig übertrieben hat. Wie dem auch sei, ich steige jetzt die »Rangleiter« hinauf, und wenn mir das Schicksal wohlgesinnt ist, rückt damit auch der Tag näher, an dem ich
Und das war es zum Glück. Nach einigem Nachdenken befeuchtete Polly den Brief vorsichtig, trocknete ihn über den Resten des Feuers und schob ihn dann in die Tasche des gewaschenen Hemds. Vielleicht schalt Bluse sie dafür, dass sie den Brief nicht vor dem Waschen aus der Tasche genommen hatte, aber sie bezweifelte es.
Ein Deckenzähler mit einem neuen Ablagesystem. Acht Jahre lang ein Zweiter Leutnant in einem Krieg, der Beförderungen beschleunigte. Ein Mann, der Worte in Anführungszeichen setzte, wenn er sie auch nur andeutungsweise für »spritzig« hielt. Jemand, der seine Kenntnisse im Schwertkampf »auffrischte«. Und so dumm, ein Pferd von Klaus Faulpelzig zu kaufen, der sich bei den Pferdemärkten immer die Billigpferche ansah und alte Klepper verkaufte, die schon lahmten, bevor man mit ihnen nach Hause kam.
Unser Anführer.
Sie verloren den Krieg. Das wussten alle, aber niemand sagte es. Die Leute schienen zu glauben, dass es nicht wirklich geschah, solange die Worte unausgesprochen blieben. Sie verloren den Krieg, und diese Truppe aus nicht ausgebildeten und unerfahrenen Rekruten, die die Stiefel von Toten trugen, konnte nur dazu beitragen, dass sie ihn noch schneller verloren. Die Hälfte von ihnen waren Mädchen! Wegen eines blöden Lieds zog Knaller in den Krieg, um den Vater ihres Kindes zu suchen, was so lange romantisch sein mochte, bis die Schlacht begann. Und sie selbst…
Nun… sie kannte das Lied ebenfalls. Und wenn schon. Paul war ihr Bruder. Sie hatte immer auf ihn aufgepasst, selbst als sie klein gewesen war. Mutter hatte immer zu tun, im Wirtshaus »Zur Herzogin« hatten immer
alle
zu tun, und so wurde Polly die große Schwester eines Bruders, der
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