Weiberregiment
sie einmal desertiert sind… Was hindert sie daran, ein zweites Mal abzuhauen? Sie haben auf die Herzogin gespuckt, als sie verschwanden, und das können sie nicht mit einem Kuss wieder gutmachen. Man hat nur einen Kuss, mehr nicht.«
»Aber Leutnant Bluse…«
»Der Rupert hätte bei seinen Zahlen bleiben sollen. Er hält sich für einen Soldaten, ist aber noch nie auf einem Schlachtfeld gewesen. All der Blödsinn, den er deinem Mann erzählt hat, war Ruhm-oder-Tod-Unfug. Und ich sage dir, Perks: Ich habe den Tod öfter gesehen, als mir lieb ist, und Ruhm habe ich nie erblickt. Aber es war eine gute Gelegenheit, die Narren dort nach uns suchen zu lassen, wo wir nicht sind.«
»Er ist nicht
mein
Mann, Feldwebel«, sagte Polly.
»Aber du kennst dich mit dem Schreiben und Lesen aus«, brummte Jackrum. »Leuten, die damit arbeiten, kann man nicht trauen. Sie pfuschen an der Welt herum, und dann stellt sich heraus, dass alles, was man weiß, falsch ist.«
Sie erreichten wieder die Rinne. Die Rekruten waren aus ihren jeweiligen Verstecken zurückgekehrt, und die meisten von ihnen drängten sich um eine der Zeitungen zusammen. Zum ersten Mal sah Polly
das Bild.
Sie waren recht gut getroffen, besonders Knaller und Reißer. Sie selbst war halb hinter Jackrums Körperfülle verborgen. Hinter der Gruppe sah man die verdrießlichen Kavalleristen, und ihre Gesichter waren ein Bild für sich.
»Toller sieht gut darauf aus«, sagte Igorina, die viel weniger lispelte, wenn keine Offiziere zugegen waren.
»Glaubt ihr, ein solches Bild ist eine Abscheulichkeit in Nuggans Augen?«, fragte Knaller nervös.
»Wahrscheinlich«, erwiderte Polly geistesabwesend. »Das sind die meisten Dinge.« Ihr Blick glitt zum Text neben dem Bild. Er war gespickt mit Wendungen wie »tapfere Bauernjungen«, »Demütigung der Besten von Zlobenien« und »ein Zacken aus der Krone«. Sie begriff, warum gewisse Leute verärgert waren.
Polly blätterte in der Zeitung. Überall gab es sonderbare Geschichten über Orte, von denen sie noch nie etwas gehört hatte, und Bilder von Leuten, die sie nicht kannte. Auf einer Seite stand viel grauer Text unter einer großen Überschrift:
Warum dieser verrückte Staat aufgehalten werden muss
Verwundert pflückten ihre Augen einige Stücke aus dem Buchstabenmeer: »schändliche Angriffe auf Nachbarstaaten«, »irre Verehrer eines irren Gottes«, »großspurige Arroganz«, »eine Ungeheuerlichkeit nach der anderen«, »schert sich nicht um die internationale Meinung«…
»Lest das Zeug nicht, Jungs, ihr wisst doch gar nicht, wo es gewesen ist«, sagte Feldwebel Jackrum jovial und tauchte hinter ihnen auf. »Bestimmt ist alles gelogen. Wir brechen sofort auf… Korporal Maladikt!«
Maladikt kam zwischen den Bäumen hervor und salutierte lässig. Er trug noch immer seine Decke.
»Was machst du da ohne Uniform?«
»Ich habe die Uniform an, Feldwebel, darunter. Wir wollen doch nicht gesehen werden, oder? Auf diese Weise werden wir Teil des Dschungels.«
»Es ist ein Wald, Korporal! Und wie sollen wir ohne verdammte Uniformen unsere Freunde von unseren Feinden unterscheiden?«
Maladikt zündete sich eine Zigarette an, bevor er antwortete. »So wie ich das sehe, Feldwebel, sind alle anderen außer uns Feinde.«
»Einen Augenblick, Feldwebel«, sagte Bluse, der von einer Zeitung aufgesehen hatte und die Erscheinung mit großem Interesse beobachtete. »Es gibt historische Präzedenzfälle. General Song Sung führte ein als Sonnenblumen getarntes Heer. Und General Taktikus befahl einmal einem Bataillon, sich als Fichten zu verkleiden.«
»
Sonnenblumen
?«, wiederholte Jackrum, und Verachtung triefte aus seiner Stimme.
»Beide Aktionen waren erfolgreich, Feldwebel.«
»Keine Uniformen? Keine Abzeichen? Keine
Streifen,
Herr?«
»Du könntest vielleicht eine besonders große Blume sein«, erwiderte Bluse, und sein Gesicht zeigte dabei nicht den geringsten Humor. »Und bist du nicht gestern Nacht aktiv gewesen, als alle Abzeichen unsichtbar waren?«
»Jaherr, aber Nacht ist Nacht, Herr, und Sonnenblumen sind… sind
Sonnenblumen,
Herr! Ich trage diese Uniform seit mehr als fü… mein ganzes Leben lang, Herr, und ohne Uniform herumzuschleichen ist ganz und gar unehrenhaft! Spione machen so was!« Jackrums Gesicht war karmesinrot angelaufen, und es verblüffte Polly, dass sie Tränen in seinen Augenwinkeln sah.
»Wie können wir in unserem eigenen Land Spione sein, Feldwebel?«, fragte Bluse ruhig.
»Da hat
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