Weichei: Roman (German Edition)
haben? Die Bluterkrankheit scheidet aus. So oft, wie ich mir schon die Tapete aufgerissen habe und meine Wunden verheilt sind, kann das schon mal nicht sein. Syphilis? Schon
lange nicht mehr als Seemann die Häfen dieser Welt angesteuert. Kein außergeschlechtlicher Verkehr in der Beziehung gehabt. Ich bin safe und clean.
»Herr Süßemilch?«
»Ja, hallo, Herr Doktor. Ihre Arzthelferin meinte, dass mit meinem Blutbild etwas nicht stimme.«
»Vielleicht.«
»Was heißt vielleicht?«
»Zunächst einmal sind alle großen Werte so weit im Normbereich. Hämoglobin, Hämatokrit, Thrombozyten und alle weiteren Werte sind okay.« Die einzelnen Infos hören sich für mich zwar wie die Aufstellung der griechischen Fußballnationalmannschaft an, aber solange die Werte okay sind, soll es mir recht sein. »Vielleicht ein etwas hoher Blutfettwert. Weniger Gegrilltes und dafür mehr Sport würden Ihnen guttun. Laufen gehen, Schwimmen oder so etwas in der Art. Aber das wissen Sie ja.«
»Ja. Weiß ich. Aber das ist doch nicht der Grund, dass Sie mich anrufen, oder? Nur um mir zu sagen, dass ich weniger tierisches Fett zu mir nehmen müsste und stattdessen meinen Hintern durch ein verchlortes Schwimmbecken schieben soll, oder doch?«
»Nein, Sie haben recht. Ganz richtig. Wir haben einen erhöhten Immunglobulinwert festgestellt, der darauf hindeuten könnte, dass Sie sich mit Chlamydien angesteckt haben könnten.«
»Chlamydien?«
Wenn ich bei Günther Jauch auf dem Stuhl sitzen würde, hätte ich mich vielleicht für eine Inselgruppe in der Südsee als Antwort entschieden, aber das hier klingt weniger nach Strand als nach einer hässlichen Krankheit.
»Was soll das denn genau sein?«
»Das ist eine Geschlechtskrankheit, die man aber sehr gut mit Medikamenten ausheilen kann.«
»Geschlechtskrankheit?«
»Ja. Hatten Sie vielleicht, na ja, wie soll ich sagen… wechselnde Geschlechtspartner in der letzten Zeit?«
Sofort schießt mir die Antwort durch meinen Kopf. Ich nicht, aber meine fremd pimpernde Exfreundin hat mich mit einem Piloten betrogen, der wahrscheinlich alles Leben auf der nördlichen Hemisphäre während seiner Flüge gevögelt hat.
»Oder vielleicht im asiatischen Raum Urlaub gemacht?«
Und die südliche Hemisphäre wohl noch dazu. Und das anscheinend schon eine ganze Weile.
»Nein, habe ich nicht. Aber ich habe womöglich eine andere Erklärung dafür.«
»Na ja, wie auch immer. Ich habe jedenfalls einen Termin für Sie beim Urologen zwecks einer Spermaprobe ausgemacht. Der wird sich das Ganze noch einmal genauer anschauen. Und falls sich mein Verdacht erhärtet, wird er Ihnen die nötigen Medikamente verschreiben. Ist Ihnen das so recht, Herr Süßemilch?«
»Spermaprobe? Sie meinen, ich soll eine Probe meines Spermas in die Praxis bringen?«
»Nicht bringen. Das Sperma muss noch sehr frisch sein. Dann sind die Werte viel genauer als die im Blut. Wie gesagt, es besteht bisher nur der Verdacht.«
»Aha.«
»Nur noch eine Sache. Falls dem so ist, sollten Sie bis zum kompletten Abklingen keinen ungeschützten Sex praktizieren. Falls Sie schon Kontakt hatten, sollten Sie diese Person auch von dem Verdachtsmoment informieren, damit sie sich untersuchen lassen kann. Wie gesagt, ist nichts sonderlich Dramatisches, aber man muss es behandeln.«
»Gut, mach ich. Und vielen Dank.«
Nachdem ich den Hörer aufgelegt habe, baut sich in mir ein nie zuvor gespürter Ärger auf.
Ein Hass-Tsunami der Stufe zehn.
Ein Hurrikan des Zorns.
Ein Tropensturm der blanken Wut.
Diese Schlampe hat mich nicht nur betrogen, sondern mir auch noch dieses Südseeatoll an den Penis gezaubert.
10
Im Bett mit Mushishu und Viagra
D as war ’ne absolute Katastrophe, Emile.«
»Kann passieren, Kollege. Entspann dich. Du musst halt erst mal mit dem Starspieler Training machen.«
»Was meinst du damit?«
Emile legt mir eine Hand auf die Schulter. Sie riecht nach bleifreiem Benzin. Nach dem Fiasko am vergangenen Samstag habe ich ihm natürlich Bericht erstatten müssen. Und so stehen wir heute beim Schichtwechsel in der Tankstelle, und Emile testet seine Motivationskünste an mir. Während er sich aus seiner grünen OIL!-Thermoweste befreit, stehe ich daneben und lausche seinen geradezu philosophischen Ausführungen zum Thema »Frauen verstehen«.
»Ich lass doch Kollege nicht im Stich. Wir zwei heute Abend. Machen wir so richtig Party.«
»Ne, lass mal. Von Party habe ich genug. Ich will nicht noch einmal einen
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